Hamburg. Reyk Sonnenschein koordiniert für den Kiezclub ein ausgezeichnetes Projekt inklusiven Teilhabe aller am Verein Interessierten.
Seit er den täglichen Weg von seinem zu Hause in Bergedorf zur Arbeit ans Millerntor-Stadion mit dem Rad zurücklegt, ist Reyk Sonnenschein sämtliche Allergien los. Auf eine Sache reagiert der 44-Jährige trotzdem weiterhin allergisch: Ungerechtigkeit.
Wofür Sonnenschein schon als Jugendlicher im sachsen-anhaltinischen Naumburg (Saale) bei Demonstrationen auf die Straße gegangen ist, das will er nun auch als Koordinator Strategie & Veränderung beim FC St. Pauli umsetzen. „Inklusion ist der Weg, Diversität das Ziel“, lautet sein Motto.
St. Pauli bietet Berichte in einfacher Sprache
Damit auch beim Kiezclub alle teilhaben können, besteht die Hauptaufgabe des dreifachen Vaters darin, Schritt für Schritt die komplette Kommunikation barrierefrei zu gestalten. „Inklusive Arbeit endet nicht damit, Rampen im Stadion zu bauen, sondern bedarf auch inklusiver Informationen, weil der Stadionbesuch lange vor dem Spieltag beginnt“, sagt Sonnenschein.
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Dass Spielernamen im Stadion in Gebärdensprache auf Monitoren gezeigt werden, ist nichts Neues, ein Hörplatzradio für Sehbeeinträchtige ebenso. Neu seit dieser Saison sind vom Verein publizierte Spielberichte in sogenannter einfacher Sprache.
Künstliche Intelligenz erstellt Artikel
Laut Auskunft der Bundesregierung von 2021 benötigen in Deutschland rund zehn Millionen Menschen die leichte Sprache, die auf kurzen und verständlichen Sätzen basiert und mehr als 200 Regeln umfasst. Seit Mai stellt St. Pauli eine auf künstlicher Intelligenz beruhende Anwendung frei zur Verfügung, damit sich Texte schnell und gratis in einfache Sprache übersetzen lassen. Bei der Spobis-Messe in Köln wurde das Projekt „Klartext St. Pauli“ in der Kategorie „Verein & Verband“ im Bereich Nachhaltigkeit mit dem ersten Platz ausgezeichnet.
„Zielgruppe bei der einfachen Sprache sind zwar Menschen, die eine Lernbehinderung oder kognitive Einschränkungen haben, aber der Kreis der Profiteure ist weitaus größer“, sagt Sonnenschein. Beispielsweise seien diese Texte auch für Depressive, die sich nicht lange konzentrieren können, geflüchtete Menschen, die Deutsch lernen wollen, oder ausländische Fanclubs mit überschaubaren Sprachkenntnissen geeignet.
FC St. Pauli will paritätisch werden
Eine Stimme möchte Sonnenschein jedoch allen verleihen. Weswegen der studierte Sozialpädagoge nun daran arbeitet, seinen Verein diverser werden zu lassen. „Es wäre schön, wenn wir den Arbeitgeber FC St. Pauli paritätisch aufstellen können“, sagt er. Wenn das erreicht ist, sei dann lediglich noch ungerechnet, dass er den jeweils 50-minütigen Radweg bei Wind und Wetter bewältigen muss.