Hamburg. Abstimmung darüber, ob künftig Hälfte aller Führungspositionen weiblich besetzt sein müssen. Weitreichende Folgen möglich.
Auch wenn in diesem Jahr beim FC St. Pauli weder der Aufsichtsrat noch das Präsidium neu zu wählen sind, verspricht die Mitgliederversammlung an diesem Mittwoch (Beginn 19 Uhr) in der Messehalle B6 einiges an Brisanz. Grund dafür sind neben der bedrohlichen sportlichen Entwicklung der Fußball-Zweitligamannschaft in den vergangenen Wochen vor allem einige von verschiedenen Mitgliedern gestellte Anträge, die einiges an Diskussions- und auch Konfliktpotenzial enthalten.
Dies trifft etwa auf die Initiative zu, die Frauenquote sowohl auf der ehrenamtlichen Führungsebene, also im Aufsichtsrat und im Präsidium, als auch auf der hauptamtlichen Direktorenebene auf 50 Prozent zu bringen. Derzeit sind mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Sandra Schwedler und der Vize-Präsidentin Christiane Hollander zwei Frauen in den beiden ehrenamtlichen Spitzengremien tätig. Im Aufsichtsrat sind ansonsten sechs Männer vertreten, im Präsidium sind es, inklusive des Präsidenten Oke Göttlich, vier. Der jetzt eingebrachte Antrag zielt darauf ab, dass bei allen zukünftigen Wahlen „eine geschlechtsparitätische Besetzung von Aufsichtsrat und Präsidium“ erreicht wird.
Bei der jüngsten Neuwahl des Aufsichtsrates vor einem Jahr hatte allerdings als einzige Frau Sandra Schwedler kandidiert – und die meisten Stimmen erhalten. Eine paritätische Besetzung wäre also allein aufgrund des Mangels an Bewerberinnen gar nicht möglich gewesen. Zudem ist unklar, wie sich die Verpflichtung zu einer geschlechterparitätischen Besetzung mit einer demokratischen, freien Wahl vereinbaren lässt.
2025 müssten drei männliche Direktoren entlassen werden
Etwas anders verhält es sich beim Präsidium. Hier schlägt laut Vereinssatzung der amtierende Aufsichtsrat nur eine Person als Präsidentin oder Präsident vor, die dann von den Mitgliedern mit Mehrheit gewählt wird. Dieser Person obliegt es, vier Vize-Präsidentinnen oder -Präsidenten zu benennen, die sich dann ebenfalls dem Mitgliedervotum stellen müssen. Da derzeit beide Gremien eine ungerade Zahl an Mitgliedern haben, müsste es für eine paritätische Besetzung von Frauen und Männern jeweils noch zu einer Aufstockung oder Reduzierung um jeweils einen Posten kommen. Die dafür notwendigen Satzungsänderungen sollen, so sieht es der Antrag vor, bereits bei der Mitgliederversammlung 2020 vorgelegt werden.
Brisant wird die Forderung, auch auf der erst kürzlich neu geschaffenen, hauptamtlichen Direktorenebene bis 2025 zu einer 50-prozentigen Frauenquote zu kommen. Derzeit sind hier mit Martin Drust, Bernd von Geldern, Martin Urban, Michael Thomsen, Thomas Michael und Roger Stilz sechs Männer tätig. Sollten bis 2025 nicht drei von ihnen den Verein verlassen, müsste es – sofern der Antrag eine Mehrheit findet – zu Kündigungen aufgrund des Geschlechts kommen. Vorsorglich haben die Verfasser den Nebensatz „unter Berücksichtigung aller arbeitsrechtlicher Rahmenbedingungen“ in ihren Antrag eingebaut. Mit keinem Wort ist in dem Antrag hingegen die für die Besetzung eines Führungspostens notwendige Kompetenz erwähnt.
Mehr Nichtraucherzonen im Stadion gefordert
In einem anderen der zehn Anträge wird die Vereinsführung aufgefordert, künftig auf „jegliche Form von Suchtmittelwerbung zu verzichten.“ Dies betreffe nicht nur Werbung für Alkohol und Tabak, sondern auch für Wettanbieter. Derzeit gehören beim FC St. Pauli der wiedergewonnene Whiskyproduzent Jack Daniel´s und Wettanbieter bwin zum Kreis der vier größten Sponsoren unterhalb des Hauptsponsors und des Ausrüsters. Dazu kommt noch als kleinerer Sponsor die Tabakmarke Moods.
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Zwei weitere Anträge gehen in eine ähnliche Richtung. So wird zum einen die Einführung von deutlich mehr Nichtraucherzonen im Stadion gefordert. Bisher seien nur rund fünf Prozent der Plätze rauchfrei, dies seien lediglich die Kinder- und Familienblöcke. Vor einem Jahr hatte ein kurzfristig in den FC St. Pauli eingetretenes Vorstandsmitglied des Vereins „Pro rauchfrei“ per Antrag versucht, ein Rauchverbot im gesamten Millerntor-Stadion zu erwirken – er scheiterte. Zum anderen wird jetzt gefordert, auf jeder der vier Tribünen jeweils einen Stand mit ausschließlich alkoholfreien Getränken einzurichten.