Hamburg. Neue Details sorgen für noch mehr Brisanz um geplanten Anteilsverkauf von Medienrechten. Platzt die Abstimmung am Mittwoch?

Es dürfte hitzig werden an diesem Mittwoch in Frankfurt am Main, mindestens aber sehr intensiv und kontrovers. Wenn die in der Deutschen Fußball Liga (DFL) organisierten 36 Clubs der Ersten und Zweiten Liga auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Grundsatzentscheidung über den Einstieg eines Investors in eine noch zu gründende DFL-Tochtergesellschaft treffen sollen, wird es starken Widerstand gegen diesen Plan geben.

Nachdem bereits Oke Göttlich, der Präsident des FC St. Pauli und Präsidiumsmitglied der DFL, erhebliche Bedenken geäußert und sich für eine Verschiebung der Abstimmung über eine Aufnahme von Verhandlungen mit den restlichen vier Bewerbern starkgemacht hatte, bekam er jetzt von der Führung des 1. FC Köln eine deutliche Unterstützung.

1. FC Köln kritisiert DFL-Vorgehen

„Auf Ligaebene zusätzliches Geld für die Verwendung auf Clubebene zu generieren“, lehne der Verein „entschieden ab“, schrieb der Vorstand in einem offenen Brief an die Clubmitglieder. „Bei der Beteiligung eines Private-Equity-Investors über 20 Jahre würden die beiden Bundesligen einen Teil ihrer Entscheidungsfreiheit verlieren.“

Konkret sieht der Plan der DFL sieht vor, dass ein Investor für eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren 12,5 Prozent an der Medien-Vermarktung der Bundesliga erwirbt. Dies soll der Liga frisches Kapital von rund zwei Milliarden Euro durch einen Investor einbringen, der seinerseits bis zum Ende der Laufzeit durch die Erlösbeteiligung mindestens drei Milliarden Euro zurückerhält.

Die aktuelle DFL-Führung mit Hans-Joachim Watzke (Dortmund) an der Spitze und den interimsweise als Geschäftsführer tätigen Axel Hellmann (Frankfurt) und Oliver Leki (Freiburg) will am Mittwoch durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit grünes Licht für konkrete Verhandlungen erhalten. Im Juli soll nach diesem Plan die Entscheidung für einen der Kandidaten fallen.

DFL braucht neuen Geschäftsführer

Oke Göttlich und Kölns Vorstand um Präsident Werner Wolf kritisieren vehement den Zeitpunkt und das Tempo, mit denen der Deal jetzt auf den Weg gebracht werden soll. So fehlt der DFL weiter ein Nachfolger nach dem kurzfristigen Ausscheiden von Geschäftsführerin Donata Hopfen Ende 2022 nach nur einem Jahr Amtszeit.

„Das größte ,Restrukturierungsprojekt’ in der Geschichte des deutschen Profifußballs ausgerechnet in einer solchen Übergangsphase ohne etablierte Geschäftsführung zu starten, wirkt geradezu absurd“, heißt es im Schreiben der Kölner.

Oke Göttlich sprach derweil von einem „Hauruckverfahren“, in dem das Projekt jetzt auf den Weg gebracht werden soll. Daher wird er am Mittwoch eine Verschiebung der Abstimmung auf die ordentliche DFL-Versammlung im August beantragen.

Göttlich wehrt sich gegen „Entscheidung im Schweinsgalopp“

„Es ist eine der größten, wenn nicht die größte Entscheidung seit Gründung der Bundesliga. Wir brauchen dafür auch Expertinnen und Experten von außen, die sich das auf der Finanz- und der juristischen Ebene anschauen. Man kann nicht den Vereinen eine solche Entscheidung im Schweinsgalopp aufoktroyieren“, sagte Göttlich jetzt. Gleichzeitig kritisierte er, dass selbst ihm als Präsidiumsmitglied rund 20 Fragen rund um den Deal nicht beantwortet worden seien.

Unterdessen berichtete jetzt der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig, der von September 2015 an vier Jahre lang kaufmännischer Geschäftsleiter beim FC St. Pauli war, dass die von der DFL-Führung genannte Summe von zwei Milliarden Euro des künftigen Investors nicht wie bisher suggeriert auf einen Schlag, sondern in fünf jährlichen Tranchen von je 400 Millionen Euro fließen soll. Dennoch werde schon im ersten Jahr eine Erlösbeteiligung von rund 150 Millionen Euro fällig. Dieses durchaus wichtige Detail war bislang verschwiegen worden.

Zudem kam jetzt heraus, dass bei „wichtigen Entscheidungen“ ein Vertreter des Investors entgegen der bisherigen Kommunikation nun doch ein Vetorecht habe. Gerade eine solche Einflussnahme des künftigen Investors ist es, warum die organisierten Fans praktisch aller Clubs den Deal mit großer Mehrheit ablehnen. Auch die Verteilung des Teilbetrages, der direkt an die Vereine gehen soll, steht in der Kritik. „Ungerecht und unsolidarisch“, nennt es Rettig, dass hier der für die TV-Gelder gültige Schlüssel angewendet werden soll.

DFL-Investorendeal: Klage droht

Aktuell haben sich auch noch 15 der 20 aktuellen Drittligaclubs zu Wort gemeldet. Obwohl sie nicht unter dem Dach der DFL organisiert sind, fordern sie eine Beteiligung jener Clubs am Geldsegen, die in der Vergangenheit zum „Reputationsaufbau der Marke Bundesliga“ beigetragen haben. Zu den Unterzeichnern gehören die früheren Erstligisten Dynamo Dresden, Waldhof Mannheim, der MSV Duisburg und 1860 München. Sie brachten in dem Schreiben auch „kartellrechtliche Konsequenzen“ ins Spiel.