Hamburg . Die St. Pauli-Spieler bekommen seit Januar mentale Unterstützung – seitdem läuft es für den Verein jedoch nicht mehr so gut.

„Die Mannschaft hat Probleme mentaler und spielerischer Natur“ – diesen Satz sagte Uwe Stöver, der Sportchef des FC St. Pauli nach der 0:4-Niederlage vor knapp zwei Wochen beim Abstiegskandidaten SV Sandhausen. Es war bekanntlich die zweite 0:4-Pleite innerhalb von nur sechs Tagen. Die Diagnose, auch wenn sie noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Spiels stand, war definitiv zutreffend.

Während sich allerdings die spielerischen Defizite trotz der bisher 13 Saisonsiege schon fast durch die gesamte Spielzeit ziehen, ist die mentale Problematik relativ neu. Genauer gesagt war in den 18 Punktspielen vor der Winterpause davon kaum etwas zu erkennen. Ganz im Gegenteil: St. Pauli gewann etliche Spiele, die auf dem Weg zu einem Unentschieden schienen, durch Treffer in der Schlussphase, wie etwa in Duisburg sowie zu Hause gegen Sandhausen und Paderborn. Drei Siege in Folge unmittelbar vor Weihnachten beförderten das Team in eine glänzende Ausgangsposition für die zweite Saisonhälfte. Gerade einmal vier Niederlagen aus 18 Spielen, dazu zehn Siege und vier Unentschieden, standen zu Buche. Jetzt sind es seit dem Wiederbeginn der Liga Ende Januar bereits fünf Niederlagen aus acht Spielen.

Sportpsychologin als neue Vertrauensperson

Es mag ein dummer Zufall sein, dass die Sportpsychologin Frauke Wilhelm seit Anfang Januar im Amt ist, also parallel zu der Phase, in der es sportlich weit weniger gut läuft als vor dem Jahreswechsel. Oder ist das ganze Projekt etwa kontraproduktiv? „Unsere Zusammenarbeit mit Frauke Wilhelm hat nicht den Ansatz, dass wir vom Beginn ihrer Verpflichtung an jedes Spiel gewinnen. Die Absicht ist, dass die Mannschaft und jeder einzelne Spieler die Möglichkeit haben, ihre Kompetenz in Anspruch zu nehmen und einen zusätzlichen Ansprechpartner zu haben“, stellt Sportchef Stöver klar. „Ein Trainer oder anderer Verantwortlicher im Verein ist für einen Profi nicht unbedingt die ideale Vertrauensperson, um über persönliche Probleme zu sprechen.“

Daher sei es jetzt, nach den beiden niederschmetternden 0:4-Niederlagen in Folge, auch nicht Frauke Wilhelms direkte Aufgabe, die Mannschaft „moralisch wieder aufzurichten“, erläutert Stöver. „Dafür sind alle, insbesondere auch die Mannschaft selbst verantwortlich.“ Dennoch nimmt die 45 Jahre alte Sportpsychologin am Tagesgeschäft teil, ist beim Training auf dem Platz und bei den Spielen dabei. „Sie hat aber ihre Sicht der Dinge und kann eine Situation noch einmal ganz anders bewerten. Direkt am Tag nach dem Spiel in Sandhausen haben Frauke Wilhelm, das Trainerteam und ich zusammengesessen und über die Situation gesprochen. Das war sehr aufschlussreich“, berichtet Stöver.

„Sie ist ständig im Gespräch mit den Spielern“

Auch Trainer Markus Kauczinski hatte schon nach der 0:4-Derby-Niederlage gegen den HSV über die Rolle von Frauke Wilhelm in dieser Situation klargestellt: „Sie hat jetzt nicht mehr oder weniger gemacht als in anderen Wochen. Sie wirkt immer mit und ist ständig im Gespräch mit den Spielern. Das ist meist eine Arbeit mit dem Einzelnen und nicht immer mit der Gruppe. Ihre Arbeit ist keine Sache für einen einzelnen Spieltag, sondern eine Rundumbetreuung.“

Frauke Wilhelm, die zuvor schon für Hannover 96 und mit Athleten aus verschiedensten Sportarten gearbeitet hat, verzichtet unterdessen bislang darauf, selbst über Ihre Tätigkeit beim FC St. Pauli öffentlich zu sprechen. Die interessierten Beobachter des Trainings können somit nur erkennen, dass sie immer wieder mit großer Freude nach den Einheiten mithilft, die Bälle einzusammeln und in den Netzen zu verstauen.