Hamburg. Beim überzeugenden 3:0 gegen Holstein Kiel treffen Paqarada, Kyereh und Burgstaller und versetzen die 8900 Zuschauer in Euphorie.

„Die Nummer eins der Stadt sind wir“, sangen die St.-Pauli-Anhänger schon kurz vor dem Abpfiff und ließen ein „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ folgen. Mit der Rückkehr der Fans auf die Ränge des Millerntor-Stadions schenkte ihnen die so gefeierte Mannschaft gegen den Nordrivalen Holstein Kiel nicht nur den erhofften Heimsieg, sondern zauberten mit dem in dieser Höhe verdienten 3:0 (1:0) eine Fußballgala auf den Rasen.

Das „Spektakel“, das Trainer Timo Schultz schon zwei Tage zuvor angekündigt hatte, bot am Sonntagnachmittag zumindest sein Team, das jetzt nach dem ersten Spieltag gemeinsam mit Aufsteiger Dynamo Dresden von der Tabellenspitze grüßt.

Konsequente Arbeit gegen den Ball beim FC St. Pauli

„Wir haben das von Anfang an richtig gut gemacht. Im Fokus stand vor allem die Arbeit gegen den Ball. Da waren wir sehr konsequent. Wir haben unsere Abläufe sehr diszipliniert eingehalten“, bewertete St. Paulis Trainer die beeindruckende Vorstellung seiner Mannschaft in einer schon erstaunlichen Nüchternheit. Es war ihm offenbar wichtiger, dass sein Team nicht nur ohne Gegentor blieb, sondern den Kielern auch kaum eine vielversprechende Chance bot.

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Ein „Das sah schon gut aus“, ließ sich Schultz schließlich doch noch auch zur Offensivleistung entlocken. Euphorie klingt anders. Offenbar war ihm auch klar, dass die Kieler längst nicht wieder in der Verfassung der vergangenen Saison sind und noch am verpassten Bundesliga-Aufstieg und dem Verlust einiger Leistungsträger zu knabbern haben.

Millerntor-Stadion mit nennenswerter Zuschauerkulisse

Es war nach fast eineinhalb Jahren eine fast schon vergessene Erfahrung, ein Millerntor-Stadion mit einer halbwegs nennenswerten Zuschauerkulisse zu erleben. Es sah zwar skurril aus, auf den Stehplatzrängen nur vereinzelt Menschen im großen Abstand voneinander verteilt zu sehen. Da wirkten die im Schachbrettmuster besetzten Sitzplätze schon deutlich besser gefüllt.

Auf jeden Fall aber hatten sich die 8900 zugelassenen Zuschauerinnen und Zuschauer offenbar vorgenommen, eine Lautstärke zu erzeugen, als wäre das Stadion ausverkauft. Schon als die Mannschaft zum Aufwärmen auf den Rasen kam, hallten St.-Pauli-Rufe durch die Arena. Jubel brandete auf, als Trainer Schultz kurz darauf das Feld betrat.

Fans mussten viel Geduld beweisen

 „Das habe ich so gar nicht mitbekommen, ich war zu fokussiert“, sagte er später dazu. „Aber die Jungs haben von den Fans einen riesigen Push bekommen, wenn jede Aktion von ihnen gefeiert wurde. Beim Spiel habe ich auch ein größeres Kribbeln gespürt als sonst. Da sieht man mal, was uns allen gefehlt hat.“

Um aber überhaupt auf die zugewiesenen Plätze zu kommen, hatten die Fans viel Geduld beweisen müssen. Die Kontrolle der Corona-Bescheinigungen an den Eingängen kostete viel Zeit, was zu langen Schlangen führte. Unter den Zuschauern waren auch zwei Vorstandsmitglieder von Athletic Bilbao, die von Präsident Oke Göttlich durch das Stadion geführt wurden.

Engagiert nach vorn spielende St.-Pauli-Mannschaft

Auch sie sahen eine von Beginn an engagiert nach vorn spielende St.-Pauli-Mannschaft und eine frühe Führung. Diese entsprang allerdings keiner Kombination, sondern einer simplen, aber in der Ausführung genialen Einzelaktion. Als Linksverteidiger Leart Paqarada bei seinem Vorstoß in die gegnerische Hälfte nicht angegriffen wurde, schoss er aus fast 25 Metern einfach mal mit seinem starken linken Fuß aufs Tor. Unhaltbar schlug der Ball im rechten oberen Toreck zum frühen 1:0 (11.) ein.

Derweil hatten die Fans einen Lieblingsgegner im Kieler Team ausgemacht, bei jeder Ballberührung bekam Fiete Arp Pfiffe zu hören. Die HSV-Vergangenheit des Stürmers, den Holstein von Bayern München ausgeliehen hat, war der Hintergrund. Nach 63 Minuten beendete Trainer Ole Werner Arps tristen Arbeitstag.

Schöne Momentaufnahme

Direkt davor hatte St. Pauli für die Entscheidung gesorgt. Finn Ole Beckers Schussversuch wäre weit rechts am Tor vorbeigegangen, doch der bis dahin unglücklich agierende Daniel-Kofi Kyereh schien dies irgendwie geahnt zu haben, sprintete zum Ball und schob ihn zum 2:0 (62.) ein.

 Nachdem danach Kyerehs Traumtor per Seitfallzieher (85.) wegen Abseits wieder aberkannt wurde, stellte kurz vor Schluss Guido Burgstaller (90.+1) nach einem Konter den 3:0-Endstand her und beförderte sein Team am HSV vorbei auf den ersten Tabellenplatz. Eine schöne Momentaufnahme, die Trainer Schultz am Abend beim Konzert von St.-Pauli-Fan Johannes Oerding im Stadtpark genoss.

Die Statistik:

  • FC St. Pauli: Vasilj – Zander, Ziereis, Medic, Paqarada – Smith (48. Aremu) – Becker (86. Buchtmann), Benatelli – Kyereh (86. Daschner) – Makienok (70. Dittgen), Burgstaller.
  • Holstein Kiel: Gelios – Neumann (75. Korb), Wahl, Komenda (46. Lorenz), Kirkeskov – Erras – Bartels, Skrzybski (74. Porath), Mühling, Reese (62. Mees) – Arp (62. Fridjonsson).
  • Tore: 1:0 Paqarada (11.), 2:0 Kyereh (62.), 3:0 Burgstaller (90.+1).
  •  Schiedsrichter: Aarnink (Nordhorn).
  • Zuschauer: 8900.
  • Gelb: Mühling.
  • Torschüsse: 12:12; Ecken: 4:3; Ballbesitz: 48:52 Prozent
  •  Zweikämpfe: 101:88.