Hamburg. Warum der FC St. Pauli wahrscheinlich am Sonnabend in Hannover verlieren wird, aber am Saisonende vor 96 in der Tabelle stehen könnte.

„Neue Mannschaft, neuer Trainer, man kann es überhaupt nicht mehr mit der vergangenen Saison vergleichen.“ Ja, die 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern sei durchaus aufschlussreich gewesen, aber die wahre Stärke von Hannover 96, wo der FC St. Pauli an diesem Sonnabend (20.30 Uhr/Sky/Sport1) antritt, lasse sich nicht abschätzen.

Leute, schaut doch einfach gleich in die Kristallkugel. Und damit kollidiert St. Paulis Trainer Timo Schultz mit der Meinung der US-amerikanischen digitalen Statistikbibel „Fivethirtyeight“. Die Mathematiker, die nebst Sportprognosen auch Berechnungen über Politik, Gesellschaft und Wissenschaft aufstellen, sind nämlich sehr wohl der Meinung, schon zu Saisonbeginn die sportlichen Qualitäten aller Zweitligisten realistisch vorherzusagen.

FC St. Pauli: Laut Statistik nur 19% Aufstiegschancen

Diese Annahmen basieren auf dem sogenannten SPI-Rating. Für die Erläuterung von dessen Formel wären die kommenden 26 Seiten notwendig. Lange Geschichte, kurz formuliert: Es basiert unter anderem auf Marktwerten, Leistungen der Vorsaison und unzähligen Datenpunkten der einzelnen Spiele.

Das Resultat kann sich für St. Pauli indes sehen lassen: Nach dem 3:2-Auftaktsieg gegen den 1. FC Nürnberg beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Aufstiegs 19 Prozent. Klingt wenig, ist aber der viertbeste Wert in der Zweiten Liga. Höher eingeschätzt werden nur Fortuna Düsseldorf (20 Prozent), Bundesligaabsteiger Arminia Bielefeld (28) und – Fans der Braun-Weißen bitte die folgenden zwei Zeilen überlesen – der HSV mit überwältigenden 56 Prozent. Als Abstiegskandidaten gelten demnach die drei Aufsteiger Magdeburg (44 Prozent), Eintracht Braunschweig (43) und Kaiserslautern (33).

Laut Statistik verliert FC St. Pauli in Hannover

Im Vorjahr lag „Fivethirtyeight“ mit seiner Prognose vor Saisonbeginn beim Spitzentrio und zwei der drei Absteiger richtig. Die Zahlenspielchen, die sich von Spiel zu Spiel aktualisieren, lassen sich beliebig erweitern. Der Ausgang der Partie in Hannover? Zu 37 Prozent triumphieren die Gastgeber, zu 36 Prozent die Gäste, zu 28 Prozent endet das Duell remis.

Dennoch ist in Zweifel zu ziehen, ob Hannover, so wie es das Onlineportal zu glauben meint, nur zu sieben Prozent aufsteigt und die Saison am wahrscheinlichsten auf Rang zehn abschließt. 96 hat sich nämlich im Sommer namhaft verstärkt. Max Besuschkow, Phil Neumann, Louis Schaub, Havard Nielsen, Fabian Kunze und Derrick Köhn haben allesamt die Qualität, beim Großteil der Ligakonkurrenten Stammspieler zu sein. Prominentester Zugang ist Trainer Stefan Leitl, der Greuther Fürth 2021 in die Bundesliga geführt hatte, dort aber den Abstieg nicht verhindern konnte.

„Die Hannoveraner haben eine sehr spielstarke Mannschaft. Wie Leitl in Fürth hat spielen lassen, versucht er auch auf Hannover zu übertragen. Je mehr Spiele sie machen, umso mehr werden sie es drin haben. Wenn sie eingespielt sind, wird es noch schwerer gegen sie“, so Schultz. Noch ist Hannover nicht eingespielt, Vorteil St. Pauli.

Währenddessen hat Nürnberg am Freitag Vollzug bei der Verpflichtung von James Lawrence gemeldet. Just am Vorabend war noch ein Interview mit dem ehemaligen Innenverteidiger des FC St. Pauli auf dem Blog „Millernton“ erschienen, in dem der Waliser unter anderem erstaunlich offen über seinen Abschied sprach, nachdem der Kiezclub seinen Vertrag nach drei Jahren hatte auslaufen lassen: „Es war nicht fair. Mir wurde im Winter signalisiert, dass mein Vertrag verlängert werden würde. In den folgenden sechs Monaten gab es dann wenig bis gar keine Kommunikation. Wir haben versucht, in Kontakt zu treten, aber es kam einfach keine Antwort. Zwei Tage vor dem letzten Spiel erfuhr ich dann, dass mein Vertrag nicht verlängert werden würde.“

Statistisch gesehen hat der 29-Jährige mit seinem Wechsel im Übrigen einen Rückschritt gemacht. Den Franken sagt das US-Zahlenportal eine Aufstiegswahrscheinlichkeit von neun Prozent und damit den neunten Platz voraus.

Hannover 96: Zieler – Dehm, Neumann, Börner, Köhn – Kunze – Schaub, Besuschkow – Kerk – Teuchert, Beier.FC St. Pauli: Smarsch – Saliakas, Fazliji, ­Medic, Paqarada – Smith – Irvine, Hartel – Daschner – Matanovic, Eggestein.