Hamburg. Der Höhenflug im Kalenderjahr 2023 hat beim Kiezclub seine Gründe. Ein Grund würde einen ehemaligen HSV-Trainer richtig freuen.
Er hat es tatsächlich gesagt am Donnerstag: „Die Null muss stehen.“ Also fast. Wörtlich erklärte Fabian Hürzeler vor dem Spiel am Sonnabend (13 Uhr/Sky) beim 1. FC Magdeburg: „Wir tun gut daran, weiterhin zu versuchen, die Null zu halten. Dann ist die Chance hoch, zu gewinnen.“ Dies ist dem FC St. Pauli mit drei Siegen zu null glänzend gelungen, als einziges Team im deutschen Profifußball haben die Kiezkicker 2023 ihren Kasten sauber gehalten. Jungtrainer Hürzeler entwickelt sich zu Huub Stevens, Version 2.0, von dem das legendäre Zitat von der „stehenden Null“ stammt.
FC St. Pauli: Hürzeler legt klaren Fokus auf die Defensivarbeit
Auch dass „die Offensive Zuschauer gewinnt, aber die Abwehr Meisterschaften“ hat als Weisheit aus dem American Football längst Eintrag in das deutsche Buch der Sportsprüche gefunden, in dem sich sonst vor allem Zitate von Sepp Herberger finden.
Hürzeler hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er die konzentrierte Abwehrarbeit als Schlüssel zum Erfolg sieht: „Das ist mein Motto.“ Dabei greift eine weitere Fußball-Floskel: „Die Abwehr fängt im Angriff an.“ Daran wurde im Training intensiv gearbeitet, auf dem Platz, aber auch mental. „Wir versuchen den Stürmern klarzumachen, ihr seid die ersten Verteidiger und wenn es euch egal ist, wie der Gegner vorbeikommt, dann müssen wir gar nicht mehr verteidigen“, erläutert der St.-Pauli-Coach.
Balance zwischen Angriff und Abwehr ist die oberste Prämisse
Ein weiterer Schwerpunkt in der Abwehrarbeit ist das Automatisieren vom Positionsspiel. „Wir haben in der Hinrunde relativ viele Kontertore bekommen, das war auch Teil meiner Analyse“, sagt Hürzeler, „deshalb ist so wichtig, wie wir uns mit dem Ball positionieren und wie wir gestaffelt sind, wenn wir den Ball verlieren.“ Damit der Gegner eben keine Räume vorfindet, in die er stoßen kann. „Wenn die Null also steht, hat es nicht nur damit zu tun, wie wir defensiv gut stehen, sondern es hat auch damit zu tun, wie wir offensiv agieren“, erklärt Hürzeler: „Die oberste Prämisse war, diese Balance zu finden zwischen defensiver Stabilität und trotzdem offensiven Fußball zu spielen.“
Der Australier Connor Metcalfe, den Hürzeler offensiver auf Halbrechts spielen lässt, beschreibt den Lernprozess des Teams: „Da ist eine Änderung in der Mentalität. Wir haben uns bei der Arbeit sehr stark auf defensive Strukturen konzentriert und darauf, aggressiver gegen den Ball zu sein. Das funktioniert offenbar.“
Ein Teil der Wahrheit bei den Zu-null-Spielen ist aber auch, dass St. Pauli in Karol Mets einen international erfahrenen Verteidiger dazubekommen hat und dass Jakov Medic wieder komplett fit ist. Und dass der bislang einzige Auswärtsgegner 1. FC Nürnberg aktuell die schwächste Offensive der gesamten Liga hat.
Gegner Magdeburg bietet besondere Herausforderungen
Beim Spiel in Magdeburg werden die Herausforderungen nun andere sein. Der Aufsteiger verfügt über schnelle, dribbelstarke Stürmer, die im Eins-zu-eins kaum aufzuhalten sind. „Sie zu verteidigen wird eine Teamaufgabe, wenn sie den Ball bekommen, müssen sie sofort unter Druck gesetzt werden“, fordert St. Paulis Trainer, „das heißt, wenn einer ausgespielt wird, ist schon der Nächste da.“ Am Freitag wird Hürzeler seinem Team genau erzählen und auf Videos zeigen, wie es in Magdeburg „gegen den Ball“ arbeiten soll. „Wir werden immer gut auf den Gegner vorbereitet“, lobt Metcalfe.
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Zwischen November 1993 und März 1994 blieb der FC St. Pauli sogar einmal sieben Spiele ohne Gegentor. Da geht also noch etwas. „Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Entwicklung“, weiß Fabian Hürzeler, „wir müssen noch weitere Schritte gehen und arbeiten daran.“