Hamburg. Sportchef muss gehen, obwohl sein Vertrag gerade erst verlängert worden war. Kauczinski-Nachfolger Luhukay startet am Donnerstag.
Doppelter Paukenschlag beim FC St. Pauli: Im Endspurt der Zweiten Fußball-Bundesliga hat der Kiezclub kräftig an der Reißleine gezogen und sowohl Trainer Markus Kauczinski als auch Sportchef Uwe Stöver freigestellt. Damit reagiert der Verein auf die anhaltende Talfahrt in der Liga mit nur 10 Punkten aus den letzten zehn Spielen (bei einem Torverhältnis von 9:20, darunter die schmerzhafte 0:4-Heimniederlage gegen den HSV), wodurch der Aufstieg in die Bundesliga in weite Ferne gerückt ist.
Einen Nachfolger für Kauczinski hat St. Pauli bereits gefunden: Wie der Verein am Mittwoch mitteilte, wird der Erstligaerfahrene Niederländer Jos Luhukay die Mannschaft übernehmen. Interims-Sportchef bis zum Saisonende wird Geschäftsführer Andreas Rettig, der den Verein zum 30. September aber ohnehin verlässt. Schon vor Stövers Amtsantritt im Oktober 2017 hatte Rettig interimsweise als Sportchef gearbeitet.
St. Paulis Trainer seit dem Jahr 2000
Luhukay stieg dreimal in die Bundesliga auf
Mit Borussia Mönchengladbach, dem FC Augsburg und Hertha BSC gelang Luhukay dreimal der Aufstieg ins Oberhaus, als Co-Trainer des 1. FC Köln sogar zweimal. In der Saison 2016/17 trat er allerdings nach nur vier Saisonspielen beim gerade abgestiegenen VfB Stuttgart entnervt zurück. Auch das letzte Engagement der 55-Jährigen beim englischen Sheffield Wednesday endete im vergangenen Dezember vorzeitig.
Das ist Jos Luhukay
"Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, gerade weil wir Uwe und Markus persönlich sehr schätzen", sagte St. Paulis Präsident Oke Göttlich, der die Schritte mit seinen Kollegen aus Präsidium und Aufsichtsrat in einer Krisensitzung am Dienstagabend beschlossen hatte. "Aber im Sinne des FC St. Pauli halten wir diesen Schritt für notwendig, um die Saison sportlich erfolgreich zu beenden und die Weichen für die neue Saison stellen zu können."
Sperrte sich Stöver gegen Kauczinskis Aus?
Zumindest Stövers Demission erfolgte überraschend, der Vertrag mit dem 52-Jährigen war erst im Februar vorzeitig bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden. Möglich, dass Stöver gehen musste, da er sich selbst weigerte, Kauczinski zu entlassen. "Natürlich hätte ich gerne weitergearbeitet, allerdings gab es in der weiteren Vorgehensweise und Ausrichtung unterschiedliche Auffassungen. Diese habe ich zu respektieren", sagte Stöver in einer ersten Reaktion. "Aber ich wünsche dem Verein alles erdenklich Gute für die weitere Zukunft."
Von Kauczinski gab es indes keine Stellungnahme. Die Kritik an dem Trainer war zuletzt wieder stärker geworden. Vorgehalten wurden dem 49-Jährigen auch intern unter anderem eine monotone Trainingsgestaltung, wiederholtes Starkreden des Gegners und eine allgemeine Ratlosigkeit. Erst am vergangenen Sonnabend hatte sich St. Pauli bei der 1:2-Niederlage im Nordderby bei Holstein Kiel trotz einer Halbzeit in Überzahl erschreckend uninspiriert präsentiert.
Bilder von St. Paulis Pleite in Kiel:
FC St. Pauli versagt im Nordderby bei Holstein Kiel
St. Pauli: Sieben Trainer in acht Jahren
Nach der Ära von Holger Stanislawski (2006 bis 2011) hat St. Pauli in den vergangenen acht Jahren mit André Schubert, Thomas Meggle, Michael Frontzeck, Roland Vrabec, Ewald Lienen, Olaf Janßen und Kauczinski inzwischen sieben Chef- und Interimstrainer verschlissen.
Ihre Entlassungen wurden Kauczinski und Stöver am Mittwochmorgen mitgeteilt. Auch die Mannschaft wurde noch vor dem Training informiert. Die Vormittagseinheit an der Kollaustraße leiteten die Co-Trainer Markus Gellhaus und André Trulsen. Eine Handvoll Kiebitze und gut zwei Dutzend Journalisten verfolgten das Training, an dessen Ende Trulsen noch eine kleine Extraschicht mit Stürmer Alexander Meier einschob. Das ursprünglich für den Nachmittag angesetzte Training wurde indes abgesagt.
Luhukay wird am Donnerstag vorgestellt
Am Donnerstag wird Luhukay erstmals das Training leiten. Dann soll der neue Mann auch auf einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt werden (15 Uhr) – und auch Göttlich und Rettig wollen sich dann wieder erklären. Am Mittwoch war die Führungsspitze nach einem Besuch am Trainingszentrum zunächst abgetaucht.
Beim Heimspiel am Sonntag gegen Arminia Bielefeld (13.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) wird Luhukay erstmals auf der Bank am Millerntor Platz nehmen.