Hamburg. Der Neuzugang aus Leverkusen hat sich in Hamburg und vor allem Winterhude akklimatisiert. Ein Landsmann half dem jungen Polen.

Als am Mittwochnachmittag die meisten Profis des FC St. Pauli bereits im Trainingstrakt verschwunden waren, konnte Jakub Bednarczyk gar nicht genug bekommen. Der 20-Jährige kickte und trickste mit Stürmer Viktor Gyökeres und einigen anderen jungen Spielern um die Wetter. Es wirkte so, als wolle er jede Minute bei den Zweitligaprofis nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen. Schließlich musste der Rechtsfuß lange auf diese Chance warten.

Im Januar verpflichtete der ehemalige Sportchef Uwe Stöver den hochtalentierten Juniorennationalspieler von Bayer Leverkusen, wo Bednarczyk lediglich neun Minuten beim 5:1-Sieg in der Europa-League gegen AEK Larnaka zum Einsatz kam. In Hamburg wollte der im polnischen Tarnowitz geborene und mit drei Jahren nach Deutschland ausgewanderte Profi einen beruflichen Neustart vollziehen. Doch dieser verlief alles andere als reibungslos.

Pisczek und Blaszczykowski als Vorbilder

Bei den Profis spielte Bednarczyk in der Vorsaison überhaupt keine Rolle, auch die Leistungen bei der U23 waren wechselhaft, sodass es im Sommer Gerüchte gab, dass bereits nach einem halben Jahr das Abenteuer St. Pauli schon wieder beendet sein könnte. Doch für den Profi, der Dortmunds Profi Lukasz Pisczek und Ex-BVB-Profi Jakub Blaszczykowski als „polnische Vorbilder bezeichnet, war ein Abschied kein Thema „Es gab eine Akklimatisierungsphase, in der ich meinen Platz hier erst einmal finden musste. Ich musste erst einmal hier ankommen, mich privat einleben und bin sehr froh, dass es langsam vorangeht. Ich fühle mich total wohl“, sagt Bednarczyk, dessen Geduld sich ausgezahlt hat.

Mittlerweile hat er sich in Winterhude bestens eingelebt. Vor allem Landsmann Waldemar Sobota hat ihm bei der Integration in der neuen Stadt geholfen. Und plötzlich läuft es auch sportlich. Beim 1:3 gegen Greuther Fürth feierte der Flügelflitzer sein Startelfdebüt im Profibereich. „Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich war schockiert, und hatte Gänsehaut, als ich auf den Platz gegangen bin“, erinnert sich St.-Pauli-Profi. „Meine Eltern waren leider nicht im Stadion. Ich habe Verwandte in den USA, und sie waren dort gerade zu Besuch. Sie sind aber extra früh aufgestanden, um mich im Fernsehen zu sehen“, sagt Bednarczyk.

U-20-WM in Polen: "Unglaubliche Erfahrung"

Einen Vorgeschmack, wie es sich auf der großen Fußballbühne anfühlt, bekam Bednarcyzk bei der U-20-Weltmeisterschaft in seinem Geburtsland Polen. „Das war eine unglaubliche Erfahrung, die ich kaum in Worte packen kann. Meine Familie war da, meine Freunde, das ganze Land hat uns angefeuert“, schwärmt „Kuba“, wie ihn die Kollegen nennen. „Das war wie ein Märchen. Eine WM im Geburtsland spielt man vielleicht einmal im Leben und dann mache ich auch noch ein schönes Tor. Das schaue ich mir schon hin und wieder an.“

Besonders stolz hat dieser Treffer seinen Vater Jacek gemacht, der einst selber Profi in Polen und später der erste Trainer des St.-Pauli-Profis war. „Ohne ihn wäre ich kein Fußballer geworden“, sagt Bednarczyk, der nach seinen Einsätzen in der Liga und im DFB-Pokal gegen den VfB Lübeck Blut geleckt hat. „Ich will dem Trainer zeigen, dass ich eine Alternative für den Kader bin. Es macht mich glücklich, dass mir der nächste Schritt gelungen ist, aber ich halte den Ball flach“, erklärt Bednarczyk, der bekennender Cristiano-Ronaldo-Fan ist. „Fußballerisch hat er das komplette Paket. Er ist ein Arbeitstier. Der erste Profi, der zum Training kommt und der letzte Spieler, der geht. Deshalb ist er mein Idol“, sagt der Pole, und lieferte so ganz beiläufig eine Erklärung für seinen Trainingsfleiß am Mittwochnachmittag.