Hamburg. Während in der Defensive das Personal weitesgehend eingespielt ist, sucht Trainer Schultz im Sturm noch nach der Idealbesetzung.
Leart Paqarada stapfte am Mittwoch vorzeitig vom Trainingsplatz. „Da spielt man zweimal schlecht und schon steht man in der Überschrift“, raunte der Linksverteidiger des FC St. Pauli den anwesenden Journalisten zu. Den verdutzten Blicken zur Folge lenkte der 27-Jährige ein: „War nur ein Spaß. Ich weiß selbst, dass die vergangenen Spiele nicht gut waren.“ Die gute Laune hat sich Paqarada also nicht nehmen lassen. Und trotzdem würde St. Paulis Kapitän gern auch wieder ein Erfolgserlebnis feiern. Am besten schon an diesem Sonntag (13.30 Uhr/Sky) im Millerntor-Stadion gegen seinen früheren Verein, den SV Sandhausen.
FC St. Pauli: Kontinuität sucht man in der Offensive vergeblich
Zumindest der Trend spricht für die Kiezkicker, die auf eigenem Platz den Großteil ihrer Punkte holen. Vorige Saison belegten sie Platz eins in der Heimtabelle, in der aktuellen Spielzeit stehen sie auf Rang fünf. Gegen Sandhausen gewannen die Hamburger die vorangegangenen vier Heimspiele. Doch während die Abwehr um Standardexperte Paqarada steht, ist Kontinuität im Angriff ein Fremdwort. Oder wie Cheftrainer Timo Schultz es formuliert: „Wir sind da unausrechenbar.“
In Johannes Eggestein (24), David Otto (23), Igor Matanovic (19) und Etienne Amenyido (24) kämpfen vier Spieler um die Plätze in der Doppelspitze. „Mit Lukas Daschner haben wir vielleicht sogar eine fünfte Alternative für die Sturmposition“, sagt Schultz. Festspielen konnte sich bislang erst Neuzugang Eggestein. Der frühere Bremer, der für Royal Antwerpen in der vergangenen Saison kein Tor erzielt hatte, belegte mit drei Treffern bereits, dass ihm die Torgefahr in Belgien doch nicht abhandengekommen ist.
Während Eggestein in allen Spielen von Beginn an auflief, scheint der optimale Sturmpartner noch nicht gefunden. Zu Saisonbeginn erhielt Matanovic den Vorzug. Das Hamburger Eigengewächs steuerte zwar zwei Vorlagen bei, blieb aber selbst ohne Torerfolg. Genauso wie Neuzugang Otto, der zuletzt gegen Paderborn und Fürth starten durfte.
Trainer Schultz macht Amenyido Hoffnung
Ein Tor erzielt hat hingegen schon Amenyido, der bislang aber ausschließlich von der Bank kam. Auch, weil der Deutsch-Togolese wegen einer Muskelverletzung den Saisonstart verpasste. „Dass ein fitter Eti ein Kandidat für die Startelf ist, das wissen wir alle“, unterstreicht Schultz und führt aus: „Er ist jetzt seit drei, vier Wochen dauerhaft im Training und auch im Spielbetrieb. Von daher hat er gute Karten, vielleicht auch mal von Anfang an zu spielen. Mit seinen Einwechslungen zuletzt hat er auch Eigenwerbung betrieben. Trotzdem haben wir vorne viele Alternativen. Wir schauen mal, wer am Wochenende starten darf.“
Fakt ist, dass die Torausbeute von St. Paulis Offensivreihe Luft nach oben bereithält. Mit vier Stürmertoren bei insgesamt 13 Treffern haben die Braun-Weißen den viertgeringsten Anteil an Stürmertoren aller Zweitligisten. Sportchef Andreas Bornemann hatte vor zwei Wochen betont, dass St. Pauli gern noch einen Stürmer holen würde. Der heißeste Kandidat war Aurélien Scheidler (24) vom französischen Zweitligisten Dijon FCO. Der Deal platzte aber auf den finalen Metern, Scheidler wechselte zum italienischen Zweitligisten SSC Bari. Stattdessen begnügen sich die Verantwortlichen nun mit der aktuellen Konstellation, was immerhin der Vereinsphilosophie, nachhaltig eigene Spieler an die Stammformation heranzuführen, entgegenkommen dürfte.
„Es geht für uns auch darum, die Anteile an Toren so zu verteilen, dass die Abhängigkeit von den Stürmern nicht mehr so groß ist wie in der vergangenen Saison“, sagte Bornemann jüngst in einem Video auf den Vereinskanälen. Dabei betonte der 50-Jährige auch, dass vor allem Standards ein entscheidendes Mittel seien, um Tore zu erzielen. So hat St. Pauli in dieser Saison wettbewerbsübergreifend immerhin schon achtmal nach ruhenden Bällen getroffen.
Gegner Sandhausen hat noch größere Sturmnot als der FC St. Pauli
Den geringsten Anteil an Stürmertoren unter allen Zweitligisten hat übrigens der SV Sandhausen. Von den sieben Saisontreffern der Kurpfälzer wurde erst eines durch einen Angreifer erzielt. Spezielles Torschusstraining hat Trainer Alois Schwartz seinen Spielern unter der Woche zwar nicht verordnet, dennoch erwartet der 55-Jährige eine schwierige Aufgabe. „Sie sind in ihrem Wohnzimmer und werden Gas geben. Das wird immer so sein am Millerntor“, sagte Schwarz, der mit seinem Team mutig auftreten will. „Es ist immer eine tolle Sache, dort zu spielen. Man muss aber auch entsprechend gerüstet sein, um dort bestehen zu können.“
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Trainer Schultz sieht im Tabellendreizehnten eine Mannschaft, die sich ihrer Fähigkeiten bewusst ist: „Wir werden den Widerstand bekämpfen müssen, ihre letzte Kette zu knacken. Sie schaffen es auch, über Umschalt- und Standardsituationen immer wieder gefährlich zu werden. Von daher werden wir uns gut vorbereiten, um am Sonntag die richtigen Lösungen zu finden.“
Mit einem Sieg im Rücken dürfte die Laune von Paqarada und seinen Teamkollegen jedenfalls noch besser sein als in der vergangenen Trainingswoche.