Hamburg. Der Sportchef des FC St. Pauli wird von vielen Fans wegen seiner Personalpolitik kritisiert, verteidigt aber den konsequenten Umbruch.

Andreas Bornemann schaut sich die Kommentare in sozialen Netzwerken nicht an, sagt er. Wahrscheinlich ist das ganz klug, es würde dem Sportchef des FC St. Pauli sonst möglicherweise die Laune verhageln. Denn wann man in den vergangenen Tagen in dieses Internet geschaut hat, dann war Volkes Stimme – oder die der Fans – nach dem feststehenden Abgang diverser Profis überwiegend sauer: „Es ist eine Schande, wie man mit den Spielern umgeht“, schrieb bei Twitter der User „fabian“.

Einige, die nun gehen müssen, haben sich bei den Fans bedankt, aber sich über die sportliche Leitung beschwert. Zuletzt haben Äußerungen von Christopher Buchtmann, Simon Makienok und Maximilian Dittgen für viel Wirbel gesorgt. Wobei Buchtmann seit Januar davon ausgehen musste, dass ohne ihn geplant wird. Bei Makienok und Dittgen war es jedoch eine lange Hängepartie, wodurch beiden kein würdiger Abschied vor Fans im Stadion bereitet wurde. Das störte manchen Anhänger. „Bornemann und Göttlich haut endlich ab. Ihr versaut dem FC St. Pauli die Zukunft“, meint „Iceman“.

Warum Bornemann bei St. Pauli aufräumt

Das Gegenteil ist der Plan. Schon Trainer Jos Luhukay hatte in einer Pressekonferenz Ende Juli 2019 kritisiert: „Bei St. Pauli gibt es zu viel Bequemlichkeit, zu viel Komfortzone. Der Club braucht eine Mentalitätsveränderung.“ Genau dafür wurde Bornemann zum 1. Juli 2019 ans Millerntor geholt, St. Pauli ist seitdem eben kein gefühliger Ponyhof mehr.

„Es geht um Weiterentwicklung, sportlichen Erfolg, es geht darum, dass wir uns in den Top 25 des deutschen Fußballs etablieren wollen“, sagt Bornemann, „das war das gemeinsame Ziel, das wir uns mit dem Präsidium und dem Aufsichtsrat zu Beginn meiner Amtszeit vorgenommen haben.“ Hinter den politischen Werten des Vereins steht er voll und ganz. Doch auch Präsident Oke Göttlich sagte einmal: „Je größer der sportliche Erfolg ist, desto vernehmbarer können wir auf unsere gesellschaftlichen Themen hinweisen.“

Also baut Bornemann ganz in diesem Sinne die Mannschaft um. Der 2017 gekommene Luca Zander wird in der kommenden Saison der mit Abstand dienstälteste Profi sein, alle anderen haben von 2020 an angeheuert. Dieser Umbau führte auch früher schon zu Kritik, wenn es populäre Spieler traf. „Wenn wir uns nicht zum Beispiel von Daniel Buballa getrennt hätten, hätten wir nicht Leart Paqarada verpflichtet. Hätten wir Henk Veerman nicht verkauft, wäre Guido Burgstaller nicht gekommen“, sagt Bornemann.

Empathielos? Bornemann wehrt sich

Im Sinne dieser Weiterentwicklung gab es nun auch in diesem Jahr wieder Härten. Den meisten der betroffenen Spieler mit auslaufenden Verträgen sei schon im Wintertrainingslager kommuniziert worden, dass es eine Entscheidung erst im April geben werde. So war es: Philipp Ziereis, James Lawrence, Christopher Buchtmann, Rico Benatelli und Sebastian Ohlsson wussten seitdem, dass es nicht weitergeht. „Wir entscheiden nach Perspektive und Entwicklungspotenzial“, sagt Bornemann. Verletzungsanfälligkeit und Altersstruktur wurden ebenfalls bewertet.

Schwieriger war es bei Makienok und Dittgen. Der lange Däne, der mit seiner Persönlichkeit super zum Club passte, war wegen Knieverletzungen nicht voll belastbar. „Sein Berater kannte unsere Überlegungen“, sagt Bornemann. Auch Dittgen war zuletzt verletzt, vor allem aber passt er nicht mehr zum angestrebten Spielstil des Vereins. Gebraucht wird ein Stürmer, der sich auf engstem Raum durchsetzen kann. Das ist Dittgen nicht. Dittgens Berater war über diese Zweifel informiert. Es war verabredet, dass die finale Entscheidung erst nach Saisonende fallen würde. Dennoch machte sich der 27-Jährige Hoffnungen, bleiben zu können, und war entsprechend enttäuscht.

„Ich bin weder gefühlskalt noch empathielos“, sagt Bornemann, „aber jeder weiß, dass Fußball ein knallharter Wettbewerb ist, und da werden auch immer wieder harte Entscheidungen erforderlich sein.“ Die zu treffen und zu verkünden gehört zum Job dazu – auch wenn man dann als Buhmann gilt.