Hamburg. Kiezclub bestätigt neue seine neue Führungsstruktur, über die das Abendblatt berichtete. Ewald Lienen ist jetzt im Marketing.

Am Mittwochmittag wurde das lange gehütete Geheimnis endlich gelüftet. Der 47 Jahre alte Hamburger Martin Urban, zuletzt kaufmännischer Geschäftsführer bei der „Firstelephant GmbH“, wird beim FC St. Pauli der neue Direktor für Operations. Für diesen Teilbereich ist der Finanzfachmann der Nachfolger des zum 30. September aus privaten Gründen ausscheidenden Andreas Rettig – mehr aber auch nicht. „Wir ersetzen Andreas Rettig nicht durch eine Person, sondern durch ein Team, dessen Protagonisten sich über Jahre hinweg auf ihrem Gebiet Expertenwissen angeeignet haben“, sagt dazu St. Paulis Präsident Oke Göttlich.

Er bestätigt damit die vom 1. August an gültige, interne Umstrukturierung, über die das Abendblatt bereits am vergangenen Freitag exklusiv berichtet hatte. Anstatt des mit einer großen Machtfülle ausgestatteten kaufmännischen Geschäftsleiters Rettig wird es künftig eine Gruppe von „Direktoren“ geben, die auf der administrativen Ebene die ranghöchsten hauptamtlichen Führungskräfte des Vereins darstellen. Nur der Geschäftsleiter Sport, namentlich Andreas Bornemann, steht auf einer noch höheren Stufe der internen Hierarchie, ist aber aufgrund seines Aufgabenbereiches den neuen „Direktoren“ auf der Geschäftsstelle nicht vorgesetzt.

St. Pauli erhofft sich bessere Struktur

Neben dem neuen Operations-Direktor Martin Urban, der vor allem auch für die Finanzen verantwortlich ist, bekleiden künftig der bisherige Marketing-Chef Martin Drust, Merchandising-Chef Bernd von Geldern (jetzt Bereich Vertrieb) und der für die Aktivitäten im Bereich CSR (Corporate Social Responsibility) verantwortliche Michael Thomsen die neu geschaffenen Direktoren-Posten. „Wir wollen durch die Einführung der Direktoren-Ebene auch dafür sorgen, dass künftige Projekte von allen relevanten Bereichen geprüft und mitgetragen werden“, sagt Oke Göttlich.

Dieses Zusammenspiel der einzelnen Ressorts, so ergab eine interne Analyse, hatte bisher nicht immer ideal funktioniert. Zur neuen Direktoren-Runde gehören zudem der für den Amateursport zuständige Thomas Michael und Roger Stilz als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. „Mit Roger Stilz möchten wir auch die Verbindung von der Geschäftsstelle zum Trainingszentrum an der Kollaustraße“, sagt Präsident Göttlich. Mit dieser Personalie untermauern Präsidium und Aufsichtsrat die hohe Wertschätzung für Stilz. Seine Arbeit und die der Nachwuchstrainer haben gerade in der vergangenen Saison bemerkenswerte Früchte getragen. Stilz bleibt Sportchef Andreas Bornemann unterstellt, der selbst auch an den Sitzungen der Direktoren teilnehmen wird.

„Der Aufsichtsrat hat sich entschlossen, einen weiteren Schritt in Richtung zeitgemäßer Strukturen beim FC St. Pauli zu gehen. Dieser Schritt ist sehr wichtig für unsere Handlungsfähigkeit als Verein. Wir begrüßen die Offenheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Weg mit mehr Verantwortung und modernem Teamgedanken mit uns zusammen zu beschreiten. Das Präsidium wird weiterhin den Verein als nach außen geschäftsführendes Organ vertreten, wird nun aber von einer breiteren Basis gestützt“, kommentiert die Aufsichtsratsvorsitzende Sandra Schwedler die Umstrukturierung.

Lienen hat nichts mehr mit dem sportlichen Bereich zu tun

Interessant ist, dass der in der St.-Pauli-Hierarchie neu geschaffene Direktoren-Status ausgerechnet auf die einzige Führungskraft, die bisher schon, genauer seit zwei Jahren, diesen Begriff führen durfte, nicht zutrifft. Der „Technische Direktor“ Ewald Lienen gehört ausdrücklich nicht zum Kreis der neuen „Direktoren“. „Ewald Lienen wird in seiner Tätigkeit als Technischer Direktor von Martin Drust (Marketing) und seinem Team unterstützt“, erläutert Oke Göttlich und umschreibt damit eine nicht unwichtige Veränderung. Bisher war Lienens Position dem Sportchef untergeordnet. Anfangs war dies interimweise Andreas Rettig, danach Uwe Stöver, dann nochmals Rettig und seit dem 1. Juli Andreas Bornemann.

Diese neue Zuteilung kann durchaus als Hinweis darauf verstanden werden, dass Lienens diverse Aufgaben als Technischer Direktor noch weniger als bisher mit dem sportlichen Bereich zu tun haben werden. Eines der von ihm betreuten Projekte war bislang die Kooperation mit dem englischen Proficlub Stoke City. Seit dem Abstieg des Teams aus der Premier League vor gut einem Jahr haben kaum noch Aktivitäten zwischen beiden Clubs stattgefunden. Jedenfalls wurden sie nicht kommuniziert. Die Änderung in der Zuordnung von Lienens Posten kann als Hinweis auf eine Veränderung in Sachen Stoke-Kooperation interpretiert werden. Auf jeden Fall steht das Projekt auf dem Prüfstand.

Der Bereich Kommunikation wird unterdessen in der neuen Struktur zukünftig als Stabsstelle angesiedelt und ist direkt dem Präsidium zugeordnet. Hier ist Anne Kunze als neue Pressesprecherin die Nachfolgerin des zu Werder Bremens wechselnden Christoph Pieper.

Die neue hauptamtliche Hierarchie mit der Direktorenebene ist derweil nicht als endgültige Absage an eine Hauptamtlichkeit im Präsidium zu verstehen. „Es gibt seit 15 Jahren Diskussionen darüber, ob es hauptamtliche Präsidiumsmitglieder geben sollte. Allein der Aufsichtsrat entscheidet, ob und wie ein Präsidium im Sinne der bestehenden Satzung agiert – sprich aufwandsentschädigt, teil- oder gänzlich hauptamtlich“, sagt dazu Oke Göttlich auf Nachfrage des Abendblatts – eine sehr diplomatische Antwort, die letztlich für die Zukunft alle Möglichkeiten offen lässt.