Hamburg. Wer jetzt von der Zwangspause des Innenverteidigers und dem Abgang von Jakov Medic profitieren kann.
Aus einem vermeintlich luxuriösen Überangebot ist beim FC St. Pauli plötzlich eine Knappheit geworden. Mit nicht weniger als sechs grundsätzlich startelftauglichen Innenverteidigern im Kader ging das Zweitligateam Ende Juni in die Vorbereitung auf die neue Saison. Seit dem vergangenen Wochenende ist aus diesem Sextett plötzlich ein Duo geworden, das wirklich völlig bedenkenlos im nächsten Punktspiel am 19. August bei der SpVgg. Greuther Fürth eingesetzt werden kann. Namentlich bilden dies Eric Smith (26) und Hauke Wahl (29), der am Sonnabend beim 0:0 gegen Fortuna Düsseldorf sein Zweitliga-Startelfdebüt für St. Pauli gegeben hatte.
St. Paulis Trainer Hürzeler muss seine Abwehr umbauen
Dagegen sind innerhalb von nicht einmal zwei Tagen gleich zwei Stützen weggebrochen. Dem Abgang von Jakov Medic (24) zu Ajax Amsterdam folgte die Rote Karte für Karol Mets (30) im Heimspiel gegen Düsseldorf. Am Montag sperrte der DFB den estnischen Nationalspieler für zwei Ligaspiele. Damit wird er nicht nur in Fürth, sondern auch acht Tage später im Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg zwangsweise fehlen.
Medic und Mets waren in der Rückrunde der vergangenen Saison in aller Regel die beiden Nebenmänner des zentral spielenden Smith in der Dreier-Abwehrkette – ebenso auch noch beim 2:1-Sieg zum Saisonstart beim 1. FC Kaiserslautern. Dieses Bollwerk trug entscheidend dazu bei, dass es in St. Paulis Rekordrückrunde (41 Punkte) nur 14 Gegentore gab.
Abgang von Top-Verteidiger Medic war eingeplant
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die sportliche Führung der Braun-Weißen bei der Planung für diese Saison Medics Abgang einkalkuliert und sich mit der frühzeitigen Verpflichtung des ablösefreien Hauke Wahl von Holstein Kiel für diesen Fall gewappnet hatte.
Trainer Fabian Hürzeler begegnet der nun plötzlich angespannten Situation in seiner Innenverteidigung mit einer betonten Gelassenheit. „Wir haben ja noch David Nemeth und Adam Dzwigala“, sagte jetzt der Coach und konkretisierte: „David war vor seiner Verletzung extrem gut. Und Adam hat in der letzten Saison gezeigt, wie wertvoll er für das Team ist. Dementsprechend werden wir das gut auffangen können.“
Nemeth und Dzwigala können jetzt nachrücken
Das klingt erst einmal gut, doch es bleiben Fragezeichen. Der 22 Jahre alte Österreicher Nemeth hat sein bisher letztes Pflichtspiel für St. Paulis Profiteam Anfang Oktober vergangenen Jahres bestritten, bevor er von einer inzwischen ausgestandenen Schambeinentzündung heimgesucht wurde. Zuletzt bestritt er nur Testspiele und ein Regionalligamatch über 90 Minuten. Auch wenn er konditionell wieder ein hohes Niveau erreicht hat, fehlt ihm noch Spielpraxis auf Zweitliganiveau.
Adam Dzwigala (27) hatte in der Saisonvorbereitung mit seinen vier Treffern in den Testspielen neben bekannt soliden Abwehrleistungen auch ungewohnte Torjägerqualitäten gezeigt, ehe ihn vor der Generalprobe gegen Hapoel Tel Aviv eine muskuläre Verletzung aus der Bahn warf. „Er trainiert wieder“, sagte Hürzeler jetzt über den Polen, der durch die Verletzung aber aus dem Trainings- und Spielrhythmus gekommen ist. Auch hier stellt sich die Frage, wann er wieder für 90 intensive Zweitligaminuten bereit ist.
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Doch erst einmal steht am Sonnabend (15.30 Uhr) das DFB-Pokalspiel beim niedersächsischen Oberligisten Atlas Delmenhorst an. „Da kann Karol ja noch spielen“, stellte Hürzeler zu Recht fest. Andererseits könnte es eine Option sein, gegen dieses unterklassige Team schon einmal die Besetzung in der zentralen Abwehr einzusetzen, die danach auch zweimal in der Zweiten Liga gefordert sein wird – also mit Nemeth oder Dzwigala als drittem Mann neben Wahl und Smith.
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Unterdessen ist Jakov Medic schon voll bei seinem neuen Arbeitgeber angekommen. Nur einen Tag nach seinem Medizincheck wurde der 24 Jahre alte Kroate bereits am Sonntagabend im Testspiel bei Borussia Dortmund zur zweiten Hälfte eingewechselt und ersetzte den 19 Jahre alten Niederländer Olivier Aertssen. Die beiden entscheidenden Treffer zum 3:1-Sieg für den BVB durch Felix Nmecha fielen, als Medic auf dem Feld stand. Sein Wunsch, europäische Fußball-Atmosphäre auf höchstem Niveau zu erleben, hat sich schon erfüllt: 80.500 Zuschauer waren zu diesem Saisoneröffnungsspiel in den Signal Iduna Park gekommen.
Benjamin Liedtke (36) und Fabian
Seeger (40) haben sich mit dem FC St. Pauli über eine Vertragsverlängerung als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) geeinigt. Seit 2022 sind sie als Doppelspitze für das NLZ am Brummerskamp verantwortlich. Liedtke ist bereits seit 14 Jahren, zunächst als Trainer, in der Nachwuchsarbeit des Millerntor-Clubs tätig. Am 1. Januar 2022 kam Seeger als sportlicher Leiter hinzu.