Hamburg. St. Pauli verliert seinen besten Spieler. Wie es zu dem Wechsel kam und wie Möller Daehli ersetzt werden soll.
Auch am Tag nach dem überraschenden Millionen-Transfer von Mats Möller Daehli zum belgischen Erstligisten KRC Genk rankten sich die Gespräche auf der Trainingsanlage des FC St. Pauli vor allem um dieses eine Thema, um den völlig unerwarteten Verlust des teamintern besten Torvorbereiters und Publikumslieblings mitten in der laufenden Saison.
Am Sonnabendmittag war der Wechsel des 24 Jahre alten Mittelfeldspielers perfekt geworden, als sein bisheriges Team gerade die erste Trainingseinheit des neuen Jahres bei Schauern und stürmischen Böen absolvierte.
Am Sonntag verriet der amtierende Kapitän Daniel Buballa, dass ihm Möller Daehli schon vor der Winterpause angedeutet hatte, dass er ein lukratives Angebot habe. Am vergangenen Freitag habe er ihm dann konkret eröffnet, dass er nach Genk zum Ex-Trainer Hannes Wolf wechseln werde.
Wer ersetzt Möller Daehli bei St. Pauli?
„Wir verlieren einen Superfußballer, aber auch einen Supertypen. Ich habe mich sehr gut mit ihm verstanden. Es ist im Fußball schon immer ein bisschen traurig, wenn man gute Freunde auf einmal nicht mehr täglich sieht. Vielleicht werde ich ihn im Sommer mal in Norwegen besuchen“, sagte Buballa.
Aber auch wenn es sich menschlich wie sportlich um einen großen Verlust handelt, glaubt Buballa gleichzeitig, dass es jetzt nicht zwingend einer schnellen personellen Nachrüstung bedarf. „Ehrlich gesagt sind wir auf der Position von Mats mit Waldemar Sobota, Christopher Buchtmann und auch Viktor Gyökeres, der ebenfalls als verkappte Spitze spielen könnte, gut aufgestellt und können den Verlust intern kompensieren“, sagte der Außenverteidiger.
Möller Daehli überzeugte bei St. Pauli auch menschlich
Tatsächlich hatten bei den beiden jüngsten Siegen gegen den SV Wehen Wiesbaden (3:1) und gegen Tabellenführer Arminia Bielefeld (3:0) die genannten Sobota und Buchtmann in der Startelf gestanden, während Möller Daehli wegen einer Sprunggelenksverletzung nicht zur Verfügung gestanden hatte.
In den acht sieglosen Spielen zuvor war Möller Daehli lediglich eine Torvorlage gelungen, nachdem er zuvor im ersten Saisonviertel mit einem Tor und sechs Torvorbereitungen (allein drei beim 3:3 in Dresden) aufgetrumpft und sich für andere, finanzstärkere Clubs, wie eben den Champions-League-Teilnehmer KRC Genk interessant gemacht.
Der 24-jährige Möller Daehli, der im Januar 2017 vom Bundesligisten SC Freiburg zunächst auf Leihbasis zu St. Pauli gekommen war und im Sommer 2018 für 600.000 Euro Ablöse fest verpflichtet wurde, hatte in seinen drei Jahren in Hamburg die Anhänger nicht nur durch seine sportlichen Leistungen überzeugt, sondern auch durch sein freundliches Wesen beeindruckt. Nach praktisch jeder Trainingseinheit nahm er sich Zeit für Autogrammwünsche, gemeinsame Fotowünsche und Plaudereien mit Fans.
„Danke für all die Erinnerungen und alle Gespräche“, schrieb Möller Daehli nach seinem Abschied unter anderem auf Instagram. „Ich bin so stolz, für diesen Club gespielt zu haben, und werde das Millerntor nie vergessen.“
Möller Daehli informiert St. Pauli schon früh über Angebot
Bereis am Sonnabend verriet St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann, dass ihm Möller Daehli bereits Ende 2019 von einem interessanten Angebot berichtet hatte. „Wir hatten das zunächst abgelehnt, weil ich mit unserem Trainer einig war, dass unsere sportliche Situation dies eigentlich nicht zulässt“, sagte Bornemann. „Dann haben wir die beiden letzten Spiele des Jahres ohne Mats gewonnen.
Zum Jahresanfang hat die Sache noch einmal Fahrt aufgenommen, sodass wir vor der Entscheidung standen, wie wir damit umgehen wollen. Für uns war besonders ausschlaggebend, dass Mats uns sehr stark zu verstehen gegeben hat, dass er diese Möglichkeit nach drei Jahren bei St. Pauli unbedingt wahrnehmen möchte und er auch glaubt, diese Veränderung zu brauchen“, erläuterte Bornemann.
„Es war eine für uns schwierige Entscheidung. Mats hatte für uns einen extrem hohen sportlichen Stellenwert genossen. Dazu war er auch menschlich ein Sympathieträger und wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft“, sagte Bornemann weiter.
Norwegens Nationaltrainier riet Möller Daehli zu Wechsel
Hintergrund für den Wechsel dürfte neben finanziellen Aspekten auch sein, dass sich Möller Daehli bei einem europäischen Erstligaclub, der auch künftig die Chance hat, international zu spielen, besser als bei einem Zweitligaverein profilieren und für die norwegische Nationalmannschaft empfehlen kann, für die er bisher 23 Spiele (1 Tor) bestritten hat.
Es liegt auf der Hand, dass ihm auch Norwegens Nationaltrainer Lars Lagerbäck zu diesem Schritt geraten hat, der sich wegen des dort spielenden norwegischen Toptalents Sander Berge (21) häufiger Ligaspiele anschaut.
Bornemann bestätigte, dass es für St. Pauli auch einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt gab, dem Wechselwunsch des quirligen Mittelfeldspielers zu entsprechen. „Mats hätte spätestens im Sommer die Möglichkeit gehabt, uns zu verlassen – und zwar zu deutlich schlechteren Konditionen als jetzt. Anders ausgedrückt: In seinem Vertrag besaß Möller Daehli eine Ausstiegsklausel mit einer eher niedrigen, festgeschriebenen Ablösesumme.
Ablöse kann auf 3,5 Millionen steigen
Nun konnte die Transfersumme oberhalb dieser Marke frei verhandelt werden. Über die Höhe wollte Bornemann keine Auskunft geben. Er deutete an, dass es bei sportlichen Erfolgen und einem Weiterverkauf Nachzahlungen für St. Pauli geben wird. Dem Vernehmen nach kann im besten Fall sogar die vereinsinterne bisherige Rekordmarke von 3,5 Millionen Euro, die es für Marcel Halstenberg (Leipzig) gab, erreicht werden.
Bei der Frage, ob der FC St. Pauli jetzt seinerseits auf dem Transfermarkt auf den Abgang seines Leistungsträgers reagieren wird, wollte sich Bornemann nicht festlegen. „Wir sehen in unserem Kader im zentralen Bereich einige Alternativen, die ja auch auf dem Platz sichtbar wurden. Wir schließen aber nichts aus“, sagte er.
Trainer Jos Luhukay reagierte recht gelassen auf den plötzlichen Abgang eines seiner wichtigsten Spieler. „Wir hätten es natürlich gern anders gehabt. Aber man muss dem Wunsch des Spielers entgegenkommen, wenn er sich sportlich auf ein höheres Niveau bringen will und auch eventuell international spielen kann“, sagte er. „So ist der Fußball nun einmal.