Hamburg. Der Präsident des FC St. Pauli positioniert sich gegen die Pläne des Liga-Verbands. Welche wesentlichen Gründe er dafür anführt.

An diesem Montag soll in Frankfurt am Main eine richtungsweisende Entscheidung für den deutschen Profifußball getroffen werden. Es geht im Kern um den Einstieg eines externen Investors in den Ligaverband, in dem alle 36 Clubs der Bundesliga und Zweiten Liga organisiert sind. Nachdem das Vorhaben bei der ersten Vorlage im Mai noch gescheitert war, soll jetzt mit einer modifizierten Variante die von der Deutschen Fußball Liga (DFL) selbst auferlegte notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht werden. Ob dies gelingt, ist offen.

Kurz zusammengefasst geht es darum, dass ein Finanzinvestor für eine prozentuale Beteiligung an den Fernseherlösen eine Milliarde Euro zahlen soll. Sechs Unternehmen sollen Interesse bekundet haben, der Vertrag soll eine Maximallaufzeit von 20 Jahren haben und bereits bis zum Start der kommenden Spielzeit 2024/25 unterzeichnet sein. Ein Großteil der Einnahmen soll in die Weiterentwicklung des DFL-Geschäftsmodells fließen und vor allem die Auslandsvermarktung stärken. Details waren den Clubs am 2. und 6. November erklärt worden.

DFL: St. Paulis Präsident folgt dem Votum der Mitglieder

Vor allem in den Fanszenen stößt auch dieser erneute, von den neuen DFL-Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel vorgelegte Entwurf auf eine breite Ablehnung aus grundsätzlichen Erwägungen. Auch das in der neuen Version eingeschränktere Mitspracherecht des Investors an wichtigen Entscheidungen, und eine bessere Transparenz konnte hier keinen Stimmungsumschwung herbeiführen.

In einer nicht ganz einfachen Situationen befindet sich in dieser Frage Oke Göttlich. Der 48-Jährige ist einerseits Präsident des FC St. Pauli, andererseits aber auch Mitglied des DFL-Präsidiums. Lange hatte sich der beim FC St. Pauli hauptamtlich beschäftigte Göttlich mit einer Aussage darüber zurückgehalten, wie er jetzt abstimmen werde. Jetzt aber hat er sich klar positioniert.

93,7 Prozent der St.-Pauli-Mitglieder stimmten gegen DFL-Investor

„Ich stimme so ab, dass ich auf der einen Seite als DFL-Präsidiumsmitglied allen 36 Profivereinen das Angebot unterbreite, überhaupt abzustimmen und für die Solidarität der Liga eine Entscheidung treffen zu dürfen. Als FC St. Pauli, den ich vertrete, werde ich als Dienstleister am Verein mit Nein stimmen“, sagte er am Sonnabendabend am Rande des Spiels seines Clubs beim VfL Osnabrück (1:1) auf Abendblatt-Nachfrage.

Damit folgt Göttlich dem klaren Votum der Mitglieder seines Vereins. Diese hatten auf der Mitgliederversammlung am 23. November mit überwältigender Mehrheit von 93,7 Prozent dem Antrag zugestimmt, den DFL-Investoreneinstieg abzulehnen. „Es ist zweifelsohne richtig, dass dieser zweite Prozess viel besser, transparenter und viel besser von der Geschäftsführung aufgesetzt worden ist“, räumte Göttlich ein. „Aber über allem steht, inwiefern wir gemeinschaftlich über faire Verteilungsmodelle sprechen“, sagte er weiter.

Göttlich fordert faireres Verteilungsmodell der TV-Gelder

Gleichzeitig macht sich Göttlich dafür stark, dass man miteinander spricht. „Dieses Miteinander bedeutet, dass man einen demokratischen Prozess braucht, bei dem am Ende 36 Clubs eine Entscheidung treffen, ob sie Geld von außen nutzen wollen, um diese Innovationen zu fördern“, sagte er. Dies solle dann aber auch ein Zeichen sein, dass man „nicht einzelne, international agierende bevorteilt, sondern man ein solidarischeres Verteilungsmodell finden muss“.

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Inhaltlich sei ein Kritikpunkt, dass vor allem internationale Aktivitäten gestützt werden und daher die „kleinen und mittelständischen Vereine zusehen müssen, nicht abgehängt zu werden“. Daher gehe es an diesem Montag auch Grundsätzliches. „Stehen wir eigentlich für eine 36er-Liga, stehen wir dafür, dass wir einen fairen Wettbewerb brauchen, und stehen wir dafür, dass der nationale Wettbewerb derjenige ist, der am meisten Geld, nämlich eine Milliarde von insgesamt 1,1 Milliarden, generiert“, sagte er. „Je fairer die Verteilung ist, je spannender die Spiele sind, desto mehr wird man auch generieren können“, führte er fort.

Einen Seitenhieb verteilte er dabei auch an Funktionärskollegen anderer Clubs, die zuletzt eine Abspaltung der Bundesliga aus der DFL angedroht hatten, sollte es für den Investoreneinstieg auch diesmal nicht die erforderliche Mehrheit geben. „Ich halte nichts von irgendwelchen Spitzen, die momentan links und rechts durch die Gegend fliegen. Ich würde mich freuen, wenn demokratische Prozesse als solche angesehen werden und jeder mit dem Ergebnis leben kann“, sagte Göttlich.

St. Paulis Präsident Göttlich mahnt ein Miteinander an

Gleichzeitig räumte der St.-Pauli-Präsident ein: „Es ist eine sauschwierige Entscheidung, weil es tatsächlich sowohl für das eine als auch für das andere gute Begründungen geben kann. Wer aber meint, dass er damit irgendeine Form von Politik machen muss, hat nicht verstanden, dass es um den deutschen Fußball geht und es um einen Wettbewerb geht, den wir miteinander und nicht gegeneinander gestalten. Daher sollten vor allem die großen Clubs mit Kampfansagen etwas entspannter werden.“ Vieles deutet darauf hin, dass dies an diesem Montag nur ein frommer Wunsch bleibt. Unterdessen kündigte Champions-League-Teilnehmer Union Berlin an, eine Vertagung der Abstimmung zu beantragen.