Hamburg. St. Pauli unterliegt dem Bundesliga-Absteiger in einem wilden Spiel 3:5. Für die Kiezkicker die dritte Pflichtspielniederlage in Folge.

Es waren denkwürdige 90 Minuten, die sich am Sonntagnachmittag im Millerntorstadion ereigneten. Acht Tore, insgesamt 36 Torschüsse, ein Spiel, das ein einziger offener Schlagabtausch war. Spektakel pur, aus dem die Profis des FC St. Pauli aber mit hängenden Köpfen herausschlichen. Das 3:5 (2:2) gegen den 1. FC Köln war für die Kiezkicker die dritte Pflichtspielniederlage in Folge. „Für die Zuschauer war es sicher ein geiles Spiel. Für uns stehen aber null Punkte unter dem Strich. Das ist bitter“, analysierte Abwehrspieler Marvin Knoll.

Ohnehin schien es so, als würde es ähnlich viele Meinungen über das Spiel geben wie Tore auf dem Platz gefallen sind. St. Paulis Trainer Markus Kauczinski beglückwünschte jeden Zuschauer, der für dieses wilde Fußballspiel eine Karte hatte und attestierte seinem Team auf dem richtigen Weg zu sein.

Torhüter Robin Himmelmann sah man selten nach einem Spiel so sauer wie nach der Niederlage gegen den Bundesliga-Absteiger. „Keine Ahnung“, schnaufte der 29-Jährige schmallippig auf die Frage, warum St. Pauli sich auf einen offenen Schlagabtausch eingelassen hatte. „Wir bekommen einfach zu viele Gegentore. Gerade in der ersten Halbzeit haben wir Köln viel zu viele Räume in unserer Hälfte gegeben. Das müssen wir abstellen“, ärgerte sich der Schlussmann.

St. Pauli startet Spektakel mit Doppelschlag

Es war in der Tat ein paradoxes Spiel. Die ersten zehn Minuten dominierten die technisch versierten Kölner die Partie, sodass es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Führung fällig wurde. Doch weit gefehlt. FC-Rechtsverteidiger Marcel Risse spielte in Minute 13 völlig unbedrängt einen hanebüchenen Rückpass genau in die Füße von Henk Veerman, der mit viel Übersicht sein erstes Tor am Millerntor erzielen konnte.

Als zwölf Minuten später Jeremy Dudziak per Kopf (!) das 2:0 für St. Pauli nachlegen konnte, drehte das Momentum zugunsten der Gastgeber. Kleiner Schönheitsfleck: Flankengeber Christopher Buchtmann stand zuvor ungeahndet im Abseits. Danach spielten sich die Kiezkicker in einen Rausch.

Einzelkritik: Diamantakos war völlig nutzlos

Anders als in den ersten Minuten bekam das Team von Trainer Kauczinski mehr Zugriff in den Zweikämpfen, ließ weniger Räume in der Umschaltbewegung von Offensive auf Defensive zu und verpasste es, trotz bester Chancen das wohl vorentscheidende 3:0 zu erzielen. „Da haben wir vielleicht etwas überpaced“, gestand Spielmacher Buchtmann. „Ich will, dass die Jungs dieses Feuer nach vorne haben. Wir müssen nur lernen, auch mal Ruhe reinzubringen. Wir sind aber auf dem richtigen Weg“, sagte Kauczinski.

Knoll kritisiert Defensivverhalten

Die fehlende Balance zwischen ansehnlicher Offensive und fragilem Defensiverhalten zieht sich wie ein roter Faden durch die bisherige Saison. Köln nutzte die sich bietenden Räume und bestrafte das teilweise naive Zweikampfverhalten der Hamburger. Beim 1:2 konnte Kölns Louis Schaub unbedrängt flanken und Christian Clemens ohne Bewacher einköpfen.

Und unmittelbar vor der Pause verlor Linksverteidiger Daniel Buballa die Orientierung gegen Dominick Drexler, der Toptorjäger Simon Terodde mustergültig bedienen konnte. Der Wendepunkt. Auch nach dem Seitenwechsel ließ der 1. FC Köln gegen leidenschaftliche, aber nicht immer clevere Kiezkicker die Muskeln spielen.

Erneut Terodde, der einen von Himmelmann verursachten Elfmeter sicher verwandelte, sowie Sehrou Guirassy (57.) sorgten für die vermeintliche Entscheidung. „Wir spielen erfrischenden Offensivfußball, trotzdem müssen wir kompakter stehen. Daran müssen wir arbeiten. Wir müssen es schaffen, die Zwischenräume zu schließen“, sagte Abwehrspieler Knoll.

Stöver fordert klare Analyse

Da war es auch nur ein schwacher Trost, dass St. Pauli in der Folge große Moral zeigte und durch Buchtmanns kurios abgefälschte Bogenlampe noch einmal in die Partie zurückkehrte und mit etwas mehr Spielglück sogar einen Ausgleichstreffer hätte erzielen können. So machte in der sechsten Minute der Nachspielzeit der Kölner Salih Özcan schlussendlich den Deckel für den Spitzenreiter der Zweiten Liga drauf.

„Wenn wir drei Tore schießen, darf der Gegner nicht drei Punkte mitnehmen. Wir machen es dem Gegner in vielen Aktionen zu leicht. Das müssen wir analysieren“, so der klare Arbeitsauftrag von Sportchef Uwe Stöver.

Dafür hat St. Pauli in der Länderspielpause genügend Zeit. Am Donnerstag (18.30 Uhr) absolviert die Mannschaft von Trainer Kauczinski beim FSV Frankfurt ein Testspiel, damit gegen Aue in zwei Wochen Spektakel und Ergebnis wieder im Einklang stehen.