Hamburg. Dresdner Bürgermeister teilt Tschentschers Forderung. St. Pauli prüft Schadenersatz. Beworfener Fan ist außer Lebensgefahr.
Die schweren gewalttätigen Zwischenfälle beim Spiel zwischen dem FC St. Pauli und Dynamo Dresden (1:1) beschäftigen die Politik. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher und Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert die Ausschreitungen aufs Schärfste verurteilt und harte Strafen bis hin zu lebenslangen Stadionverboten für die Chaoten gefordert.
"Angriffe auf friedliche Fans, Ordner und Polizeibeamte sind nicht hinnehmbar und dürfen nicht straflos bleiben. Ebenso unerträglich wie Gewalt sind rassistische, frauenfeindliche und rechtsextreme Sprechchöre und -bänder, die während des Spiels zu hören und zu sehen waren. Diese schaden den Vereinen und dem Fußballsport insgesamt. Sie beschädigen auch das Ansehen der Städte, aus denen die Vereine und die vermeintlichen Fans stammen. Wir bestärken die Vereine in ihrem Bemühen, die Verantwortlichen ausfindig zu machen, befürworten harte Strafen für die Täter und lebenslange Stadionverbote für die beteiligten Personen. Gewalt, Hass und Diskriminierung haben in unseren Stadien und Städten nichts zu suchen", heißt es in dem Schreiben.
St. Pauli fordert Schadenersatz von Dresden
Derweil will der FC St. Pauli nach den Ausschreitungen Dresdener Fans im Millerntor-Stadion nicht auf den Kosten für die Instandsetzung sitzen bleiben. Der Kiezclub steht mit den Sachsen in Kontakt, um Schadensersatzansprüche zu klären. Das haben beide Vereine auf Nachfrage bestätigt. Die Kosten für die Instandsetzung der verwüsteten Toilettenanlagen im Bereich der Auswärtsfans werden auf 10.000 Euro geschätzt. "Es ist enorm, was mutwillig zerstört wurde“, sagte Sportchef Uwe Stöver, der sich die Schäden gemeinsam mit Dresdner Vertretern angeschaut hatte.
Bei dem Spiel am Sonnabend gegen Dynamo Dresden (1:1) war es zu mehreren Vorfällen im Millerntor-Stadion gekommen. Ein Zuschauer erlitt einen Herzinfarkt und musste reanimiert werden. Beim Abtransport warfen Dresdner Fans teilweise mit Urin gefüllte Bierbecher und andere Gegenständen in Richtung des Opfers. Da sich auch die Polizei in unmittelbarer Nähe befand, ist nicht klar, wem die Angriffe galten. Laut einer am Rettungseinsatz beteiligten Ärztin soll keiner der Helfer betroffen worden sein. Der Fan ist inzwischen außer Lebensgefahr.
Polizei setzt Schlagstöcke und Pfefferspray ein
Zudem war ein frauenverachtendes Spruchband gezeigt worden. Dem Abendblatt liegen Wortlaut und Bilder des Banners vor, auf eine Veröffentlichung verzichtet die Redaktion jedoch. Weiterhin versuchten etwa 50 vermummte Dresden-Fans, in andere Bereiche des Stadions vorzudringen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. 34 Menschen wurden verletzt, darunter sechs Polizisten sowie drei Ordner. 25 Zuschauer wurden mit Augenreizungen behandelt.
Insgesamt waren rund um das brisante Spiel 450 Polizisten im Einsatz – ein überdurchschnittliches Aufgebot. Gegen zwei Anhänger aus Sachsen wurden Strafanzeigen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gestellt. Ein Gästefan soll im Stadion den "Hitlergruß" gezeigt haben, ein anderer am Hamburger Hauptbahnhof aus einer Gruppe heraus "Sieg Heil" gerufen haben.
Dynamo Dresden entschuldigte sich bereits für die Vorfälle. "Es sind in Hamburg im Zusammenhang mit einigen Anhängern im Gästeblock verschiedene Dinge vorgefallen, die wir zutiefst ablehnen und verurteilen, weil sie menschenverachtend sind und die Werte unserer Sportgemeinschaft mit Füßen treten", sagte der kaufmännische Geschäftsführer Michael Born am Sonntag.