Hamburg. Die Hamburger spielen beim 0:3 gegen Düsseldorf wie ein Absteiger. Es braucht Verstärkungen, doch die hätten ein Problem.
„Alles Gute für die neue Saison“ – das sagte Uwe Rösler, der Cheftrainer von Fortuna Düsseldorf, nach dem 3:0-Sieg am Sonntagnachmittag am Millerntor in Richtung seines gerade besiegten St.-Pauli-Amtskollegen Timo Schultz. Natürlich war es ein kleiner Versprecher, denn Rösler meinte das in zehn Tagen beginnende neue Jahr. In der kommenden Saison freilich wird der FC St. Pauli wohl auch viel Glück gebrauchen können, um aus der Dritten Liga wieder in die Zweite aufzusteigen.
Gut, ganz so weit ist es noch nicht. Doch seit Sonntag ist mehr denn je zu befürchten, dass die kommende Spielzeit für St. Pauli in Liga drei stattfinden wird. Das sagt nicht allein die Tabelle aus, die das Team auf Rang 17 führt. Der Abstieg ist angesichts des Auftritts der Mannschaft in der zweiten Halbzeit gegen Düsseldorf vielmehr auch das Szenario, das im Moment als das absolut wahrscheinlichste zu betrachten ist.
Das Ganze ist vor allem deshalb so fatal und besorgniserregend, weil dieser ernüchternde Auftritt gegen die Fortuna mit Abwehrfehlern, leichtfertig vergebenen Torchancen, zaghaft geführten Zweikämpfen und harmlosen Standards nur zwei Wochen nach dem desaströsen Auftritt beim 1:2 in Braunschweig stattfand, der schon Krisensitzungen mit und ohne Trainer, einen Torwartwechsel und einen schärferen Ton des Coachs zur Folge gehabt hatte.
Das alles hat offenbar nur ein paar Tage lang ein bisschen Wirkung gezeigt, wobei das 2:2 gegen Aue vor einer Woche ja auch nur ein mageres Resultat war. Immerhin hatte da noch die Aufholjagd in der Schlussphase die Hoffnung auf einen Aufschwung geschürt.
St.-Pauli-Trainer Schultz kündigt Konsequenzen an
Doch diese Hoffnung war ganz offensichtlich trügerisch, denn die Darbietung gegen Düsseldorf war ein Rückfall der schlimmsten Sorte. Die Treffer durch Matthias Zimmermann (10. Minute), Rouwen Hennings (64.) und Edgar Prib (90.+3) waren die Konsequenz defensiver Nachlässigkeiten.
„So, wie es in den vergangenen Wochen abgelaufen ist, kann es nicht mehr weitergehen. Wir werden morgen die Köpfe zusammenstecken und mehr Maßnahmen ergreifen müssen als bisher angedacht. Es muss sich einiges ändern“, sagte der sichtlich angeschlagene Timo Schultz.
Auffällig war, dass das alte Problem der zu leisen, zu wenig miteinander kommunizierenden Spieler auf dem Feld offensichtlich nur kurzzeitig gemildert werden konnte und jetzt gegen Düsseldorf wieder voll zutage trat. „Die Spieler, von denen wir es erwarten, sind momentan mehr mit sich beschäftigt“, stellte Schultz ernüchtert fest und nannte damit den entscheidenden Punkt.
FC St. Pauli fehlen Führungsspieler
Vize-Kapitän Marvin Knoll und Mannschaftsratsmitglied Daniel Buballa, die gegen Düsseldorf das Innenverteidiger-Duo bildeten, waren von Schultz zuvor gegen Aue aus Leistungsgründen auf die Ersatzbank beordert worden, ebenso wie Stammtorwart Robin Himmelmann, der auch Mitglied im Mannschaftsrat ist. Zudem fallen der reguläre Kapitän Christopher Avevor (OP am Syndesmoseband) und Philipp Ziereis (Adduktorenprobleme), als fünfter Profi des Mannschaftsrats, auch noch aus.
Umso schwerer wog der kurzfristige Ausfall von James Lawrence wegen muskulärer Wadenprobleme. Der Waliser hatte noch gegen Aue überzeugt. „Er ist für uns im Moment nicht zu ersetzen. Er kann die anderen Jungs führen“, sagte Schultz.
Die Tatsache, dass St. Pauli in dieser Saison immerhin noch 22 Spiele zu absolvieren hat, ist angesichts der negativen Entwicklung keineswegs beruhigend. Das liegt auch daran, dass der dichte Spielplan keine Gelegenheit gibt, sich zu sammeln und neu auszurichten. Schon in knapp zwei Wochen geht es für St. Pauli in der Liga weiter. Allein im Januar stehen sieben Spiele auf dem Programm, zu den Gegnern zählen auch die Spitzenteams Kiel, Fürth und Bochum.
Wintertransfers hätten keine Eingewöhnungszeit
„Ein Abstieg in die Dritte Liga in einer pandemischen Situation gleicht einer Katastrophe“, hatte St. Paulis Präsident Oke Göttlich bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag gesagt. „Nichts ist teurer als der Abstieg.“ Der Wegfall von rund 90 Prozent der bisher gewohnten TV-Gelder von 11 bis 13 Millionen Euro bei einer völlig unklaren Zuschauer-Situation rechtfertigen diese wirtschaftliche Einschätzung.
Personelle Verstärkungen in der anstehenden Transferperiode im Januar scheinen dringend geboten. Ein Allheilmittel sind neue Spieler allerdings gerade diesmal nicht, denn – siehe oben – Zeit für eine Eingewöhnung etwa in einem Trainingslager gibt es nicht.
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Eine personelle Änderung auf der Trainerposition ist weiterhin kein Thema, wie Sportchef Andreas Bornemann auf Nachfrage betonte. „Ich kreide es den Spielern an, die entscheidenden Zweikämpfe nicht gewonnen zu haben“, sagte er. „Ich werde gemeinsam mit dem Trainer die Richtigen herauskristallisieren, die in der Lage sind, mit der Situation umzugehen.“