Hamburg. Niederländer soll St. Pauli nach der Entlassung Markus Kauczinskis auf Kurs bringen. So reagieren die Fans auf den Trainerwechsel.
Um 10.15 Uhr setzte St. Paulis Mediateam am Mittwoch den ersten Tweet des Tages ab, der es direkt in sich haben sollte. "Die Verantwortlichen des FC St. Pauli haben auf die sportliche Entwicklung der letzten Wochen reagiert und Sportchef Uwe Stöver und Cheftrainer Markus Kauczinski mit sofortiger Wirkung freigestellt", ließ der Kiezclub die Fußball interessierte Szene wissen.
Vier Minuten später folgte im vereinseigenen Kurznachrichten-Kanal die nächste bemerkenswerte Meldung: "Nachfolger von Markus Kauczinski wird der Niederländer Jos Luhukay (55). Den Posten des Sportchefs übernimmt der kaufmännische Geschäftsleiter Andreas Rettig interimistisch bis zum Saisonende. Willkommen am Millerntor, Jos!"
Luhukay schmiss in Stuttgart entnervt hin
Doch wie willkommen ist der neue Übungsleiter im weiteren Umfeld des Hamburger Zweitligisten tatsächlich? Unter den Trainingskiebitzen und in den Sozialen Netzwerken fiel der Jubel der Fans über Luhukay auf den ersten Blick eher verhalten aus. "Weiß nicht warum, aber irgendwie ist mir Luhukay auch nicht gerade als Taktikfuchs in Erinnerung", schrieb etwa einer auf transfermarkt.de.
"Jos Luhukay wird die Herzen auf St. Pauli im Sturm erobern", twitterte ein Anhänger ironisch angesichts der nicht unbedingt hohen Sympathiewerte des Ex-Profis, der seinen letzten Job in Deutschland vor drei Jahren selbst aufgekündigt hatte. Nach internen Querelen schmiss Luhukay im Sommer 2016 nach nur vier Spielen entnervt beim zuvor in die Zweite Liga abgestiegenen VfB Stuttgart hin.
Muss sich St. Pauli nach unten orientieren?
Überliefert aus seiner Stuttgarter Zeit ist unter anderem die Anekdote, dass Luhukay die Transfers des späteren Weltmeisters Benjamin Pavard sowie der damals ebenfalls jungen Spieler Carlos Mané und Takumo Asano eigentlich abgelehnt hatte. Stattdessen hätte der Holländer lieber auf erfahrene Kräfte wie den deutschen Ex-Nationalspieler Marko Marin oder den Brasilianer Ronny setzen wollen.
"Viel Glück St. Pauli, ihr werdet es brauchen", twitterte nun ein Anhänger des schwäbischen Bundesligisten. Ein Fan des abstiegsbedrohten Zweitligisten Darmstadt sieht den Kiezclub durch den Wechsel eher im Abstiegs- als im Aufstiegskampf angekommen. "Luhukay? Mal rechnen – St.Pauli hat schon 44 Punkte, das dürfte dann doch reichen...", kommentierte er sarkastisch.
Die Trainerkarriere des Jos Luhukay
Fans hofften insgeheim auf Timo Schultz
Auch in St. Paulis Vereinsforum diskutieren sich die Anhänger bereits die Köpfe heiß. Als sich immer mehr abzeichnete, dass Kauczinskis Tage als Trainer gezählt sein könnten, hatten nicht wenige Anhänger auf Timo Schultz als Nachfolger gehofft. Der ehemalige Spieler liegt mit der U19 in der A-Jugend-Bundesliga auf Platz zwei noch immer aussichtsreich im Aufstiegsrennen und hat mehrere Spieler bereits an die Profis herangeführt.
Nun müssen sich die Fans also mit Luhukay auseinandersetzen. "Was ich von der Verpflichtung halten soll, weiß ich gerade ehrlich gesagt selbst noch nicht so genau. Luhukay ist doch auch eher so ein Sicherheitsfußball-Fan, oder?", schrieb einer, während ein anderer die menschliche Komponente beiseite schob: "Ob er sympathisch ist oder nicht ist mir mittlerweile erst einmal egal. Er soll ein guter Trainer sein."
St. Paulis Trainer seit dem Jahr 2000
Luhukay ist der Experte des Jahrtausends
In der Tat spricht Luhukays Trainer-Vita eher für einen erneuten Angriff des FC St. Pauli auf die Aufstiegsplätze. Sowohl mit Borussia Mönchengladbach als auch mit dem FC Augsburg (im zweiten Anlauf) und Hertha BSC gelang dem akribischen Arbeiter der Sprung ins Oberhaus. Dazu kommen zwei Aufstiege als Co-Trainer des 1. FC Köln.
Mit dieser Bilanz ist Luhukay sogar der erfolgreichste Aufstiegstrainer dieses Jahrtausends im deutschen Profi-Geschäft, wie Opta ermittelte. "Omen", twitterten die Datensammler dazu. Am 19. Mai gegen 17.15 Uhr wäre ein guter Zeitpunkt für St. Pauli, via Twitter mit einem "Amen" zu antworten. Dann endet die Zweitligsaison mit einem Spiel in Fürth – und Luhukays viertem Aufstiegsstreich seit 2000, oder eben auch nicht.