Hamburg. Coach ist vom achten Unentschieden der Saison genervt. Gespräche über Vertragsverlängerung beim Spitzenreiter dauern an.
Zwar nicht täglich, aber inzwischen wöchentlich grüßt das Murmeltier beim FC St. Pauli. Nicht effizient genug, zu nachlässig mit den Torchancen umgegangen und wieder nicht zu Null gespielt. Immer wieder traf dies zuletzt auf die Zweitligaspiele des Millerntorteams zu. Beim in der Schlussphase erzitterten 3:2-Sieg beim FC Hansa Rostock ging es noch gut, was die Punkteausbeute anging, doch die Unentschieden im Stadtderby gegen den HSV (2:2) und jetzt beim Zweitliga-Schlusslicht VfL Osnabrück (1:1) gehörten wieder einmal in die Kategorie „einfach nur ärgerlich“.
St. Paulis 1:1 in Osnabrück war schon das achte Unentschieden
Das 1:1 an der vor allem in dem in der zweiten Halbzeit überaus stimmungsvollen Stadion an Bremer Brücke in Osnabrück bedeutete für den FC St. Pauli bereits das achte Unentschieden in dieser Saison. Dass der Kiezclub in dieser Kategorie einsame Spitze in der Zweiten Liga – vor Hannover und Karlsruhe (je sechs Remis) – ist, kann nicht wirklich ein Grund zur Freude sein. In keinem dieser Spiele war St. Pauli die schlechtere Mannschaft, die am Ende über einen glücklichen Punktgewinn froh sein konnte. In den meisten Fällen hatte das Team von Cheftrainer Fabian Hürzeler ein klares Plus an Torschüssen, Ballbesitz und gelaufenen Kilometern. So war es jetzt auch in Osnabrück.
Wer 19-mal in Richtung des gegnerischen Tores schießt, den Ball aber dabei nur ein einziges Mal im Netz unterbringt, hat zweifellos ein erhebliches Effizienzproblem und vielleicht auch das mentale Manko, einem angeschlagenen, oftmals schon taumelnden Gegner nicht den entscheidenden K.-o.-Schlag in Form von weiteren Toren versetzen zu können.
Trainer Hürzeler nennt Themen, an denen das Team arbeiten muss
Osnabrücks Trainer Uwe Koschinat sprach nach dem 1:1 treffend davon, dass sein ohnehin verunsichertes Team mit den „schlechtesten Start, den du nur haben kannst“ ins Spiel hineingekommen war. „Das Beste an der ersten Halbzeit war, dass wir mit nur einem Tor im Rückstand lagen“, sagte er weiter. Jackson Irvine hatte in der sechsten Minute einen Eckball von Marcel Hartel per Kopf verwertet. „Cello serviert die Bälle einfach perfekt“, lobte der Kapitän seinen Stellvertreter, der später im Spiel selbst an Osnabrücks Torwart Philipp Kühn gescheitert war.
„Wir haben klare Torchancen nicht genutzt, und haben es auch nicht geschafft, zu null zu spielen“, kommentierte Trainer Hürzeler. Und weiter: „Es sind zwei Themen, an denen wir arbeiten müssen: die defensive Stabilität, damit wir auch einmal wieder hinten zu null spielen, aber natürlich auch ein Spiel zu killen.“ Den Ausgleich für Osnabrück besorgte schließlich der eingewechselte Haralambos Makridis in einer Druckphase seines Teams.
St. Pauli im gesamten Jahr 2023 außerhalb Hamburgs ungeschlagen
Seit Sonnabend steht zwar auch fest, dass der FC St. Pauli im gesamten Kalenderjahr 2023 außerhalb Hamburgs in Pflichtspielen ungeschlagen geblieben ist und auch in der aktuellen Saison noch nicht einmal den Platz als Verlierer verlassen hat. Doch Hürzeler stellte zu Recht fest: „Diese Unentschieden sind extrem nervig. In jedem Spiel waren wir die bessere Mannschaft.“ Marcel Hartel pflichtete bei: „Wir hätten definitiv einige dieser Spiele gewinnen müssen.“
16 Punkte hat St. Pauli mit seinen Unentschieden eingebüßt und damit mehr, als wenn man fünf Spiele verloren hätte. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Holstein Kiel am Sonntag mit dem 1:0-Sieg bei Verfolger Fortuna Düsseldorf (Torschütze Lewis Holtby) mit dem FC St. Pauli nach Punkten gleichgezogen hat. Dabei haben die Kieler in dieser Saison zwar schon vier Partien verloren, aber nur zweimal unentschieden gespielt. Klar ist schon jetzt, dass diese beiden Mannschaften auf einem direkten Aufstiegsplatz überwintern werden. St. Pauli behielt dank der um neun Treffer besseren Tordifferenz Rang eins und will diesen am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) gegen Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden verteidigen, während die Kieler bereits am Vorabend (20.30 Uhr) Hannover 96 empfangen und zumindest vorübergehend Platz eins übernehmen, wenn sie nicht verlieren.
Hartel will Sieg zu Jahresabschluss: „Gut für den Kopf“
„Es tut für den Kopf gut, wenn du positiv aus der Hinrunde in die freie Zeit gehst. So werden wir es in der Woche angehen und die zweite Halbzeit aufarbeiten“, sagte Hartel. Trainer Hürzeler betonte: „Wir bleiben positiv, denn unsere Leistung stimmt. Und ich bin davon überzeugt, dass am Ende die Leistung auch zu Ergebnissen führen wird.“ Osnabrücks Trainer Koschinat reihte sich passend dazu in die Riege seiner Kollegen ein, die St. Pauli nach Spielen gelobt haben. „Wir haben gegen die inhaltlich aktuell stärkste Mannschaft der Liga gespielt“, sagte er.
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Eine andere Baustelle beim FC St. Pauli ist unterdessen auch nicht geschlossen – die Vertragsverlängerung von Cheftrainer Hürzeler, dessen Kontrakt am Saisonende ausläuft. Längst haben ihn auch andere Clubs auf dem Zettel. „Ich weiß, es gehört zum Geschäft dazu, dass gewisse Entwicklungen zu Begehrlichkeiten führen. Das ist auch Fakt. Ich habe aber hier einen super Arbeitgeber, wir haben eine super und intakte Mannschaft und wir haben Spieler, die wir weiterentwickeln wollen. Ich kann keinen Gedanken an andere Dinge verschwenden“, sagte er, angesprochen auf die sich hinziehenden Gespräche über eine Verlängerung.
FC St. Pauli: Hürzeler verhandelt weiter um neuen Vertrag
Dass diese Hängepartie Gefahr von interner Unruhe birgt, will er so nicht stehen lassen. „Es ist ja Ruhe drin. Ich merke keine Unruhe, sondern bin im Austausch mit Andreas Bornemann darüber. Zwischen uns beide passt kein Blatt. Es ist sehr vertrauensvoll. Ich arbeitete sehr gerne mit Andreas Bornemann, mit der Mannschaft und den Verantwortlichen den FC St. Pauli“, sagte er jetzt. Fehlt also nur noch ein Autogramm von ihm. Im vergangenen Jahr war er am Tag vor Heiligabend vom Interims- und zum Cheftrainer ernannt worden. Grüßt jetzt einmal jährlich das Murmeltier?
VfL Osnabrück: Kühn – Ajdini, Gyamfi, Wiemann, Kleinhansl – Gnaase, Tesche (68. Wulff) – Rorig (52. Conteh), Cuisance (90. Diakhite), Niemann (68. Makridis) – Engelhardt. FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas (81. Ritzka), Irvine, Hartel, Treu – Afolayan (68. Metcalfe), Eggestein (68. Amenyido), Saad (76. Maurides). Tore: 0:1 Irvine (6.), 1:1 Makridis (82.); Gelbe Karten: Kleinhansl (4), Wulff (2); Gelb-Rote Karte: Wiemann (Osnabrück) wegen wiederholten Foulspiels (90+3.); SR: Patrick Schwengers (Travemünde); Z.: 15.741; Statistik: Torschüsse: 9:19, Ecken: 9:10, Ballbesitz: 46:54 Prozent, gewonnene Zweikämpfe: 98:81, Laufleistung: 116,68:123,09 km.