Al-Rayyan. Der Mittelfeldspieler ist bei der WM mit Australien ausgeschieden. Warum die Spiele in Katar auch für den Kiezclub lukrativ waren.

Als er rund eine Viertelstunde nach dem Abpfiff vor der TV-Kamera Rede und Antwort stand, konnte er nur knapp verhindern, von seinen Gefühlen übermannt zu werden. Jackson Irvine schluckte kurz und setzte dann sein wie gewohnt deutliches Statement fort. Der Mittelfeldspieler Australiens und Kapitän des FC St. Pauli war mit seinem Nationalteam gerade gegen Argentinien im Achtelfinale der WM ausgeschieden, hatte aber mit seinen „Socceroos“ dem südamerikanischen Starensemble um Lionel Messi bis zur letzten Sekunde Paroli geboten. Nach dem Anschlusstreffer zum 1:2 (77. Minute) hatte der eingewechselte Alou Kuol in der Nachspielzeit noch die große Chance zum Ausgleich, der ziemlich sicher zu einer Verlängerung geführt hätte.

FC St. Pauli: Irvine und Australien haben den Fans Freude bereitet

Dass am Ende aber doch der haushohe Favorit Argentinien verdient gewonnen und das Viertelfinale erreicht hatte, wollte auch Irvine nicht in Abrede stellen. „Wir haben gekämpft und an uns geglaubt und wussten, dass wir Chancen kreieren würden. Das haben wir ja auch geschafft, wie man gerade am Schluss gesehen hat. Deshalb bin ich unheimlich stolz auf alle meine Mitspieler, auf die ganze Mannschaft. Wir können wirklich stolz sein“, sagte er. „Ich hoffe, wir haben den Menschen in Australien ein bisschen Freude bereitet und den Fußball für die neue Generation ein bisschen vorangebracht.“

Der Auftritt der Australier im gesamten Turnier und auch schon davor war von einer mannschaftlichen Geschlossenheit geprägt – sportlich wie politisch. „Wir haben keine Superstars oder Weltklassespieler“, sagte Irvine denn auch. „Aber wir haben großes Vertrauen ineinander und in die Unterstützung eines jeden.“

Aus Katar nimmt Irvine – wie die meisten seiner Mitspieler – die Erinnerung an den sportlichen Höhepunkt seiner Profikarriere mit. Zwei Siege in der Vorrunde und ein WM-Achtelfinale gegen Messi, den siebenmaligen Weltfußballer des Jahres, und dessen argentinische Topstar-Kollegen – etwas Größeres hat der Australier noch nie erlebt und wird er mutmaßlich auch nicht mehr erleben.

Ende Dezember wird Irvine wieder beim FC St. Pauli auf dem Platz stehen

Diese Erfahrung darf er nun zunächst drei Wochen in seiner Heimat verarbeiten, ehe er am 27. oder 28. Dezember beim FC St. Pauli, der für Irvines WM-Abstellung 200.000 US-Dollar (190.000 Euro) erhält, in den Trainingsalltag zurückkehrt. „Wenn Jackson in einer guten mentalen Verfassung von der WM kommt, kann dies auch zur Regeneration beitragen“, hatte St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann kürzlich gesagt. Dennoch wird es für Irvine eine psychologische Herausforderung sein, sich nach dem emotionalen Höhepunkt wieder auf den Zweitliga-Abstiegskampf einzulassen.