Hamburg. Nach dem 1:0-Auswärtssieg in Paderborn fühlt sich der FC St. Pauli bestens auf das Spiel gegen den HSV am Sonntag vorbereitet.

Irgendwann in der Nacht zum Sonntag ist Markus Kauczinski aufgewacht und dachte sofort an den HSV. Wohl unvermeidlich. „Was wollen wir machen, wie planen wir, wo hat der Gegner Schwächen“, erzählt der Trainer des FC St. Pauli von seiner kreisenden Gedankenwelt um den nächsten Gegner, die sich mit der tiefen Zufriedenheit über die Leistung seines Teams beim 1:0-Sieg am Sonnabend beim SC Paderborn mischte. „Das Derby kommt zur richtigen Zeit“, sagte Kauczinski am Sonntag also, „das wird gut.“

Das kann ein Trainer sagen, dessen Mannschaft gerade ein Spiel abgeliefert hatte, das ebenfalls richtig gut war. Oder, wie es Christopher Avevor ausdrückte: „Geil“. Breiter kann die Brust der St. Paulianer eine Woche vor dem Heimspiel am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) am Millerntor gegen den wenig geliebten Nachbarn kaum sein. „Wir haben dann null Druck, der liegt beim Gegner“, sagte Verteidiger Daniel Buballa, der in den nächsten Tagen zudem seinen Vertrag verlängern wird: „Jeder freut sich auf das Spiel.“

Viele Gelegenheiten nicht zugelassen

Griffig, kompakt, bestens organisiert, und einer für alle – es war ein überzeugendes Auswärtsspiel gegen die nach dem 1. FC Köln beste Offensive der Zweiten Liga. „Wir haben super gut verteidigt“, lobte Buballa sich und seine Mitkämpfer. In der gesamten Saison hatte Paderborn in der eigenen Arena nicht verloren, jetzt war es vor 14.504 Zuschauer so weit. „Wir haben unsere Chancen nicht genutzt“, haderte Paderborns Trainer Steffen Baumgart, „so lässt man den Gegner ins Spiel.“ Viele Gelegenheiten aber hatte St. Pauli gar nicht zugelassen. Und wenn, war Torwart Robin Himmelmann zur Stelle. Gegen Sven Michel (1., 74.) und Uwe Hünemeier (42.) klärte er erstklassig. „Er hält uns im Spiel“, lobte Sportchef Uwe Stöver. Beim Lattenkopfball von Hünemeier in der vierten Minute der Verlängerung hatte St. Pauli zudem „das Glück, das du auch mal brauchst“ (Kauczinski). „Das zweite Spiel zu null zu spielen gibt richtig Auftrieb für das nächste Spiel, das so ansteht“, erklärte Himmelmann und konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.

„Die Nummer eins der Stadt sind wir“, sangen die knapp 2600 mitgereisten St.-Pauli-Fans nach dem Abpfiff von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. Das Derbyfieber ist da, nicht nur beim schlaflosen Trainer. „Die Fans flippen aus, und wir freuen uns auch schon darauf“, sagte Buballa. „Die Anspannung kommt jetzt in dieser Woche“, meinte Avevor. „Die Stadt ist elektrisiert, besser kann es für uns nicht sein“, meinte Kauczinski. Nur einer, der blieb cool wie Hundeschnauze: „Das Derbyfieber, das kommt erst am Sonntag um 13.30 Uhr“, sagte Alexander Meier.

Das passt. Ein „Fußball-Gott“ lässt sich nicht von profanen Stadtduellen in der Zweiten Liga nervös machen. Auch, wenn er am Sonnabend seine aufsehenerregende Erfolgsstory fortgesetzt hatte. Sein Kopfball in der 81. Minute war bereits sein fünftes Tor im sechsten Spiel nach dem Engagement bei St. Pauli. Mehr noch: Drei der fünf Tore waren die entscheidenden Siegtreffer. Das heißt: Meier ist für neun der zwölf Rückrundenpunkte des Vereins verantwortlich. „Meine Torquote ist mir egal, ich freue mich, dass ich der Mannschaft helfen kann“, sagt der 36-Jährige und man glaubt ihm das, „für mich ist wichtig, dass ich gesund bin und spielen kann.“

Stöver reibt sich die Hände

Ein halbes Jahr verbrachte er schließlich im erzwungenen Ruhestand, nachdem Eintracht Frankfurt seinen Vertrag im Sommer nicht verlängern wollte. Auch das Jahr davor war vor allem durch Verletzungsauszeiten geprägt. Meier hatte zwar noch Lust aufs professionelle Kicken, aber niemand wusste, was er mit ihm bekommen würde. Um so mehr reibt sich Stöver nun die Hände, dass er den Mut hatte, den langen Buchholzer im Winter als Ersatz für Henk Veerman (Kreuzbandriss) zu verpflichten: „Das sind natürlich Dinge, die man sich wünscht und vorstellen kann, wenn man einen Transfer tätigt“, erklärte Stöver, „es ist alles eingetroffen. Er ist in der Kabine Bombe, und er ist ein Knipser.“

Der echte „Knipser“ lässt sich auch nicht aus dem Konzept bringen, wenn es zunächst nicht klappt. Seinen Treffer in der 35. Minute erkannte die von ihren Assistenten mehrfach im Stich gelassene Steinhaus wegen Abseits fälschlicherweise nicht an. Bei weiteren Großchancen (46., 68. Minute) klärte Paderborns Torwart. „Den ersten hält Leopold Zingerle großartig, den zweiten muss ich machen“, sagt Meier, „das ist aber normal, es kann nicht jeder reingehen.“ Und eine Chance kam ja noch: „Das war ein super Freistoß von Marvin Knoll, ich habe nur den Kopf hingehalten.“

Ja, Fußball kann auch einfach sein. Wenn es läuft. St. Pauli hat seine Krise nach der Winterpause mit drei Niederlagen aus vier Partien augenscheinlich überstanden. „Ein Riesending für uns zum jetzigen Zeitpunkt“, freute sich Kauczinski. An diesem Montagabend schaut er sich ganz entspannt im Fernsehen an, wie sich der HSV gegen Greuther Fürth anstellt: „Wir haben schon Schwächen gesehen.“ Es ist also angerichtet: Der FC St. Pauli ist bereit fürs Derby.