Hamburg. Der Stürmer sagt, warum die Hamburger zuletzt ihre Dominanz verloren haben und ob der Kopf eine Rolle dabei gespielt hat.

Johannes Eggestein feiert an diesem Mittwoch Geburtstag. So weit, so bekannt. Nur die Frage nach dem künftigen Alter sorgte am Dienstag auf der Trainingsanlage des FC St. Pauli an der Kollaustraße für Zweifel.

Ende Zwanzig? „Nee, der sieht doch erst aus wie 22." „Aber vom Kopf her ist er mindestens 35." Die Antworten zur optischen wie geistigen Reife des Mittelstürmers gingen auseinander, aber gehen jeweils als korrekt durch. Die biologisch richtige Replik lautet 26.

St. Paulis Eggestein träumt vom Aufstieg als verspätetes Geschenk

Doch tatsächlich vermittelt Eggestein den Eindruck, wesentlich reflektierter zu sein als die meisten Mittzwanziger. Auf große Geschenke und Feiern legt der gebürtige Hannoveraner kaum Wert.

„Ich werde den Tag trotz der üblichen Anspannung während der Saison genießen, sicher kommen Familie und Freunde. So ganz geplant ist das aber noch nicht", sagt Eggestein. Die ihm bedeutsameren Wünsche können sich sowieso erst am Wochenende erfüllen: „Ein Sieg und der Aufstieg."

Torjäger der Hamburger will „Kiel jagen" und den Titel holen

Zweiteres kann sogar schon am Sonnabendabend passieren, sollten Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf gewinnen. Dann müsste St. Pauli am Sonntag gegen den VfL Osnabrück gar nicht mehr gewinnen. Eggestein wäre es recht.

„Es ist doch völliger Quatsch, wenn ich einen Kieler Sieg nicht mitnehmen würde, nur um dann Sonntag selber aktiv aufzusteigen", sagt der jüngere Bruder von Freiburgs Maximilian Eggestein. Außerdem gebe es ja sowieso noch Ziele über den Aufstieg in die Bundesliga hinaus: „Wir wollen Kiel weiter jagen und den Zweitligatitel holen."

Gewinnt Kiel gegen Düsseldorf, kann St. Pauli auf der Couch feiern

Daher würde der bisher neunfache Saisontorschütze auch auf eine Aufstiegsfeier am Sonnabend verzichten, sollte Kiel gegen Düsseldorf erfolgreich sein. „Ich werde meine übliche Spielvorbereitung beibehalten. Dazu gehört auch, abends ein wenig Fußball zu schauen, aber allein auf meiner Couch", sagt er und tut gut daran.

Würde nämlich die Fortuna punkten, sind nach wie vor drei Zähler notwendig, um mindestens Platz zwei zu sichern. Und zuletzt ging den Kiezkickern die Dominanz der ersten drei Saisonviertel etwas verloren, nicht erst beim 0:1 im Stadtderby gegen den HSV.

Warum den Kiezkickern zuletzt die Dominanz abhanden kam

Müdigkeit, Dekodierung, Druck, normale Leistungsschwankungen? Den einen Grund gebe es dafür nicht. „Die Gegner bereiten sich taktisch intensiver auf uns vor, häufig brauchen wir etwas Zeit für die richtigen Lösungen und finden diese spätestens in der Halbzeit. Vor allem haben wir aber viel Rotation im Personal mit Spielern, die nicht auf ihren angestammten Positionen auflaufen", sagt Eggestein.

Letztgenannter Punkt betrifft auch Marcel Hartel, der regelmäßig aus der Kreativzentrale auf Linksaußen versetzt wurde, wo es mitunter wirkte, der beste Spieler der Zweiten Liga hänge etwas in der Luft. „Unsere Laufwegen sind gut aufeinander abgestimmt, Cello hilft mit seiner Kreativität im Mittelfeld, weil er auch auf engem Raum Situationen lösen kann", sagt Eggestein.

Hartel wird gegen Osnabrück wieder im Zentrum erwartet

Daher rechnet der Angreifer auch damit, dass Hartel gegen Osnabrück wieder hinter ihm beginnen wird, da das Schlusslicht gern die Mitte verdichtet. Dazu sei es gegen die Niedersachsen notwendig, „unsere Angriffe zu Ende zu spielen, um Ballverlusten vorzubeugen, weil sie ein sehr gutes Umschaltspiel haben".

Eggestein wirkt klar und locker, während er den Medienvertretern diese Sätze eloquent ins Aufnahmegerät diktiert. Was wohl daran liegt, dass Eggestein klar und locker in seinen Gedanken ist.

Eggestein: „Zwischenzeitlich hat der Kopf eine Rolle gespielt"

Nebst seiner Intelligenz als Basis ist dies auch ein Nebeneffekt seines Psychologiestudiums, das ihm in gewissen Momenten immer wieder hilft. Als Teampsychologe tritt der 46-fache Bundesliga dennoch nicht auf. „Ich laufe nicht rum und verteile Tipps, sondern habe mir vorgenommen, in der Schlussphase mit meinem Auftreten und meiner Präsenz voranzugehen."

Denn „zwischenzeitlich hat bei uns definitiv der Kopf eine Rolle gespielt", in den vergangenen Partien hatte Eggestein aber nicht mehr diesen Eindruck. „Da haben wir unsere spielerisch Leistung schlicht nicht konsequent genug erbracht."

Bleibt noch eines: Dem 22 Jahre alten 35-Jährigen zum 26. Geburtstag alles Gute zu wünschen!