Es war der Skandal des Spiels zwischen Uruguay und Italien: Stürmer Suárez beißt Chiellini kurz vor Schluss in die Schulter. Der Schiedsrichter hatte die Szene übersehen. Nun ist der Aufschrei groß.
Natal. Die Fifa ermittelt gegen Luis Suárez. Der Uruguayer muss sich für seine Beißattacke beim 1:0 gegen Italien rechtfertigen. Ihm droht das WM-Aus. Nach dem Spiel konnte der Stürmerstar den Wirbel um die Aktion nicht verstehen. „Das passiert im Spiel und auf dem Platz“, sagte der 27-Jährige dem uruguayischen Fernsehsender „Canal 10“. „Es passieren Millionen Sachen auf dem Platz.“
Der Torjäger hatte in der 79. Minute der Partie, in der die Südamerikaner ins WM-Achtelfinale eingezogen waren, seinen Gegenspieler Giorgio Chiellini in die Schulter gebissen. Der Italiener präsentierte danach die vermeintlichen Bissspuren. „Wir sind Fußballspieler, wir wissen, was auf dem Platz passiert, man sollte dem keine Bedeutung beimessen“, forderte Suárez, der bereits zuvor zweimal wegen einer Beißattacke negativ aufgefallen war. „Es ist eine normale Bewegung, solche Dinge passieren auf dem Platz“, fügte der Torjäger vom FC Liverpool hinzu.
Uruguays Kapitän Diego Lugano hat Suárez verteidigt und Chiellini als „Heulsuse“ bezeichnet. Lugano, der verletzungsbedingt auf der Bank saß, zweifelt sogar an einem Biss. „Die Bilder beweisen gar nichts, es gab ein Gerangel“, sagte der Verteidiger. „Und das sind alte Narben, das merkt doch jeder Blödmann“, fügte er hinzu.
Chiellini hatte nach dem Zusammenstoß mit Suárez sein Trikot an der Schulter heruntergezogen, um die Bissspuren zu zeigen. „Er ist ein gewaltiges Klatschmaul, eine schlechte Person und eine Heulsuse“, sagte Lugano. „Das hätte ich von einem Italiener nie gedacht. Es würde einem Mann besser anstehen, die Niederlage anzuerkennen und zu den eigenen Fehlern zu stehen.“
Heftige Reaktionen in englischen Medien
Suárez und der uruguayische Verband haben bis Mittwochabend (22 Uhr/MESZ) Zeit, „ihre Position und jegliche Beweisdokumente, die sie als relevant erachten, darzulegen“. Die Attacke des England-Legionärs vom FC Liverpool löste vor allem im Mutterland des Fußballs heftige Reaktionen aus. „Bannt dieses Monster“, forderte der „Daily Telegraph“. „Macht Beißer Suárez zum Geächteten“, lautete es bei der „Daily Mail“.
Selbst auf der Insel, wo Suárez noch vor wenigen Wochen nicht nur als Torschützenkönig der Premier League gekrönt, sondern auch zum besten Spieler gewählt worden war, gibt es für den „Dr.-Jekyll-and-Mr-Hyde“ des Weltfußballs kein Erbarmen mehr. Nach den Beißattacken 2010 im Trikot von Ajax Amsterdam und vor gut einem Jahr im Dress des FC Liverpool, für die der Torjäger jeweils gesperrt worden war, befand der „Mirror“: „3 Bisse und du bist draußen.“
Die rasche Eröffnung einer offiziellen Untersuchung zeigt die Tendenz, dass die Fifa den Fall ernst nimmt. Bereits am Sonnabend steht das WM-Achtelfinale Uruguays gegen Kolumbien an. Bis dahin muss die Akte Suárez spätestens wieder geschlossen sein, um den Turnierverlauf nicht zu gefährden. Die Fifa beruft sich unter anderem auf Artikel 77.a ihres Disziplinarkodexes.
Demnach kann der Weltverband nachträglich einschreiten, wenn eine Spielszene vom Schiedsrichter nicht beobachtet wurde. Dies war offenbar in Natal der Fall. Suárez wurde in seiner Karriere auch schon wegen rassistischer Äußerungen gegen den Franzosen Patrice Evra für einen längeren Zeitraum verbannt. Bei der vergangenen WM hatte er im Viertelfinale gegen Ghana für ein absichtliches Handspiel auf der Torlinie die Rote Karte gesehen und das Halbfinale gegen die Niederlande (2:3) verpasst.