Hamburg. Seit 2006 schied der FC St. Pauli achtmal in der ersten Runde aus. Trainer Luhukay sind die Folgen einer Niederlage bewusst.

So hoffnungsvoll die quantitative Trainingsbeteiligung in dieser Woche beim FC St. Pauli auch war, so ernüchternd ist doch die Realität, dass für das DFB-Pokalspiel an diesem Sonntag (15.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) beim Regionalliga-Spitzenteam VfB Lübeck keiner der bisher verletzten Spieler in den Kader zurückkehren wird. „Es stehen zehn potenzielle Stammspieler nicht zur Verfügung“, stellte am Freitag Cheftrainer Jos Luhukay fest. Das Bild auf dem Trainingsrasen ist deshalb trügerisch gewesen, weil einige Akteure nach ihren zum Teil langfristigen Verletzungen zwar wieder Teile des regulären Mannschaftstrainings absolvieren konnten, aber eben doch noch ein gutes Stück davon entfernt sind, bedenkenlos in einem Pflichtspiel eingesetzt werden zu können.

Dennoch wird Luhukay im ausverkauften Stadion Lohmühle in Lübeck eine Elf aufbieten können, die von ihrer Profierfahrung, ihrer individuellen Qualität und natürlich auch vom Gehaltsniveau her dem zwei Spielklassen tiefer beheimateten Gegner immer noch deutlich überlegen ist. „Ich glaube, es muss unser Ziel sein, eine Runde weiterzukommen“, sagte Luhukay knapp 49 Stunden vor dem Anpfiff. Das war eine reichlich zurückhaltende Formulierung. Für den Favoriten, und das ist St. Pauli nun einmal aufgrund der genannten Tatsachen, kann es ja gar keine andere Zielsetzung geben als zu gewinnen.

FC St. Pauli steht in der Liga noch sieglos da

Das gilt grundsätzlich bei einer solchen Konstellation, aber noch mehr in der aktuellen Situation, in der sich der FC St. Pauli nach der jüngsten 1:3-Heimniederlage gegen Greuther Fürth in der Zweiten Liga befindet. Das Team steht in der Liga noch sieglos da. Die positiven Ansätze beim 1:1 in Bielefeld vor knapp zwei Wochen wurden mit der Pleite gegen Fürth umgehend wieder gelöscht. Ein Pokalaus wäre nach dem späten Ausgleichstreffer der Arminia in Bielefeld und dem verpatzten Heimdebüt der nächste und auch der härteste dieser Rückschläge. Darüber ist sich auch Jos Luhukay im Klaren. „Es ist eine Pflicht für uns, eine Runde weiterzukommen“, sagte der Trainer am Freitag im Laufe der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Spiel.

Das hörte sich dann auch schon ganz anders an als seine zunächst so extrem vorsichtige Zielformulierung. „Wenn man verliert, hat man wieder sehr viel Negativismus. Dann ist das eine Blamage. Das trägt man in den nächsten Tagen dann noch mit sich“, weiß Luhukay. Es wäre die denkbar schlechteste Voraussetzung für die Vorbereitung auf das nächste Zweitligaspiel am 17. August beim Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart.

Auch der finanzielle Aspekt spielt eine Rolle

„Wenn wir dagegen eine Runde weiterkommen, können wir allein vom Kopf und Vertrauen her eine etwas bessere Woche in Richtung Stuttgart absolvieren. Auch im Innenverhältnis ist es besser, ein Erfolgserlebnis zu haben, bevor die nächsten Meisterschaftsspiele kommen“, sagte Luhukay. Dabei vergaß er auch nicht den finanziellen Aspekt. Schließlich gibt es für das Erreichen der zweiten Runde in dieser Saison garantiert 351.000 Euro. Dazu kommen die anteiligen Zuschauereinnahmen.

In den Genuss einer ähnlich hohen Pokal-Einnahme ist St. Pauli in den vergangenen 13 Jahren nur selten gekommen. Die Pokalhistorie seit der sensationellen „Bokal-Serie“ 2005/2006, als das Team mit Siegen über Burghausen, Bochum, Berlin und Bremen das Halbfinale gegen Bayern München (0:3) erreichte, ist eine Bilanz des Grauens. Achtmal schied der Millerntor-Club in der ersten Runde aus. In den übrigen fünf Spielzeiten war in Runde zwei Schluss.

In der vergangenen Saison war das Pokalaus in Runde eins beim späteren Zweitliga-Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden der Beginn eines Abwärtstrends mit drei Punktspielniederlagen in Folge. Schon damals stand Trainer Markus Kauczinski vor dem Aus, wurde aber durch einen glücklichen 1:0-Sieg beim späteren Absteiger FC Ingolstadt noch gerettet. Und auch im Jahr zuvor schied St. Pauli in der ersten Pokalrunde gegen einen späteren Aufsteiger aus – mit 1:2 beim SC Paderborn, der mittlerweile sogar in der Bundesliga spielt.

Luhukay will Himmelmann einsetzen

Und diesmal? Auch der VfB Lübeck strebt den Aufstieg an, allerdings „nur“ von der Regionalliga Nord in die Dritte Liga. Dennoch wurde das Team von St. Paulis Fachkräften bei den bisherigen Punktspielen ähnlich wie ein Zweitligateam analysiert. „Die Mannschaft ist sehr gut organisiert und hat eine gute Mischung. Sie hat offensivstarke Außenverteidiger und vorne einen absoluten Torjäger“, sagte Luhukay und meinte mit Letzterem Ahmet Arslan, der in der vergangenen Saison auf 13 Treffer gekommen war und sowohl im Mittelfeld als auch im Sturm agieren kann. Dazu hat Patrick Hobsch in jedem der drei Punktspiele dieser Saison getroffen.

Während manche Trainer den Pokalwettbewerb dazu nutzen, dem jeweils zweiten Torwart Spielpraxis zu geben, schließt Luhukay für das Spiel in Lübeck die Option aus, anstelle von Stammkeeper Robin Himmelmann dessen Ersatzmann Svend Brodersen ins Tor zu stellen. „Ich möchte nicht noch zusätzlich etwas ändern zu dem, wozu wir ohnehin gezwungen sind“, sagte Jos Luhukay. So muss er Kapitän und Abwehrchef Christopher Avevor durch voraussichtlich Marc Hornschuh ersetzen.

VfB Lübeck: Gommert – Halke, Grupe, Weissmann – Riedel, Deichmann, Mende, Hoins, Thiel – Arslan, Hobsch. FC St. Pauli: Himmelmann – Kalla, Hornschuh, Knoll, Buballa – Hoffmann – Miyaichi, Möller Daehli, Buchtmann, Conteh – Diamantakos. Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück).