Hamburg. Die Mannschaft ist in der Zweiten Liga seit einem halben Jahr auswärts sieglos. Trainer Timo Schultz richtet Appell an Fans.

So kann es nicht weitergehen. Wenn der FC St. Pauli auch in dieser Saison wieder aussichtsreich in der Zweiten Liga oben mitspielen möchte, dann müssen die Auftritte in den Stadien des Gegners erfolgreicher werden. Die nächste Partie wäre aus Sicht der Hamburger dafür sicherlich der ideale Ort. Am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) treten die Kiezkicker bei Hansa Rostock an. „Wir haben auswärts grundsätzlich nicht so schlecht gespielt, aber eben nicht so erfolgreich“, sagte Cheftrainer Timo Schultz. „Das zu ändern ist sicherlich in diesem Jahr ein Ziel von uns. Am liebsten können wir damit gleich in Rostock anfangen.“

Fast genau ein halbes Jahr ist es her – am 26. Februar hat seine Mannschaft bislang zum letzte Mal ein Zweitligaspiel auswärts gewonnen: 3:1 beim späteren Absteiger FC Ingolstadt 04. Seitdem gab es weitere sechs Auswärtsspiele ohne Dreier. Tatsächlich hat das heimstärkste Zweitligateam der Vorsaison den möglichen Aufstieg auf Gegners Platz verspielt. Nur 20 Punkte wurden eingesammelt – die Aufsteiger Werder Bremen und Schalke holten 13 Zähler mehr. Der Dritte HSV fuhr immerhin sieben Punkte mehr als St. Pauli in der Fremde ein und hatte am Ende drei Zähler insgesamt mehr auf dem Konto.

FC St. Pauli tritt weniger offensiv an

Schultz kennt diese Statistik natürlich, rätselt aber auch, woher diese Schwäche kommt. „Wenn man es zu 100 Prozent erklären könnte, hätte man einen konkreten Hebel, wo man ansetzen könnte“, sagte der Cheftrainer, „aber es ist etwas, woran wir arbeiten müssen als Mannschaft. Man macht sich als Trainer schon Gedanken, wo man da an dem einen oder anderen Rädchen vielleicht drehen kann.“

In dieser Woche lag ein Schwerpunkt im Training deshalb auf der Abwehr von langen Bällen und der Eroberung der so genannten zweiten Bälle. Denn die physisch starken Rostocker agieren gerne mit „Langholz“ in die gegnerische Hälfte. „Das ist etwas, was eigentlich nicht so zu unserem Spiel passt. Aber das wird sicher ein Faktor sein am Wochenende“, erwartet Schultz. Es ist auch davon auszugehen, dass seine Mannschaft etwas weniger offensiv antritt, als am heimischen Millerntor: „Vielleicht kann uns ein Systemwechsel, dass man etwas kontrollierter und kompakter steht, ganz gut tun.“

Im Stadion wird es aggressiv zugehen

Dass es im Ostseestadion aggressiv zugehen wird, scheint ausgemachte Sache. Auf dem Rasen muss das so sein, da hat Schultz aber keine Bedenken. „Wir werden versuchen, die Zweikämpfe zu gewinnen. Das hat meine Mannschaft bisher richtig gut gemacht, da haben wir uns weiter entwickelt.“ Bei der 0:1-Niederlage in Rostock am 2. April gab es da noch Defizite, St. Pauli verlor 66 Prozent der Zweikämpfe, konnte seine grundsätzliche spielerische Überlegenheit nie durchsetzen.

„Wir wollen dieses Gefühl wie in der vergangenen Saison wieder erleben, gegen St. Pauli zu gewinnen“, sagte Rostocks Trainer Jens Härtel, „wir haben auch gemerkt, was es den Fans bedeutet.“ Mittelstürmer John Verhoek (33), der von 2013 bis 2016 weniger erfolgreich am Millerntor auflief, schlägt in die gleiche Kerbe: „Man merkt um die Bedeutung des Spiels für die Fans. Auf der Straße spricht dich jeder darauf an, dass am Wochenende unbedingt gewonnen werden muss.“

Situation auf den Rängen sorgt für Bedenken

Mehr Sorgen als das, was auf dem Rasen passiert, bereitet den Verantwortlichen in Rostock und Hamburg deshalb die Situation auf den Rängen und bei der Anreise. Die Rostocker Polizei hat erklärt, aus den Vorfällen vom 2. April „gelernt“ zu haben, als die Ordnungshüter mit überzogener Gewalt gegen St. Paulifans vorgegangen war. Der FC St. Pauli kritisierte ein „Organisationsversagen auf ganzer Linie“. Wie das Konzept der Fantrennung und des Busshuttles vom Rostocker Hauptbahnhof diesmal funktioniert, wird nicht nur der FC St. Pauli genau beobachten.

Präsident Oke Göttlich, der am Mittwoch erneut ins Präsidium der DFL gewählt wurde, hat die Stärkung von Bürgerrechten von Auswärtsfahrern ohnehin auf seiner Agenda: „Wenn wir den Fan wieder in den Mittelpunkt unserer Interessen nehmen wollen, müssen wir auch mit den Behörden darüber sprechen, wie wir in Zukunft Fußballspiele begleiten wollen“, sagt er.

FC St. Pauli: Schultz appelliert an Fans

Trainer Timo Schultz appellierte am Freitag deshalb auch an die Anhänger beider Vereine: „Sie mögen bitte friedlich und gemeinsam zu dem Spiel reisen, ohne Gewalt und Schlägereien. Familien mit Kindern sollen ohne Angst ins Stadion gehen können.“ Und ja, er würde mit seiner Familie auch in Rostock ins Stadion gehen, sagte Schultz – „aber vielleicht würde ich nicht mit dem Zug anreisen.“

St. Pauli: Smarsch – Saliakas, Nemeth, Medic, Paqarada – Irvine, Smith – Daschner, Hartel – Otto, Eggestein.