Nürnberg. Hamburger klettern nach 1:1-Remis bei Bundesliga-Absteiger Nürnberg auf Platz fünf – Diskussionen um Abseits.

Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Diese oft zitierte Fußball-Weisheit hatte am Sonntag im Nürnberger Max-Morlock-Stadion wieder einmal ihre volle und auch regeltechnisch korrekte Berechtigung – und das in einer der wichtigsten Situationen des gesamten Spiels zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FC St. Pauli.

Schiedsrichter Lasse Koslowski hatte in der 23. Spielminute nämlich nicht gepfiffen und auf abseits entschieden, bevor Viktor Gyökeres den 1:0-Führungstreffer für St. Pauli erzielte. Dennoch gab es reichlich Verwirrung und heftige Proteste der Nürnberger gegen dieses Tor, das für St. Pauli am Ende die Grundlage für den Punktgewinn darstellen sollte.

Auslöser für die Verwirrung war, dass Linienrichter Henry Müller bei St. Paulis Kombination über die rechte Seite eine Abseitsstellung erkannt hatte und seine Fahne hob. Sein Chef allerdings, Schiedsrichter Koslowski, ließ die Szene weiterlaufen und pfiff erst, als der Ball im Tor lag. Als er dann seinem Assistenten folgte und auf Abseits entschied, schaltete sich aus Köln Videoassistent Robert Kempter ein und stellte klar, dass bei diesem Angriff kein Abseits vorgelegen hatte. Entsprechend entschied Koslowski auf Tor.

St. Pauli konnte sich über Tor kaum freuen

Es war zwar verständlich, dass die Nürnberger Spieler dagegen protestierten, hatten sie doch ihre Abwehrarbeit zumindest reduziert oder gar eingestellt, als sie die gehobene Fahne sahen. Doch dieses Signal des Mannes an der Linie unterbricht eben nicht das Spiel, sondern nur der Pfiff des Mannes auf dem Feld.

„So ein Tor zu erzielen, ist schon etwas komisch. Die Freude darüber war ganz anders, viel kürzer und verhaltener als normalerweise“, beschrieb Mittelfeldspieler Marvin Knoll die Sekunden nach der Entscheidung, dass der Treffer zählte. Irgendwie schien dieses vierte 1:0-Führungstor im fünften Auswärtsspiel dieser Zweitligasaison die St. Paulianer aber nicht noch mehr zu beflügeln, sondern eher etwas zu hemmen. „Wir haben in der ersten halben Stunde richtig gut gespielt, aber danach immer ein bisschen weniger gemacht und die Nürnberger ins Spiel kommen lassen“, beschrieb Knoll den weiteren Verlauf.

Bis zum Pausenpfiff hielt sich das Team dennoch schadlos, vor allem auch dank einiger starker Paraden von Torwart Robin Himmelmann, etwa beim abgefälschten Schuss von FCN-Stürmer Michael Frey (42.). „Nach der Führung sind wir zu passiv geworden und haben versucht zu verwalten. Wir hätten die Bälle besser in den eigenen Reihen halten sollen, wenn wir sie gewonnen hatten“, übte auch Kapitän Daniel Buballa Selbstkritik.

St. Pauli trifft – doch diesmal ist es Abseits

Der 1:1-Ausgleich (50.) durch Nürnbergs Kapitän Hanno Behrens war gewissermaßen eine logische Folge dieses Nachlassens. Die Entstehung allerdings war auch ein wenig unglücklich. Waldemar Sobotas Versuch, einen Pass während eines Nürnberger Angriffs abzufangen, missriet derart, dass er den Ball im eigenen Strafraum abprallen ließ und so dem heranstürmenden Behrens mustergültig auflegte.

St. Paulis linke Seite kostet den Sieg gegen Nürnberg

Dennoch hätte St. Pauli auch wieder in Führung gehen können. Schon unmittelbar nach dem Ausgleich tauchte Ryo Miyaichi vor Nürnbergs Torwart Christian Mathenia auf, hatte selbst die Chance zum Abschluss, bediente aber Gyökeres, dessen Schuss aus kurzer Distanz aber gerade noch geblockt wurde. „Es war eine große Chance für mich, aber ich habe ihn nicht von links kommen sehen, weil ich auf den Ball geschaut habe“, beschrieb der insgesamt sehr fleißige Gyökeres diese Szene.

Und noch einmal spielte eine Abseitsentscheidung eine wichtige Rolle – diesmal zum Nachteil von St. Pauli. Mats Möller Daehli hatte bei einem Konter (65.) ein Zuspiel von Matt Penney zum Schuss ins Nürnberger Tor verwertet. Doch Penney war im Strafraum weitergelaufen und befand sich beim Torschuss in Abseitsposition und im Sichtfeld von Mathenia. Der Treffer galt berechtigterweise nicht. Viel Glück hatte St. Pauli am Ende, als Nürnbergs starker Robin Hack (86.) mit einem Flachschuss den linken Torpfosten traf.

Luhukay sehnt sich nach Rückkehr von Verletzten

„In der ersten halben Stunde haben wir gezeigt, dass wir uns weiter im Aufwärtstrend befinden. In der zweiten Halbzeit aber hatten wir auch bei drei, vier sehr guten Nürnberger Möglichkeiten Glück. Insgesamt mache ich meiner Mannschaft ein Kompliment, wie wir auswärts auftreten“, sagte St. Paulis Trainer Jos Luhukay nach dem Spiel.

Seit nunmehr sechs Partien ist St. Pauli unbesiegt und hat sich auf den fünften Platz der Zweiten Liga vorgearbeitet. Auswärts allerdings gab es auch im fünften Versuch dieser Saison noch keinen Auswärtssieg, sondern das vierte Unentschieden bei einer Niederlage. „Wichtig ist, dass wir eine steigende Tendenz haben. Vor der Saison hätte ich bei allen unseren Problemen unterschrieben, dass wir nach neun Spieltagen Tabellenfünfter sind“, sagte Luhukay. „Ich habe viel Hoffnung für die weiteren Spiele vor der Winterpause. Wenn wir die Zahl unserer verletzten Spieler nur halbieren können, kann es nur noch besser werden.“

Tatsächlich stehen einige Akteure, die zuletzt nicht zur Verfügung standen, vor ihrer Rückkehr – allen voran Abwehrchef James Lawrence und Torjäger Dimitrios Diamantakos. Und auch die Kreuzbandpatienten Philipp Ziereis und Henk Veerman werden jetzt zu Alternativen und sollen schon am Freitag im Testspiel gegen Werder Bremen erstmals wieder zum Einsatz kommen.