Hamburg. Am Freitag empfängt der sportlich angeschlagene Kiezclub im Millerntor-Stadion den Tabellenführer. Wer bringt die besseren Sprüche?

Es herrschte bei den anwesenden Reportern und Kamerateams am Mittwochmorgen eine gewisse Neugierde im Presseraum des Millerntor-Stadions. Wird Timo Schultz (44), Trainer des FC St. Pauli, vor dem prestigeträchtigen Stadtderby am Freitag (18.30 Uhr, Sky und Liveticker auf Abendblatt.de) gegen den HSV "einen raushauen", wie es im Medienjargon heißt?

Nach der Medienrunde stand fest: Schultz hat maximal zu kleinen Psycho-Spielchen ausgeholt. "Wir wollen die HSV-Spieler stressen", war noch eine der kernigsten Aussagen.

Stadtderby sorgte früher für verbalen Schlagabtausch zwischen HSV und St. Pauli

Die Zeiten, in denen die verbalen Giftpfeile zwischen Volkspark und St. Pauli hin-und herflogen, sind offenkundig vorbei. Legendäre Sprüche wie einst von Thomas Meggle hört man aktuell nicht mehr: "Zur Not schlagen wir den HSV auch auf dem Mond", erklärte der ehemalige Spielmacher im Jahr 2002 vollmundig. Glück hat ihm diese Aussage eher nicht gebracht. St. Pauli verlor im Volksparkstadion 0:4 und Meggle scheiterte per Elfmeter an Martin Pieckenhagen.

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Und so ist es vielleicht aus St. Paulis Sicht gar nicht so schlecht, den Sprüche-Ball flach zu halten und Leistung sprechen zu lassen. Der Kiezclub spielt bisher eine katastrophale Saison, ist mit elf Punkten lediglich Tabellen-14. Zudem kommt mit dem HSV der bisher insgesamt souveräne Spitzenreiter ins Stadtderby.

Doch all diese Zahlenspiele beeindrucken Schultz nicht. "Ein Derby kannst du ausklammern von irgendwelchen Trends, der Tabellensituation und dem Rest der Saison. Da wird es einfach 90 Minuten zur Sache gehen", erklärte der St.-Pauli-Trainer.

St. Pauli: Schultz erfreut über Trainingsniveau

Für St. Pauli und Schultz kommt das Derby genau zur richtigen Zeit. Der Kiezclub kann mit einem Sieg gegen den verhassten großen Stadtnachbarn das Momentum der bisher enttäuschenden Spielzeit in nur 90 Minuten drehen.

"Bei meiner Mannschaft spüre ich eine Entschlossenheit und Vorfreude auf das Derby. Wenn ich beobachte, was für ein Feuer diese Woche im Training war, glaube ich, geht's den Jungs wie mir – wir können den Freitag kaum erwarten."

Stadtderby: Schultz sieht den HSV als Favorit

Die Favoritenrolle – da sind sich alle einig – liegt beim HSV. Schultz macht keinen Hehl daraus, dass Hamburgs fußballerische Nummer eins über viel Qualität verfügt.

"Der HSV hat eine gute Mannschaft, die über die letzten Jahren zueinander gefunden hat. Wir müssen die Tiefe absichern. Ihre Spielweise bietet gegnerischen Mannschaften aber auch immer wieder Möglichkeiten", sagte Schultz und fügte an: "Sie arbeiten viel mit Positionswechsel. Aber ich sehe die Stärken meiner Mannschaft. Wir wollen die HSV-Spieler stressen, in Zweikämpfe verwickeln und nicht zur Entfaltung kommen lassen. Ich glaube daran, dass sie am Freitagabend Probleme bekommen werden."

St. Pauli muss auf einen Leistungsträger verzichten

Personelle Probleme hat der Trainer des Kiezclubs nur bedingt. Abwehrspieler David Nemeth fällt mit Adduktorenproblemen aus. Dagegen sind die beiden Kapitäne Leart Paqarada (Muskuläre Probleme) und Jackson Irvine (Cut am Auge) wieder einsatzbereit.

"Ich freue mich auf ein gutes Fußballspiel und eine Mannschaft des FC St. Pauli, die ihr Herz auf dem Platz lässt. Und auf eine Atmosphäre, die wir alle vermisst haben, wo es knistert und man merkt, dass es ein besonderes Spiel ist", bilanzierte Schultz.

Um 14.30 Uhr wird HSV-Trainer Tim Walter in einer Pressekonferenz auf das Stadtderby blicken. Auch im Volkspark werden die Reporter hoffen, dass der extrovertierte Coach "einen raushaut" und so zumindest für ein wenig verbales Derby-Ballyhoo sorgt.