Hamburg. Langjähriger Ersatztorhüter nutzt seine plötzliche Chance. Der Eimsbütteler könnte nun sogar dauerhaft zwischen den Pfosten stehen.

„Nein“, sagte St. Paulis Trainer Timo Schultz, „über die Spiele in Würzburg und gegen Düsseldorf habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“ Es sei nur um die Partie gegen Erzgebirge Aue (2:2) gegangen bei den ganzen Personalwechseln nach dem schwachen Auftritt bei Eintracht Braunschweig. Auch bei dem für viele überraschenden Tausch im Tor. „Wenn man nach so einem Spiel auf den Resetknopf drückt, wäre es nicht fair, wenn man so eine Position ausnimmt.“

So kam also anstelle von Robin Himmelmann Torwart Svend Brodersen zu seinem Saisondebüt bei den Profis, seinem erst dritten Zweitligaspiel insgesamt. Und das ging denkbar unglücklich los für ihn. Gleich der erste Schuss war drin, unhaltbar. Den ersten Ball gehalten hat er in der 29. Minute, sonst war nicht viel. Bei Rückpässen aber wirkte er sicher, strahlte Ruhe aus. In der 47. Minute zeigte Brodersen bei einem gefähr­lichen Schuss von Jan Hochscheidt mit einer starken Parade sein Können. Beim 0:2 war er wieder chancenlos. „Er war vollkommen souverän, ruhig und sehr kontrolliert“, lobte der Trainer den 23 Jahre alten Eimsbütteler nach dem Spiel, „ich bin sehr zufrieden mit ihm heute.“

Brodersen bekommt seinen Ehrgeiz in den Griff

Seit 2015 bereits trainiert der Schlussmann im Profikader des FC St. Pauli mit, eingesetzt wurde er aber regelmäßig nur im Regionalligateam. In diesem Sommer dachte sein Berater deshalb laut über einen Verleih nach. „Für mich war ein Verleih nie ein Thema, und ich glaube, Svend wollte auch nie weg“, sagte Schultz, „ich habe mit ihm gesprochen, ihm gesagt, was seine Situation ist und woran er arbeiten muss. Das hat er umgesetzt.“

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Dabei ging es weniger um das Torwartspiel, sondern um Ansätze von übergroßem Ehrgeiz. Vom Drang, sich besonders beweisen zu wollen und in der Folge falsche Entscheidungen zu treffen. „Hibbelig“ nannte Schultz das. „Er hat daran extrem gearbeitet, es ist vorbei“, meinte der Trainer. „Man hat im Training ganz klar gesehen, wie stark er im vergangenen halben Jahr geworden ist. Wie er durchs Gehäuse fliegt, ist Wahnsinn.“

Himmelmann: Schwieriges Gespräch für Schultz

Das Gespräch mit Robin Himmelmann gemeinsam mit Torwarttrainer Matthias Hain war für Schultz „keine einfache Situation“. Gehört aber auch zum Trainerjob. „Robin hat acht Jahre bewiesen, dass er ein toller Torwart ist. Zuletzt fehlte ihm etwas Fortune.“

Ungewohnte Rolle: Robin Himmelmann wurde bei St. Pauli ins zweite Glied degradiert.
Ungewohnte Rolle: Robin Himmelmann wurde bei St. Pauli ins zweite Glied degradiert. © Witters

Ob der Wechsel nun endgültig ist, konnte Schultz noch nicht sagen. Wahrscheinlich ist, dass es zunächst bis zur Winterpause gilt. „Ich war vor sechs Jahren als Co-Trainer dabei, als es von Philipp Tschauner zu Himmelmann ging, und jetzt eben beim Wechsel von Robin zu Svend“, erinnerte sich Schultz. Tschauner machte danach kein Spiel mehr für den FC St. Pauli.

Die Statistik:

  • St. Pauli: Brodersen - Ohlsson, Ziereis (15. Buballa), Lawrence, Paqarada (80. Dittgen) - Benatelli - Becker, Zalazar (80. Knoll) - Tashchy (63. Daschner), Kyereh (80. Makienok) - Matanovic. - Trainer: Schultz
  • Aue: Männel - John-Patrick Strauß, Gonther, Ballas, Rizzuto - Fandrich, Riese - Zolinski (60. Baumgart), Hochscheidt (68. Nazarov), Krüger - Testroet (74. Samson). - Trainer: Schuster
  • Schiedsrichter: Lasse Koslowski (Berlin)
  • Tore: 0:1 Testroet (10.), 0:2 Krüger (78.), 1:2 Dittgen (81.), 2:2 Makienok (89.)
  • Beste Spieler: Lawrence, Benatelli - Rizzuto, Gonther
  • Gelbe Karten: Buballa (2), Lawrence (2), Tashchy, Knoll - Riese (3)
  • Torschüsse: 20:9
  • Ecken: 8:2
  • Ballbesitz: 60:40 Prozent