Hamburg. Das 0:0 gegen Dresden deckte St. Paulis Offensivdefizite auf. Ohlsson hofft auf Parallele zu Göteborg und Selbstvertrauen.
Auch am Tag nach dem 0:0 gegen Dynamo Dresden hatten die Profis des FC St. Pauli noch sehr zwiespältige Gefühle in Bezug auf das Spiel am Vorabend. „Wir waren vom Anfang bis zum Ende die bessere Mannschaft. Wir haben alles gut gemacht, außer dass wir kein Tor geschossen haben. Aber im Fußball geht es darum, Tore zu schießen“, fasste Außenverteidiger Sebastian Ohlsson das Geschehen treffend zusammen. „Ich denke, wir haben alles so gemacht, wie wir es sollten, aber nicht im entscheidenden Moment“, sagte Ohlsson weiter.
Die mangelnde Effizienz bei der Verwertung der eigenen Torchancen zieht sich beim FC St. Pauli durch die gesamte Saison und ist neben den zahlreichen Verletzten in der Hinrunde eines der größten Probleme des St.-Pauli-Teams. Beim torlosen Remis am Freitagabend war dieser Mangel in einer fast schon absurden Ausprägung zu besichtigen gewesen. „Unsere Möglichkeiten hätten für zwei Spiele gereicht“, hatte St. Paulis Trainer Jos Luhukay nach dem Spiel festgestellt. Doch bekanntlich gelang es nicht ein einziges Mal, den Ball hinter der Torlinie unterzubringen. Allein dreimal war das Torgestänge im Weg, dazu hielt Dresdens Keeper Kevin Broll, der mit Abstand bester Spieler seines Teams war, mehrfach glänzend.
Effizienzdefizit wirft Fragen auf
„Es wäre schlimmer, wenn wir uns keine Möglichkeiten herausspielen würden“, kommentierte Trainer Luhukay den schon fast fahrlässigen Umgang seiner Spieler mit den zum Teil hübsch herausgespielten Torchancen. In der Tat wäre die Lage seiner Mannschaft noch weit dramatischer, wenn sie gegen den schwächsten Gegner, der sich bisher in dieser Spielzeit am Millerntor präsentiert hat, nicht zu Gelegenheiten gekommen wären, um in Führung zu gehen.
Und doch wirft das sich durch die Saison ziehende und immer wieder schmerzhafte Punktverluste verursachende Effizienzdefizit auch Fragen auf. Etwa die, warum in der Winterpause trotz der zuvor ungeplanten Einnahme von bis zu 3,5 Millionen Euro für Mats Möller Daehli, der zu KRC Genk ging, kein neuer Spieler mit Torgefahr verpflichtet wurde. Die auch von Sportchef Andreas Bornemann vertretene Meinung, man könne den Verlust des ebenfalls nicht sonderlich torgefährlichen Möller Daehli mit den übrigen Spielern des Kaders auffangen, ist zwar angesichts des großen Aufgebots für diese Position im zentralen Mittelfeld nicht so verkehrt gewesen.
Noch keine negativen Folgen im Kampf um Klassenerhalt
Die Transfereinnahme aber hätte zumindest zu einem Teil für einen Offensivspieler mit Torinstinkt investiert werden sollen. In den bisher vier Spielen dieses Kalenderjahres gelangen – jeweils durch Henk Veerman – erst zwei Treffer. Das bisher letzte Tor, das nicht Veerman (sechs Saisontore) oder sein Offensivpartner Viktor Gyökeres (fünf) erzielt hat, war der 1:1-Ausgleich gegen den VfL Bochum am 8. November, also vor gut drei Monaten, durch Waldemar Sobota.
Dass der schnelle Ryo Miyaichi, der gegen Dresden mit 35,4 Kilometern pro Stunde seine eigene Sprint-Bestmarke noch einmal steigerte und die Nummer drei in der Liga ist, erst ein einziges Tor erzielt hat, ist sinnbildlich für das Dilemma. Von den vier bis acht Toren, die Trainer Jos Luhukay von seinen Außenstürmern pro Saison verlangt, ist der Japaner, der sich selbst immer wieder vorhält, sich beim Torschuss zu viele Gedanken zu machen, meilenweit entfernt.
Die beiden so unnötig verlorenen Punkte gegen Dresden hatten am Wochenende noch keine negativen Folgen im Kampf um den Klassenverbleib, weil Wehen Wiesbaden 0:1 in Regensburg verlor und der Karlsruher SC gegen Osnabrück nur zu einem 1:1 kam. Sollte der VfL Bochum an diesem Montagabend gegen Stuttgart verlieren, wäre St. Pauli mit dem Remis gegen Dresden sogar um einen Platz auf Rang 14 geklettert. Dennoch ist die Lage beängstigend, eine Niederlage im Stadtderby beim HSV könnte zum Sturz auf Platz 17 führen.
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„Vielleicht schieße ich ja im nächsten Spiel mein erstes Tor. Ich komme langsam immer näher“, sagte Außenverteidiger Ohlsson jetzt und dachte an seine Chancen in Fürth (0:3) und Kiel (1:2). „Wir wissen, was wir besser machen müssen und sehen in jedem Training, was wir tun müssen, um Tore zu schießen“, sagte der Schwede weiter, der schon Erfahrung im Abstiegskampf gesammelt hat. „Vor zwei Jahren hatten wir beim IFK Göteborg eine ähnliche Situation. Wir sind da herausgekommen und waren in der Saison danach oben in der Tabelle“, erzählte Ohlsson. Eine solche Entwicklung könnte dem 26-Jährigen auch bei St. Pauli gefallen.
Erst einmal aber steht auch für ihn das Stadtderby beim HSV am kommenden Sonnabend im Fokus. Das Hinspiel im September war sein erstes Match, das er für St. Pauli bestritt. „Allein deshalb war es etwas ganz Besonderes für mich“, sagte Ohlsson, der sich vorgenommen hat, auch aus dem Dresden-Spiel positive Gedanken zu ziehen. „Natürlich sind wir frustriert, dass wir kein Tor geschossen haben. Aber wir sollten eher Selbstvertrauen aus dem Spiel ziehen, weil wir gut gespielt haben“, sagte er. „Ich weiß, dass wir ein richtig gutes Team sind, wenn wir unseren besten Fußball spielen.“ Dazu gehören allerdings auch Tore.