Hamburg. Absturz auf Rang 17 nach dem ernüchternden 0:3 gegen Karlsruhe. Trainer Schultz beklagt schlechte Kommunikation.

Es war fast wie eine Erlösung, als Schiedsrichter Alexander Sather nach vier Minuten Nachspielzeit abpfiff. Endlich hatte dieser meteorologisch sonnige, aber für die Mannschaft des FC St. Pauli so trübe Nachmittag ein Ende gefunden. Es hätte nur noch schlimmer werden können, hätte dieses Spiel gegen den Karlsruher SC länger gedauert. Das Ergebnis von 0:3 (0:1) gegen den bisherigen Tabellenvorletzten der Zweiten Liga, den Karlsruher SC, spiegelte den gravierenden Unterschied in Sachen Zielstrebigkeit, Konzentration, Konsequenz und Effektivität wider.

„Ich hatte das Gefühl, wir hätten auch noch zwei Stunden spielen können und kein Tor geschossen“, fasste St. Paulis Trainer Timo Schultz das Geschehen im Millerntor-Stadion treffend zusammen. Stattdessen hätte es eher noch weitere Gegentore gesetzt. So hatte das Team des Kiezclubs kurz vor dem Abpfiff sogar noch Glück, dass der eingewechselte Karlsruher Stürmer Babacar Gueye nur den rechten Pfosten traf.

Sturzflug des FC St. Pauli kein Anlass zu falscher Gelassenheit

Doch auch die Treffer seiner Kollegen Marco Thiede (4. Minute) und Je­rome Gondorf (50.), jeweils per Flachschuss aus der Distanz, sowie durch Mittelstürmer Philipp Hofmann (76.) per Kopf reichten den Badenern völlig aus, um den von ihnen ersehnten Befreiungsschlag zu landen und den direkten Abstiegsplatz 17 zu verlassen.

Auf genau diesem findet sich nun plötzlich der FC St. Pauli nach einem schon atemberaubenden Sturzflug wieder, auch weil die Konkurrenz in der unteren Tabellenhälfte entsprechende Ergebnisse verbuchte. Auch die Tatsache, dass der Tabellenachte Regensburg nur zwei Punkte mehr auf dem Konto hat und damit die Ausgeglichenheit der Liga dokumentiert, sollte kein Anlass zu einer falschen Gelassenheit sein.

Karlsruher SC in Sachen Kommunikation überlegen

Die Mannschaft ist erstmals in dieser Saison wieder in alte Muster verfallen, die unter Schultz überwunden schienen. Den Mangel an Kommunikation auf dem Platz hatten schon einige seiner Vorgänger immer wieder einmal beklagt. Latent ist diese Schwäche also, trotz einiger Personalwechsel, immer noch vorhanden. Gerade bei der Geisterkulisse, die im zuschauerlosen Millerntor-Stadion herrschte, war deutlich zu vernehmen, dass die Karlsruher auch in Sachen verbaler Aktivität und Lautstärke den St. Paulianern überlegen waren.

„Ich habe den Jungs in der Halbzeit gesagt, dass zu wenig Leben da ist. Wenn geredet wurde, war es eher ein Lamentieren und Beschweren. Dazu waren wir langsam im Kopf und in den Beinen. Das eine bedingt das andere“, sagte Schultz später. Grundsätzlich könne jeder etwas sagen. „Aber von den alten Spielern, den Führungsspielern erwarte ich das vor allem“, forderte der Trainer.

"Es war einfach zu wenig"

Es schien fast so, als habe die Favoritenrolle, die das Team erstmals in einem Punktspiel in dieser Saison innehatte, es mehr gelähmt als beflügelt. Schultz beteuerte, dass sich in der Woche vor dem Spiel nichts davon im Training angedeutet hatte. Dort sei es teilweise sogar ordentlich zur Sache gegangen. „Im Spiel aber fehlte es an der Konsequenz, die Aktionen bis zum Ende durchzuziehen. Das war der größte Unterschied heute. Wir wurden immer noch geblockt, haben noch mal abgelegt oder einen Haken gemacht. Dazu haben wir auch zu wenig Tempo in die Tiefe bekommen“, sagte Schultz. „Vielleicht waren wir heute auch zu naiv.“

Auch Daniel Buballa, der erneut als linker Innenverteidiger in der Dreier-Abwehrkette agierte und diesmal ziemlich fahrig wirkte, gab sich selbstkritisch. „Es hat uns heute die Überzeugung gefehlt – sowohl mit dem Ball als auch gegen den Ball. Wir haben es von Beginn an nicht geschafft, unser Spiel auf den Platz zu bringen. Wir waren nicht aggressiv und kämpferisch genug. Es war einfach zu wenig“, sagte der 30-Jährige.

Himmelmann hat bereits 14 Gegentore kassiert

Er und seine Kollegen mussten einsehen, dass es anders als in den Spielen zuvor eben nicht immer gelingt, frühe Rückstände wieder aufzuholen und am Ende wenigstens noch einen Punkt mitzunehmen, so wie es bei den bisher vier 2:2-Unentschieden der Fall gewesen war. „Es darf nicht passieren, dass wir so oft ein frühes Gegentor kassieren. Wir müssen auch endlich mal zu null spielen. Das macht das Gewinnen deutlich leichter“, stellte Torwart Robin Himmelmann treffend fest, der nun schon 14 Gegentore in der Liga und dazu noch vier beim Pokal­aus in Elversberg kassiert hat, ohne selbst daran große Schuld zu haben.

Wie schon nach dem 0:1 vor fünf Wochen in Sandhausen geht das St.-Pauli-Team mit dem schlechten Gefühl einer Niederlage in eine Länderspielpause. „Das ist immer fies“, sagt Buballa. „Natürlich würden wir am liebsten Mittwoch wieder spielen“, ergänzt Trainer Schultz. „Aber jetzt müssen wir eben die richtigen Schlüsse daraus ziehen, den Test gegen Bremen nutzen, um auch an der defensiven Stabilität zu arbeiten.“

FC St. Pauli: Himmelmann – Ohlsson, Knoll (56. Lawrence), Buballa – Zander (79. Lankford), Benatelli (56. Daschner), Becker, Paqarada (56. Dittgen) – Zalazar, Kyereh (86. Tashchy) – Makienok. Karlsruher SC: Gersbeck - Thiede (87. Sebastian Jung), Gordon, Bormuth, Heise (80. Carlson) – Fröde - Wanitzek, Gondorf - Choi (80. Batmaz), Lorenz (81. Goller) – Hofmann (85. Gueye). Schiedsrichter: Alexander Sather (Grimma); Tore: 0:1 Thiede (4.), 0:2 Gondorf (50.), 0:3 Hofmann (76.). Zuschauer: keine. Gelbe Karten: Dittgen (2) – Gondorf (3). Torschüsse: 17:14; Ecken: 10:5; Ballbesitz: 55:45 Prozent; Zweikämpfe: 119:112.