Delmenhorst/Hamburg. Welche Ausgaben St. Paulis Pokalgegner für das Highlight-Spiel hat und warum sich Hauke Wahl auf Delmenhorsts Trainer freut.

„Ich gehe davon aus, dass Schmitti einiges reinschreien wird von außen“, sagt Hauke Wahl (29), „er war immer sehr emotional auf dem Platz, und ich bin mal gespannt auf ihn als Trainer.“

Am Sonnabend (15.30 Uhr Sky) kommt es zum Wiedersehen mit Dominik Schmidt (36), mit dem Wahl zwischen 2018 und 2020 bei Holstein Kiel Seite an Seite in der Innenverteidigung gespielt hat. Wahl reist als Spieler des FC St. Pauli in der ersten Runde des DFB-Pokals zum niedersächsischen Oberligisten SV Atlas Delmenhorst, bei dem Schmidt seit März als Trainer das Sagen hat.

St. Pauli: DFB-Pokal ein Fest für den Gegner

„Er war immer ein gradliniger Typ, hat immer gesagt, was er denkt. Das mag ich“, erinnert sich Wahl. Ab und an tauschen sich beide noch aus, und natürlich hat Dominik Schmidt seinem ehemaligen Kollegen nach der Pokal-Auslosung gleich eine WhatsApp-Nachricht geschickt. Rücksicht auf alte Beziehungen aber kann Wahl natürlich nicht nehmen, ein Sieg ist alternativlos, nicht nur wegen des Vordringens in Runde zwei: „Sollten wir verlieren, müsste ich mir das von Schmitti noch jahrelang anhören.“

Für Atlas Delmenhorst ist die Partie auf jeden Fall ein Fest, auf das Verein und Fans hinfiebern. „St. Pauli war ein Wunschgegner, ein traditionsreicher Verein mit großem Namen, gegen den wir in unserem eigenen Stadion spielen können“, erklärt Stefan Keller, Atlas-Vorstand Marketing und Medien, „gegen Bayern oder Dortmund wäre das nicht möglich gewesen.“

Rechtsextrem? Kritik an Atlas-Fanlager

2019 mussten sie im „Heimspiel“ gegen Werder Bremen ins Weserstadion ausweichen. 41.500 Zuschauer sorgten damals für eine volle Hütte, Rekord für einen Amateurclub, aber zu Hause ist es eben doch schöner. Mit 4999 Fans wird das städtische Stadion an der Düsternortstraße ausverkauft sein, darunter sind mindestens 570 St.-Pauli-Fans, die aus dem Gästekontingent Tickets erworben haben.

Dabei gab es im Vorfeld durchaus Bedenken, wie die beiden Fanlager sich denn wohl vertragen. Den Ruf, rechtsextrem zu sein, haben einige Fans des SVA, darunter vor allem die Gruppe „Block H“ schon seit Jahren. Der Hitlergruß wurde gesehen, Bekleidung von Lieblingsmarken mancher Nazis getragen.

Im November veröffentlichte die linksorientierte Fanszene des Bremer SV dazu eine Stellungnahme: „Aus unserer Sicht zeigt sich der SV Atlas Delmenhorst (SVA) immer wieder offen nach rechts.“

Polizei erwartet keine Probleme

Der Verein weist diese Vorwürfe von sich: „Wenn einzelne Individuen auffallen, kann der Verein dafür nicht verantwortlich sein“, sagt Keller und verweist auf die Stadionordnung, in der wie beim FC St. Pauli Rassismus, Sexismus und Rechtsextremismus verboten sind: „Wir leben unser Leitbild und diese Selbstverpflichtung.“

Immerhin haben in der obligatorische Sicherheitsbesprechung auch die Polizei und die Vertreter beider Vereine die Situation als harmlos eingeschätzt. Zum „Block H“ wird es eine Pufferzone geben, sonst sind keine Extra-Maßnahmen geplant. Der Marsch der St.-Pauli-Fans vom Bahnhof ins Stadion darf auch steigen.

Seit Wochen bereiten Keller und viele ehrenamtliche Helfer die Spielstätte entsprechend der DFB-Auflagen vor. Am Montag ist das nötige Equipment angeliefert worden, zahlreiche Dixi-Klos mussten aufgestellt, die Werbung „neutralisiert“, Essens- und Getränkestände aufgebaut werden.

St. Paulis Gegner wurde 2012 neu gegründet

Ein Notstromaggregat wurde besorgt, um die TV-Übertragung abzusichern, Kosten dafür allein 12.000 Euro, weitere 45.000 Euro gehen an den niedersächsischen Fußballverband. Dagegen stehen garantiert 215.600 Euro aus der DFB-Kasse für Vermarktungserlöse. Trotzdem ist sich Keller nicht sicher, „ab am Ende etwas übrig bleibt.“

Was aber auf jeden Fall einzahlt, ist ein weiteres Kapitel Vereinsgeschichte. Atlas Delmenhorst war ein großer Name im norddeutschen Fußball, bis er 2002 Insolvenz anmelden musste und aus dem Vereinsregister gestrichen wurde. Zehn Jahre später machte sich sieben Mann daran, den Club neu zu gründen. Start bei Null mit altem Namen und alter Aura.

Von der Kreisklasse aus ging es 2020 bis hoch in die Regionalliga. „Niemandem im Norden muss man erklären, wer Atlas Delmenhorst ist“, sagt Kröger. Ein Zuschauerschnitt von knapp 1000 unterstreicht das. Vergangene Saison ist das Team jedoch abgestiegen, ein Neuaufbau war nötig. Der ehemalige Spieler Schmidt übernahm im März und soll nun den Verein sportlich konsolidieren. 16 neue Spieler kamen, das Ziel ist, in zwei Jahren wieder die Regionalliga zu erreichen.

Der Punktspielauftakt war mit einem 2:0-Sieg über Mitabsteiger VfV Hildesheim erfolgreich. „Schmitti hat sich von vielen guten Trainern etwas abschauen können“, weiß Wahl: „Delmenhorst wird sicher ein unangenehmer Gegner sein.“