Hamburg. Nach elf Jahren soll Hain nun abgelöst werden. Drei Tage vor dem Trainingsauftakt ist die Personalie allerdings noch nicht geklärt.
Torwarttraining sei immer „materialabhängig“, sagt Philipp Heerwagen. Nur derjenige, der das Material, die Keeper nämlich, bearbeiten soll, fehlt auch drei Tage vor dem Trainingsauftakt des FC St. Pauli an diesem Sonnabend nach wie vor: der Torwarttrainer. Die Nachfolge für Mathias Hain (49), der das Amt elf Jahre lang innehatte, lässt auf sich warten.
Denkbar ist, dass auf „Matze“ „Matte“ folgt und als interne Lösung Matthäus Witt befördert wird, der die U 23 als Torwarttrainer betreut. Der 34-Jährige hat sich von 2013 an – mit einem einmonatigen Intermezzo im Juli 2016 beim Halleschen FC – von der U 12 an durch sämtliche Altersklassen beim FC St. Pauli hochgearbeitet und gilt als ehrgeizig.
FC St. Pauli: Gerüchte um Heerwagen
Das Verhältnis des gebürtigen Lübeckers zu Cheftrainer Timo Schultz (44) ist gut, beide arbeiteten bereits zusammen bei der U 19 der Braun-Weißen. Als Hain im Dezember 2021 mit Corona ausfiel, ersetzte ihn Witt schon einmal. Allerdings, und das könnte letztlich der entscheidende Punkt zu seinen Ungunsten sein, ist dies die einzige Erfahrung im Profibereich.
Nach Abendblatt-Informationen hat die sportliche Leitung um Sportchef Andreas Bornemann (50) einen Favoriten auserkoren, mit dem Verhandlungen geführt werden. Die aufkommenden Gerüchte, dass dieser Heerwagen ist, der 2012 und von 2013 bis 2018 für den Kiezclub den Kasten hütete, dementiert der 39-Jährige allerdings. Dabei kann sich der Niederbayer ein Jahr nach Ende seiner beim SV Sandhausen ausklingenden Karriere gut vorstellen, als Torwarttrainer zu arbeiten – auch bei St. Pauli. „Ich bin Vereinsmitglied, trage den Verein im Herzen und habe eine Wohnung im Stadtteil.“
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Über die Qualitäten, die ein Torwarttrainer eines Zweitligisten mitbringen müsse, sagt er: „Neben der Empathie, sich umfassend um seine drei Schützlinge zu kümmern, muss er einen detaillierten Überblick über alle Torleute im Verein von mindestens der U 16 an haben. Diesen Teil der Arbeit unterschätzen die meisten. Aber dazu gehört viel mehr, als nur auf dem Platz zu stehen und Bälle auf die Keeper zu schießen.“ Das Anforderungsprofil der Aufgabe hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert.
Moderne Torspieler sind wesentlich mehr in die Spieleröffnung eingebunden, weswegen vor allem technische Fähigkeiten gefragt sind. „Hauptaufgabe ist aber immer noch, Bälle zu halten und dem Team Punkte zu gewinnen. Leider habe ich den Eindruck, dass dies nicht mehr oberste Priorität beim Training hat“, so Heerwagen. Und schließlich sollte man keinen Akteur in ein festes Korsett zwängen, sondern eben damit arbeiten, was das Material hergibt.
Stammtorwart wird während Saison bestimmt
Das besteht bei St. Pauli aus Nikola Vasilj (26), Dennis Smarsch (23) und Sören Ahlers (24). Einfluss auf die Entscheidung, ob Vasilj seinen Stammplatz behält oder der ambitionierte Pokalkeeper Smarsch ihn ablöst, wird auch der neue „Materialtüftler“ haben. Die Entscheidung fällt während der Saisonvorbereitung. Stand jetzt: alles offen. Eine Datenanalyse des Blogs „Millernton“ führt jedoch zum Schluss, dass Vasilj – derzeit mit der bosnischen Nationalmannschaft unterwegs – die Nase vorn haben sollte.
Der reflexstarke 1,93-Meter-Mann kassierte laut Statistik weniger Gegentore als angesichts der Abschlüsse der Gegner zu erwarten gewesen waren. „Er könnte aber noch mehr an seiner Strafraumbeherrschung arbeiten, deutlicher Präsenz zeigen“, rät Heerwagen, der nur aus der Ferne beobachten wird, wer in den kommenden Tagen die Materialentwicklung übernehmen wird.