Hamburg. St. Paulis Trainer filtert aus dem 1:1 im Nordderby gegen Kiel etliche positive Aspekte. Lob für Marmoush, Stojanovic und Burgstaller.
So zuversichtlich wie nach dem 1:1 (0:0) gegen Holstein Kiel war die Miene von St. Paulis Trainer Timo Schultz seit Wochen nicht mehr. Dafür verantwortlich waren nicht so sehr das Ergebnis an sich, sondern vielmehr der ansprechende Auftritt seiner Mannschaft und noch ein Stück mehr die neue Perspektive, die sein Team dank der jüngsten Zugänge besitzt.
„Wir haben heute eine Mannschaftsleistung gesehen, die Mut für die Zukunft macht. Das gilt für alle Spieler, von der Eins bis zur Elf und für alle, die reingekommen sind“, sagte Schultz nach dem unterhaltsamen Spiel, das in dem Unentschieden ein gerechtes Ergebnis gefunden hatte. Für den unwissenden Betrachter war zu keinem Zeitpunkt zu erkennen, dass hier der Tabellenzweite (Kiel) beim Tabellenvorletzten (St. Pauli) der Zweiten Liga antritt.
St. Pauli stellt neuen Negativrekord
Die rein statistischen Fakten allerdings sind für St. Pauli weniger erfreulich als der Gesamteindruck der Leistung gegen Kiel. Auch im 15. Saisonspiel blieb das Millerntor-Team nicht ohne Gegentor. Zudem bedeutete das 1:1 das 13. Match in Folge ohne Sieg. Damit stellte die Mannschaft einen neuen Negativrekord für den FC St. Pauli im Profifußball auf. Hinzu kommt, dass der SV Sandhausen als Tabellen-15. mit dem 4:0 gegen Heidenheim seinen Vorsprung auf St. Pauli auf jetzt vier Punkte vergrößerte. Zudem rückte Schlusslicht Würzburger Kickers dank des überraschenden 3:2-Sieges in Osnabrück bis auf zwei Punkte an St. Pauli heran.
Und doch hatte Schultz recht in der Einschätzung, dass das Match gegen das Topteam aus Kiel ein Mutmacher für die kommenden Wochen und Monate ist. Erstmals seit Wochen zog sich nicht eine Mischung aus Unvermögen, Fehlerhaftigkeit und Pech durch das Spiel der St. Paulianer. Vielmehr gab es diverse Lichtblicke.
Torhüter Stojanovic erhält ein Sonderlob
Zwei Winterzugängen hatte Trainer Schultz zu ihrem Startelfdebüt verholfen – Torwart Dejan Stojanovic und Stürmer Omar Marmoush. Letzterer hatte von Beginn an auffällige Szenen und forderte immer wieder den Ball. Die Leihgabe vom VfL Wolfsburg hatte auch schon in der achten Minute seine erste Torchance, scheiterte aber noch an Kiels Torwart Ioannis Gelios. Sein großer Auftritt sollte aber erst im zweiten Spielabschnitt folgen.
So couragiert der Auftritt der St. Paulianer auch von Beginn an war, so gefährlich waren die Kieler bei ihren wenigen Offensivaktionen. Dabei vergab Janni Serra in der 14. und 33. seine hochkarätigen Möglichkeiten. Kurz danach scheiterte auch Jonas Meffert an Stojanovic, der seinen linken Arm weit ausfuhr und den Ball um den Pfosten lenkte. „Dejan hat eine starke Ausstrahlung gehabt und uns in der ersten Halbzeit vor einem Rückstand bewahrt“, urteilte Schultz über den Keeper, dem vom FC Middlesbrough gekommen ist.
"Extrem wirbelnder" Marmoush begeistert
Insgesamt bot die neu formierte St.-Pauli-Mannschaft, in der auch Stürmer Guido Burgstaller erstmals seit dem 2:2 gegen den 1. FC Nürnberg am 19. Oktober wieder von Beginn an spielte, eine ansprechende Leistung. Es stimmte die Balance zwischen Laufbereitschaft und Einsatzwillen sowie spielerischen Elementen im Spiel nach vorn. Auch wenn es zur Pause 0:0 stand, konnte man immerhin einen Eindruck davon gewinnen, wie St. Pauli den Kampf um den Klassenverbleib in den kommenden Wochen und Monaten erfolgreich bestehen könnte.
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Dieser Eindruck verstärkte sich sogar noch knapp sieben Minuten nach dem Wiederanpfiff. Einen Konter über den agilen Daniel-Kofi Kyereh schloss Marmoush mit einem fulminanten Schrägschuss aus halbrechter Position zur 1:0-Führung (52.) für St. Pauli ab.
Nur sechs Minuten später düpierte Marmoush im Mittelfeld mit einer Drehung gleich zwei Kieler Gegner und konnte allein auf das Holstein-Tor laufen. Seinen Schuss lenkte Gelios gerade noch ins Toraus. Es hätte die Vorentscheidung in einem insgesamt ansehnlichen Spiel werden können. „Dann wäre der Sack zu gewesen“, meinte Timo Schultz sogar. „Omar ist ein extrem wirbelnder Spieler, hat ein tolles, offensives Eins-gegen-Eins und einen starken Abschluss“, lobte der Coach den Ägypter.
Fin Bartels ärgert seinen Ex-Verein
Doch St. Pauli kann bei allen positiven Aspekten eben immer noch nicht ohne Gegentor auskommen. Ausgerechnet der Ex-St. Paulianer Fin Bartels schlug in der 62. Minute von der rechten Seite eine gute Flanke und fand den Kopf des kurz zuvor eingewechselten Joshua Mees, der den Ball im rechten Torwinkel zum 1:1 unterbrachte. In der Folge gaben sich beide Teams nicht mit dem Remis zufrieden, doch ein Treffer wollte keinem mehr gelingen.
Burgstaller lässt Mitspieler "aufblühen"
Neben Torwart Stojanovic und Angreifer Marmousch war auch dessen Sturmpartner Guido Burgstaller fast so etwas wie ein Neuzugang beim FC St. Pauli. Das Comeback des Österreichers als Startelfspieler war so früh noch nicht erwartet worden. Doch der im Sommer vom FC Schalke 04 gekommene Routinier überzeugte in den 79 Minuten, die er auf dem Rasen durchhielt, mit guter Ballabsicherung, Übersicht und insgesamt seiner Präsenz.
„Wir wissen um seinen Wert und haben ihn vermisst. Ich hatte das Gefühl, dass die Spieler um ihn herum auch aufblühen durch seine Anwesenheit“, sagte Timo Schultz. „Ich hoffe, dass er sich für seine guten Leistungen in Zukunft auch mit Toren belohnt.“
Gegen Hannover soll auch Eric Smith ran
Abschließend stellte Schultz fest: „In unserer Situation tut uns jeder Punkt und jede ordentliche Leistung gut.“ Die nächste Gelegenheit, den zweiten Saisonsieg einzufahren, hat der FC St. Pauli am kommenden Sonnabend bei Hannover 96.
Dann werden nicht nur Dejan Stojanovic und Omar Marmousch ihre Teamkollegen noch besser kennengelernt haben, sondern auch der noch nicht eingesetzte Zugang Eric Smith. „Ich bin optimistisch, dass diese Spieler uns stabiler machen und wir die nötigen Ergebnisse und Siege einfahren werden“, sagte Schultz abschließend.
„Wenn wir diese Energie und dieses Teamgefühl jede Woche auf den Platz bringen, sehe ich den kommenden Spielen wirklich positiv entgegen“, pflichtete am Ende auch Verteidiger Daniel Buballa der Einschätzung seines Trainers bei.