Hamburg. Der Stürmer hatte nach einem Zweikampf Kaiserlauterns Jean Zimmer auf die Stirn geküsst. Auch Teamkollege wurde beleidigt.
Am Montagmittag, pünktlich um 12 Uhr, ging der FC St. Pauli in den Angriffsmodus. Durchaus ungewöhnlich, seit der defensiv orientierte Fabian Hürzeler das Cheftraineramt übernommen hat. Die Notwendigkeit der Abwehrreaktion, die unter der Überschrift „FC St. Pauli verurteilt rassistische Beleidigungen“ veröffentlicht wurde, hatte in diesem Fall jedoch nur am Rand mit dem 1:0-Sieg am Sonntagnachmittag gegen den 1. FC Kaiserslautern zu tun – und hatte vor allem deutlich üblere Hintergründe.
Was war geschehen? Ausgangspunkt war ein Foul in der 89. Minute von St. Paulis kurz zuvor eingewechseltem, robustem Stürmer Maurides Roque Junior an Kaiserslauterns Jean Zimmer, der ebenfalls nicht im Entferntesten ein Kind von Traurigkeit ist.
FC St. Pauli: Kaiserslautern-Fans machen Stimmung gegen Maurides
Die Gelbe Karte von Schiedsrichter Martin Petersen gegen den Brasilianer geriet allerdings zur Randnotiz. Was hängen blieb, war stattdessen ein kurzes Tête-à-Tête zwischen Maurides und Zimmer, das der 28-Jährige per Kuss auf die Stirn des Kaiserslauterer Verteidigers beendete. Für Fans der Roten Teufel offenbar Grund genug, im Internet Stimmung gegen Maurides zu machen.
Das besonders Perfide daran: Diese Aktion geschah gezielt und organisiert. Ein FCK-Anhänger forderte online dazu auf, einen Beitrag von Maurides im sozialen Netzwerk Instagram, auf dem er und seine Frau Mayke abgebildet sind, mit verunglimpfenden Kommentaren zu versehen.
In den mehr als 500 Beiträgen, die binnen Minuten dort eingingen, befanden sich neben rassistischen Beschimpfungen auch homophobe. Die privaten Nachrichten, die der Südamerikaner erhielt, sollen noch aggressiver gewesen sein.
Auch St. Paulis Afolayan soll rassistisch beleidigt worden sein
Auch Maurides’ Sturmpartner Oladapo Afolayan soll laut St. Paulis Pressesprecher Patrick Gensing Opfer rassistischer Anfeindungen geworden sein. Den 25 Jahre alten Engländer erreichten demnach mehrere Privatnachrichten auf seinen Social-Media-Kanälen, in denen er unter anderem als Affe bezeichnet worden sein soll, der zum Bananen pflücken nach Hause gehen soll.
Dabei sollte der Spieltag besonders im Zeichen des Kampfes gegen Fremdenfeindlichkeit stehen. St. Pauli trug ein Sondertrikot mit der Botschaft „Kein Platz für Rassismus“. Nun mussten die Hamburger die Diskriminierung der eigenen Spieler aufs Schärfste verurteilen: „Rassismus hat am Millerntor keinen Platz und ist durch nichts zu rechtfertigen. Das sollte für alle Stadien, Kurven sowie auch für sogenannte soziale Medien gelten. Die Vorfälle zeigen auf bittere Weise, wie wichtig es ist, sich kontinuierlich und immer wieder gegen Rassismus auszusprechen und zu engagieren“, schrieb der Kiezclub auf seiner Website.
Die Reaktion des 1. FC Kaiserslautern ließ nicht lange auf sich warten. „Wir möchten im Nachgang noch mal ganz deutlich die Botschaft auf dem Trikot des FC St. Pauli unterstreichen: Auch am Betze ist kein Platz für Rassismus“, schrieben die Pfälzer. Und weiter: „Daher möchten wir Maurides im Namen des FCK für Entgleisungen, zu denen es in den Social-Media-Kommentaren ihm gegenüber gekommen ist, um Entschuldigung bitten. Ein solches Verhalten ist mit den FCK-Werten vollkommen unvereinbar.“
Maurides beteuerte, die Attacken auf ihn weggesteckt zu haben. Einem besorgten St.-Pauli-Fan, der sich per Instagramnachricht nach seinem Wohlbefinden erkundigte, antwortete er: „Danke, mein Freund. Ich kann mit diesen Rassisten umgehen. Mach Dir keine Sorgen, mir geht es gut.“
- Vasilj wäre fast erfroren – Medic umarmte Boyd dauerhaft
- „Wir werden Timo Schultz wieder bei St. Pauli sehen“
- Hürzeler holt Rekord! St. Pauli ringt Kaiserslautern nieder
Äußerlich ließ sich Maurides, der erst im Winter zu St. Pauli gewechselt war, beim Spielersatztraining am Montag nichts anmerken. Wenn überhaupt, mussten seine Mitspieler seine Frustration über sich ergehen lassen, denen er bei den Trainingsspielen auf Kleinfeld Gewaltschüsse in Richtung Tor um die Ohren feuerte. Und dann ging er selbst in den Verteidigungsmodus, als er Betim Fazliji rüde von den Beinen holte. Der feine Unterschied zwischen dem physischen und den verbalen Fouls: Maurides bat umgehend um Entschuldigung.