Bielefeld. Nach Wutrede von Trainer Jos Luhukay 1:1 bei Arminia Bielefeld. Conteh erzielt sehenswerte Führung in einem turbulenten Spiel.

Ein 19-Jähriger wäre fast zum Helden des Abends geworden. Christian Joe Conteh bescherte dem FC St. Pauli mit seinem Tor zum 1:0 bei Arminia Bielefeld letztlich aber immer noch einen Punkt zum Auftakt der neuen Zweitligasaison. Der Kopfball Manuel Prietl aus sieben Metern in der 90. Minute für die Ostwestfalen sorgte für den verdienten 1:1-Endstand.

Bereits vor dem Anpfiff hatte St. Paulis Präsident Oke Göttlich Stellung zu der umfassenden Kritik genommen, die am Sonntag Trainer Jos Luhukay in einer sehr überraschenden Schärfe und zu einem unerwarteten Zeitpunkt an den Zuständen im Verein geäußert hatte. Insbesondere hatte er Bequemlichkeit und die angeblich im Verein herrschende Komfortzone angeprangert.

Oke Göttlich reagiert auf Kritik von Jos Luhukay

„Wir im Verein haben eine Veränderung auf beiden Positionen vorgenommen, weil wir uns eine tiefe Analyse, eine Ambition und eine Leistungsbereitschaft wünschen, um in unserem Kerngeschäft – dem Fußball – wieder mehr aus unseren Möglichkeiten zu machen. Aus diesem Grund haben wir mit- und nicht übereinander über alle inhaltlichen Defizite gesprochen, die wir angehen wollen. Diese Ehrlichkeit miteinander und vor unseren Fans ist wichtig, um Verbesserungen anzustoßen. Das geht nicht immer mit Nettigkeit, sondern dazu gehören auch klare Ansagen und offene Worte“, gab Präsident Göttlich zu Protokoll.

Diese Sätze können als Versuch gewertet werden, der Angelegenheit die Brisanz zu nehmen. Unklar ist allerdings weiter, ob auch Göttlich und die anderen Führungskräfte St. Paulis von Luhukays verbalem Ausbruch bei der Pressekonferenz am Sonntag überrascht worden waren oder ob dies sogar eine abgestimmte Aktion war, um der bisher nur intern vorgetragenen Kritik mehr Vehemenz und Außenwirkung zu verleihen.

Vor dem Spiel stellte Luhukay bei „Sky“ klar: „Alles, was ich gesagt habe, war unserem Sportchef Andreas Bornemann und Oke Göttlich bekannt. Ich bin keinen Millimeter von Andreas entfernt.“

Torschütze Conteh besitzt noch nicht einmal einen Profivertrag

Keine große Überraschung war hingegen, dass Marc Hornschuh sein Comeback in einem Zweitligaspiel geben würde. Am 16. September 2017 hatte der Defensiv-Spezialist zuletzt ein Punktspiel im Profibereich bestritten, ehe er von einem Bandscheibenvorfall und diversen Rückschlägen geplagt wurde. Jetzt befand ihn Trainer Luhukay fit genug, um gleich in der Startelf zu stehen und die wichtige „Sechser“-Position einzunehmen.

Zu erwarten war ebenso, dass Luhukay als linken, offensiven Außenbahnspieler auf Christian Conteh setzt, der noch nicht mal einen Profivertrag besitzt. Der 19-Jährige hatte in der Vorbereitung mit seinem hohen Tempo und seiner Unbekümmertheit überzeugt. Deutlich wurde auch, dass es dem Talent noch an der im Profifußball üblichen körperlichen Härte und Robustheit fehlt.

St. Pauli überließ Bielefeld zeitwilig zwei Drittel des Spielfelds

In der Anfangsphase überließ St. Pauli den Bielefeldern geradezu bereitwillig zwei Drittel des Spielfeldes und versuchte nur, die Räume in der gefährlichen Zone eng zu machen. Dies gelang allerdings auch nur bedingt, denn die Bielefelder wurden durch ihre Kombinationen immer wieder potenziell torgefährlich, auch wenn Torwart Robin Himmelmann lange nicht gefordert wurde.

Offensiv fand St. Pauli in der ersten halben Stunde nur durch zwei Torschüsse von Mittelstürmer Dimitrios Diamantakos statt. Der erste (13. Minute) ging weit am Tor vorbei, der zweite (19.) konnte gerade noch von Innenverteidiger Brian Behrendt abgeblockt werden.

Luhukays Mut zahlte sich beim 1:0 durch Conteh aus

Überhaupt fassten die Hamburger Mitte der ersten Hälfte etwas mehr Mut im Spiel nach vorn. Die zu diesem Zeitpunkt dennoch überraschende 1:0-Führung für St. Pauli entsprang einem Konter über den im zentralen Mittelfeld agierenden Mats Möller Daehli. Vor dem Bielefelder Strafraum schien er schon den perfekten Moment für das Zuspiel auf verpasst zu haben.

Als der Außenstürmer dennoch mit Tempo an den Ball kam, narrte er mit zwei Körpertäuschungen gleich zwei Gegenspieler und schob den Ball abgezockt wie ein Routinier mit dem rechten Außenrist flach ins Tor. Luhukays Mut, Conteh von Beginn an aufzubieten, hatte sich in diesem Moment bereits ausgezahlt.

Nach der achten Ecke kam Bielefelds Prietl frei zum Kopfball

Wie erwartet entfachte Bielefeld zu Beginn der zweiten Halbzeit massiven Druck auf das St.-Pauli-Tor und kam zu Chancen. Reinhold Yabos Schuss an die Unterkante der Latte (48.) und der Abschluss von Keanu Staude, den Torwart Robin Himmelmann mit dem Bein abwehrte (51.) waren zunächst die besten Gelegenheiten. Die größte Aufregung gab es in der 72. Minute, als nach einer Eingabe von Jonathan Clauss der Ball Daniel Buballa bei dessen Abwehrversuch an die Hand sprang. Schiedsrichter Bastian Dankert entschied zunächst auf Strafstoß. Doch das Signal des Videoassistenten aus Köln sorgte dafür, dass sich Dankert die Szene selbst noch einmal anschaute. Er kam zu der Erkenntnis, dass es kein strafbares Handspiel war, weil Buballas Arm angelegt war.

Bielefeld schien nach dieser Entscheidung geschockt, doch St. Pauli nutzte dies nicht zu gefährlichen Kontern, kassierte doch noch den 1:1-Ausgleich. Nach der achten Ecken kam Prietl frei zum Kopfball und hatte keine Probleme, den Ball im Tor unterzubringen.

Arminia Bielefeld vs. FC St. Pauli