Hamburg. Der Club kann die Planungen für die nächste Saison intensivieren. Problematisch bleibt aber die Situation mit den Leihspielern.

Manchmal bedarf es nur weniger Worte, um einen Sachverhalt präzise und ohne großen Schnickschnack darzustellen. „Wir haben einen Punkt. Und das ist besser als zu verlieren“, bilanzierte Offensivspieler Daniel-Kofi Kyereh (24) nach dem 0:0 des FC St. Pauli beim Karlsruher SC ganz nüchtern und sachlich. Viel mehr gab es aus sportlicher Sicht zu dem Duell der vor dem Spieltag erfolgreichsten Zweitligamannschaften der Rückrunde – beide holten 23 Punkte – aber auch wirklich nicht zu sagen.

Die 90 Minuten vom Sonnabendmittag werden keine sein, an die man sich im Nachgang der Saison noch groß zurückerinnern wird. „Es war ein typisches 0:0-Spiel. Gerade offensiv war es kein gutes Spiel von uns“, gestand Kyereh fünf Tage nach dem 1:0-Sieg gegen HSV offen ein.

Heftige Kritik am Karlsruher Rasen

Zur Ehrenrettung der Spieler muss man aber auch konstatieren, dass auf dem Rasen, der eher bei Landwirtschaftsexperten als bei Fußballästheten für Begeisterung sorgte, ein gepflegtes Offensivspektakel nahezu unmöglich war. Kaum ein flacher Ball konnte sauber gespielt oder verarbeitet werden. Zahlreiche Flanken und Spielverlagerungen landeten überall, nur nicht dort, wo sie hinsollten.

Karlsruhes Kapitän Jérôme Gondorf (32) erklärte nach dem Spiel süffisant, dass der Rasen in seinem Garten besser und vor allem kürzer sei als im Wildparkstadion. „Aber das ist ein leidiges Thema, es ändert sich sowieso nichts“, so der genervte Routinier.

Und so versuchten beide Mannschaften, irgendwie das Beste aus den nicht zweitligatauglichen Bedingungen zu machen. Für die wenigen spielerischen Höhepunkte sorgte dabei der Kiezclub. In Minute sieben tauchte Derby-Siegtorschütze Kyereh völlig frei vor dem Karlsruher Tor auf, scheiterte mit seinem Flachschuss aber am überragend reagierenden KSC-Keeper Marius Gersbeck (25). Der Schlussmann der Badener war es auch, der 50 Minuten später die zweite und letzte Großchance der Hamburger gegen Rico Benatelli spektakulär per Knieabwehr zunichtemachte.

Schultz mit ehrlichem Resümee

Weit weniger beschäftigt als Gersbeck war dagegen St.-Pauli-Torhüter Dejan Stojanovic (27), der nur beim Alleingang von Benjamin Goller in der 60. Minute sein ganzes Können zeigen musste. „Das Spiel hat keinen Sieger verdient gehabt. Wir nehmen den Punkt aber gerne mit nach Hamburg“, sagte Trainer
Timo Schultz (43), der sich vor allem darüber freute, dass sich die über weite Strecken der Saison wackelige Defensive mittlerweile stabilisiert hat.

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In den vergangenen acht Spielen kassierte sein Team nur noch 1,25 Gegentore pro Spiel. In den 16 Partien zuvor waren es noch 1,9. Auch in Karlsruhe ließ das Schultz-Team kaum gefährliche Situationen des Gegners zu. Gerade diese positive Entwicklung sorgte dafür, dass der Trainer betonte: „Hinter dieses Spiel kann man schnell einen Haken machen.“

Einen Haken kann der FC St. Pauli, der nun seit sechs Spielen ungeschlagen ist, wohl auch hinter das Minimalziel Klassenerhalt machen. Der Abstand des Tabellenzehnten auf den Relegationsplatz 16, der momentan vom VfL Osnabrück belegt wird, beträgt aktuell zehn Punkte. Auf Platz zehn befindet sich der Kiezclub im gesicherten Mittelfeld und hat im Prinzip bereits jetzt Gewissheit, auch in der kommenden Saison in der Zweiten Liga zu spielen.

St. Paulis Vorteil in der Kaderplanung

Das war in den vergangenen Spielzeiten häufig nicht der Fall. Oft zitterten die Braun-Weißen noch bis spät in den April oder gar in den Mai hinein um den Ligaverbleib. Das wiederum erschwerte massiv die Personalplanungen für die darauffolgende Saison. Die Folge: St. Pauli konnte erst sehr spät in die konkreten Transfergespräche einsteigen und musste so zusehen, wie der eine oder andere Wunschspieler anderswo unterschrieb.

Nun hat der Kiezclub Planungssicherheit. Ab sofort können sich Sportdirektor Andreas Bornemann (49) und Trainer Schultz in aller Ruhe um die offenen Personalfragen kümmern. Aus dem aktuellen Kader laufen die Verträge von Linksverteidiger Daniel Buballa (30), des zuletzt dauerverletzten Flügelstürmers Ryo Miyaichi (28), von Ersatzkeeper Svend Brodersen (23) und Abwehrspieler Tore Reginiussen (34) in diesem Sommer aus. Zudem enden die Leihgeschäfte mit Offensivspieler Omar Marmoush (22/VfL Wolfsburg), Mittelfeldantreiber Rodrigo Zalazar (21/Eintracht Frankfurt) und Torhüter Dejan Stojanovic (27/FC Middlesbrough).

Beim derzeit an der Wade verletzten defensiven Mittelfeldspieler Eric Smith (24), der im Winter zunächst auf Leihbasis vom belgischen Erstligaclub KAA Gent verpflichtet wurde, besitzt St. Pauli eine Kaufoption, die sich auf rund 500.000 Euro belaufen soll. Das Geschäftsmodell mit den Leihspielern ist für St. Pauli Chance und Risiko zugleich. Gerade bei Marmoush und Zalazar ist es kein Geheimnis, dass auch andere Clubs Interesse zeigen.

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Sorgen, dass es nur ein kurzes Intermezzo der Leistungsträger werden könnte, wischen die Verantwortlichen aber beiseite. „Ich sehe auch ganz viele andere Spieler, die bei uns noch unter Vertrag stehen und momentan richtig gut sind. Wir haben im Sommer noch eine Transferperiode vor uns, in der wir entweder Spieler neu verpflichten können, wo wir vielleicht aber auch die Möglichkeit haben, die Leihverträge zu verlängern“, beschwichtigte Trainer Schultz.

Das letzte Wort ist – anders als bei der Einschätzung des wenig vergnügungssteuerpflichtigen KSC-Spiels – in Sachen Kaderplanung nämlich noch längst nicht gesprochen.