Hamburg. Was hat Luhukay gegen seinen Torhüter? Der Berater von Himmelmann bezieht Abendblatt-Berichte in seine Argumentation mit ein.
Der Frust saß tief bei Spielern, Verantwortlichen und Fans des FC St. Pauli, als Schiedsrichter Christof Günsch am Sonnabend das Heimspiel gegen den Karlsruher SC (2:2) abpfiff. Zum vierten Mal ihn Folge reichte es für St. Pauli nicht zu einem Sieg, wieder wurde ein Vorsprung verspielt, wieder wurden hochkarätige Torchancen fahrlässig vergeben, wieder kostete ein Gegentor nach einer Ecke wichtige Punkte und wieder fielen Gegentore in der Schlussphase – diesmal alle beide.
All diese Probleme ziehen sich seit dem ersten Spieltag durch die Saison und schienen nur in der zwischenzeitlichen Erfolgsphase mit sechs Spielen ohne Niederlage abgestellt, waren es aber ganz offensichtlich nicht. Allein elf Punkte gingen bereits durch Gegentreffer aus Standardsituationen verloren. Hätte St. Pauli nur fünf davon behalten, wäre die Tabellensituation weitaus komfortabler.
Himmelmann-Konflikt bei St. Pauli mit Sprengkraft
Doch all diesen offenkundigen Schwächen sind längst nicht alles, was die aktuelle Gemengelage beim FC St. Pauli derzeit so brisant macht. Vielmehr ist das jüngste Thema mit potenzieller Sprengkraft, das Trainer Jos Luhukay entfacht hat, noch längst nicht ausgestanden – die Kritik an Torwart Robin Himmelmann und die öffentlich vorgetragene Forderung an ihn, sich zu steigern. Die Tatsache, dass Himmelmann gegen Karlsruhe wieder spielen durfte und nicht, wie drei Tage zuvor im DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Frankfurt, auf der Reservebank sitzen musste, hat die Wogen längst nicht glätten können.
Ganz im Gegenteil. Himmelmann selbst deutete nach dem Spiel nur an, wie seine Gemütslage ist. „Es passiert einiges in mir drin. Das ist nicht einfach in Worte zu fassen“, sagte er. Auf die Frage, ob es denn ein Gespräch mit Trainer Luhukay gegeben habe, sagte er nur ein Wort: „Nein“. Auch auf Nachfrage bestätigte er dies: „Nein.“ So erfuhr nur indirekt, was der Trainer über ihn gesagt hatte. „Ich habe es nicht gelesen, habe es aber zugespielt bekommen“, sagte er.
Luhukay hatte am Freitag über Himmelmann gesagt: „Ich finde, dass er es viel besser kann und viel besser werden muss, um noch ein größerer Rückhalt zu werden. „Damit meine ich nicht nur Bälle halten. Ältere Spieler müssen in meinen Augen mehr Verantwortung übernehmen sowie stimulieren, motivieren und korrigieren. Diese drei Schlagworte sind das Entscheidende, ob man ein Führungsspieler ist.“
Himmelmann-Berater greift Luhukay verbal an
Während Robin Himmelmann nach dem 2:2 gegen Karlsruhe klug genug war, sich auch im aktuellen Ärger über den verspielten Sieg und die Trainerschelte an ihm, verbal zurückzuhalten, ließ dafür sein Berater Jörg Neblung über soziale Netzwerke ordentlich Dampf ab. „Bravo, Jos Luhukay @fcstpauli – bei @SkySportDE redet der Kommentator Jaron Steiner die ganze Zeit nur noch von der Abwehrorganisation durch den Torhüter und interpretiert Situationen falsch. Unfassbar, wie man sich ohne Not so eine Baustelle aufmachen kann!“, schrieb Neblung auf Twitter.
Am Sonntag stellte Neblung dann noch zwei Abendblatt-Überschriften aus jüngster Zeit nebeneinander und schrieb dazu: „Was in drei Wochen so alles passieren kann.“ Am 8. Oktober erschien die Schlagzeile: „Luhukay: ,So gut habe ich Robin Himmelmann noch nie gesehen’“. Am 31. Oktober hieß es dann: „Müller statt Himmelmann? Torwartbeben beim FC St. Pauli.“
Interessanter Randaspekt: An jenem 8. Oktober verpflichtete St. Pauli den seit Sommer vertragslosen Korbinian Müller als Ersatz für den verletzten Himmelmann-Stellvertreter Svend Brodersen (Schlüsselbeinbruch). Nur 22 Tage später durfte der 28-Jährige im Pokal gegen Frankfurt spielen.
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Was hat Luhukay gegen Himmelmann?
Es ist in der Tat erstaunlich, wie schnell Trainer Luhukay seine öffentlich geäußerte Meinung über Himmelmann geändert hat, ohne dass es in den Spielen seither klare Fehler des Schlussmannes gegeben hatte. Seit 2012 ist er bei St. Pauli und hat dabei 148 Zweitligaspiele bestritten.
Fragen warf im Spiel gegen Karlsruhe auch auf, warum Trainer Luhukay in der Schlussphase zwei offensive Wechsel – Kevin Lankford für Waldemar Sobota und Henk Veerman für Mats Möller Daehli – vornahm statt defensiv stärkere Akteure wie etwa Marvin Knoll, Jan-Philipp Kalla oder Florian Carstens ins Spiel zu bringen, um den Vorsprung bis zum Schlusspfiff zu verteidigen.
Kapitän Buballa kritisiert Mitspieler
Unterstützung bekam Luhukay für diese Personalentscheidungen von Kapitän Daniel Buballa. „Es war völlig legitim, so zu wechseln. Auch Offensivspieler können verteidigen. Man muss keine Abwehrspieler einwechseln, um gut zu stehen und die Räume eng zu machen“, sagte er.
Vielmehr prangerte Buballa das Defensivverhalten einiger seiner Mitspieler an. „Wir vernachlässigen das Spiel nach hinten, bleiben vorne stehen und warten, dass wir vielleicht mit einem Konter das 3:0 machen können, anstatt sich darauf zu konzentrieren, erst einmal das eigene Tor zu verteidigen. Das geht so nicht, das ist nicht zweitligareif“, sagte er in einer auch nicht alltäglichen Schärfe. Es brodelt gewaltig im Team – aus vielen verschiedenen Gründen.