Hamburg. Klare Ansagen vom neuen Trainer zum Auftakt der Saisonvorbereitung. Paqarada, Smarsch und Co-Trainer Hürzeler kommen.
Es war Punkt 14 Uhr am Sonntag, als Timo Schultz knapp drei Wochen nach seiner Beförderung zum neuen Cheftrainer des FC St. Pauli erstmals in dieser Funktion den Rasen der Trainingsanlage an der Kollaustraße betrat und damit ein neues, sportliches Kapitel aufschlug.
Wenn Farben ein Hinweis für eine Grundstimmung sein können, dann hat St. Paulis Ausrüster mit der mutigen Farbe der Trainingsshirts offenbar den Punkt getroffen. Das knallige Orange jedenfalls könnte als Symbol für den Abschied von Gewohntem und gleichzeitig für viel Neues und eine Aufbruchstimmung gewertet werden.
Vielleicht aber hatte die Farbwahl ursprünglich auch nur dem Niederländer Jos Luhukay Freude bereiten sollen. Doch diese Trainer-Episode ist seit Ende Juni bekanntlich beendet, und es ist deutlich zu spüren, dass Timo Schultz neue Wege beschreiten will.
St. Pauli hat zwei unerfahrene Co-Trainer
Allein die Auswahl seiner beiden Co-Trainer belegt dies. Nach dem 27 Jahre jungen Loic Favé vom Eimsbütteler TV holte er am Wochenende als zweiten Assistenten nicht etwa, wie vielleicht erwartet worden war, einen erfahreneren Mann, sondern den ebenfalls erst 27 Jahre alten Fabian Hürzeler vom FC Pipinsried an seine Seite. Vor drei Jahren hatte er das Team als Spielertrainer sogar in die Regionalliga geführt. Zudem war Hürzeler bisher Co-Trainer der deutschen U-20-Nationalmannschaft.
„Ja, es ist eine mutige Entscheidung. Ich bin aber überzeugt, dass es klappt. Ich habe nicht auf das Alter geschaut. Ich habe ein sehr klares Profil, was meine Co-Trainer machen sollen“, sagte der 42 Jahre alte Timo Schultz über die Wahl seiner engsten Mitarbeiter.
„Ich weiß, es ist ein gewisses Risiko. Die andere Möglichkeit wäre, Erfahrung dazu zu nehmen. Erfahrung kann aber auch bedeuten, dass man ein Stück weit gemütlich ist und es so macht, wie man es immer gemacht hat und vielleicht nicht mehr das letzte Feuer in die Mannschaft transportiert“, sagte Schultz weiter.
St. Pauli holt zwei Neuzugänge
Damit begründete er zumindest indirekt, warum „Urgestein“ André Trulsen (55) keinen neuen Co-Trainer-Vertrag bekommen hat. Und Profi-Erfahrung bringe zudem Torwarttrainer Mathias Hain und nicht zuletzt er selbst genügend mit. „Wir haben eine gute Mischung. Ich bin überzeugt, dass die beiden jungen Co-Trainer der Mannschaft inhaltlich richtig viel geben können“, sagte Schultz.
Am Sonntag kamen auch gleich zwei neue Spieler hinzu. Neben Torwart Dennis Smarsch (21), der – mit Rückkaufoption – von Hertha BSC ans Millerntor wechselt, erhielt auch der ablösefreie Linksverteidiger Leart Paqarada (25) vom Liga-Konkurrenten SV Sandhausen einen Dreijahresvertrag.
„Er hat einen top linken Fuß, tolle Flanken und überragende Standards. Aber auch von seiner Mentalität her ist er ein Spieler, der super ans Millerntor passt. Er ist extrem ehrgeizig und hat manchmal auch etwas Dreckiges im Zweikampf, was mir ja auch nicht so ganz fern ist“, sagte Schultz mit schelmischem Lächeln.
Was der Transfer von Paqarada bedeutet
Diese Verpflichtung des in 152 Zweitligaspielen erprobten Deutsch-Kosovaren ist auch ein Indiz dafür, dass Schultz wie zuletzt Vorgänger Jos Luhukay mit Daniel Buballa vorwiegend als Innen- und nicht mehr als linker Außenverteidiger plant.
„Ich habe mit Buba gesprochen und ihm gesagt, dass es mir sehr gut gefallen hat, wie er in der Schlussphase der vergangenen Saison als Innenverteidiger gespielt hat und dass es auf jeden Fall für mich eine Option ist. In der Vorbereitung geht es auch darum herauszufinden, ob Vierer- oder Dreierkette das passende System ist“, bestätigte Schultz, der im Übrigen die Frage, ob er denn in den vergangenen Wochen seit dem Amtswechsel mit seinem Vorgänger Luhukay einmal gesprochen habe, mit nur einem kurzen Wort beantwortete: „Nein.“
Gleichzeitig kündigte der Cheftrainer an, zeitnah das Team weiter zu verstärken. Am Sonntag waren 20 Feldspieler und drei Torhüter, darunter als Testspieler Torwart Dominik Schönnenbeck (zuletzt U19 von Borussia Dortmund), auf dem Platz. Die Zugänge Smarsch und Paqarada werden am Dienstag einsteigen. „Wir haben noch zwei, drei in der Hinterhand“, sagte Schultz.
Schultz fordert andere Einstellung
Der Erfolg aber werde nicht in erster Linie von der Besetzung, sondern von der allgemeinen Einstellung abhängen, ist Schultz überzeugt. „Den größten Mehrwert für einen Umbruch werden wir haben, wenn wir eine andere Mentalität, eine andere Arbeitseinstellung und einen anderen Spirit an die Kollau bekommen, als es in der vergangenen Saison der Fall war“, wählte er sehr deutliche Worte.
Dabei kündigte er an, dass es unter ihm nicht nur intensive, sondern auch sehr lange Trainingseinheiten geben werde. „Ich habe den Fußball nicht neu erfunden, aber ich habe eine klare Idee, wie wir trainieren und spielen wollen, nämlich mit viel Freude, mit Mut, mit einem gewissen Risiko, aber auch mit viel sehr viel Aufwand. Dafür müssen wir uns präparieren.“
Wiederauferstehung bei Knoll?
Mit Timo Schultz als Trainer könnte auch für Marvin Knoll wieder eine erfreulichere Zeit anbrechen, nachdem er unter Luhukay ein Jahr lang einen schweren Stand hatte. Um 15.05 Uhr gelang dem Mittelfeldspieler schon einmal mit einem flachen Linksschuss das erste Trainingstor der neuen Saison. Dabei spielten drei Teams gleichzeitig auf drei Tore – eine Variante, an die sich die Spieler auch erst einmal gewöhnen mussten.
Vom Verletzungspech blieb das St.-Pauli-Team aber auch am ersten Trainingstag nicht verschont. Ausgerechnet der kurzfristig vom U-23-Team hochgezogene Innenverteidiger Hugo Teixeira (20) zog sich eine Blessur am linken Knie zu und musste in die Kabine geführt werden. Eine Diagnose stand am Sonntag noch aus. Ein bisschen war es also doch wieder so wie zuletzt gewohnt.