Hamburg. Mit dem 1:0 gegen Bielefeld sichert sich St. Pauli den Klassenverbleib in der Zweiten Liga. Torschütze Park ist der Held des Tages.
Uwe Stöver rannte von der Ersatzbank auf das Spielfeld, sprang immer wieder in die Luft und klatschte spontan mit Schiedsrichter Markus Schmidt ab, der zufällig auf seinem Weg Richtung Mittelkreis stand. Es waren die Sekunden unmittelbar nach dem Abpfiff, die beim Sportchef des FC St. Pauli diesen Euphorie-Ausbruch verursachten. „So etwas habe ich vorher noch nie mit einem Schiedsrichter gemacht“, sagte Stöver später, als er nach dem 1:0-Sieg über Arminia Bielefeld emotional wieder etwas heruntergefahren war.
Mit diesem Erfolg, dem zweiten Heimsieg in Folge, hatte sich der FC St. Pauli am Sonntagnachmittag im ausverkauften Millerntor-Stadion den Klassenverbleib in der Zweiten Liga gesichert – ein Spieltag vor dem Saisonende. Noch mehr als beim 3:0 gegen ein schwaches Team der SpVgg. Fürth acht Tage zuvor, war es ein Sieg der Mentalität, denn die Bielefelder ließen durchaus erkennen, warum sie Tabellenvierter der Zweiten Liga sind.
Wie eine kleine Meisterschaft
Dies war nach dem Abpfiff aber allen St. Paulianern einfach nur noch egal. „Es ging um so viel. Irgendwann muss man sagen: Scheiß auf die Ziele, die wir mal hatten. Jetzt geht es darum, die Liga zu halten. Ohne Witz, das fühlt sich wie eine kleine Meisterschaft an“, sagte der wiederum kampfstarke Mittelfeldspieler Richard Neudecker, der den Pass auf den umjubelten Torschützen Yiyoung Park gespielt hatte. „Ich hatte beim Abpfiff nur noch Gänsehaut und dachte: Geil, geil, geil und Bier! Wir sind durch, und es fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Und dann noch bei dem Wetter. Einfach überragend“, sagte er weiter.
St. Paulis Trainer Markus Kauczinski, der nach dem zwischenzeitlichen Sturz auf den 16. Tabellenplatz in der Kritik stand und nun gerade noch rechtzeitig die Wende geschafft hat, fand treffende Worte: „Es war eine Scheiß-saison, die wir aber zu einem guten Ende gebracht haben.“ Dazu konnte sich Kauczinski in seiner Prognose bestätigt fühlen, dass die beiden Heimspiele gegen Fürth und jetzt Bielefeld der Trumpf seien. Dies war angesichts der zuvor über die gesamte Saison sich hinziehende Heimschwäche in der Tat eine sehr gewagte Vorhersage. Vor den jetzt entscheidenden Spielen hatte St. Pauli gerade einmal drei Siege vor eigenem Publikum eingefahren. „Ich bin dafür ja belächelt worden“, sagte Kauczinski ein wenig triumphierend.
Park hat Sprung in Entwicklung gemacht
Der Mann des Tages gab sich bei aller Freude etwas weniger aufgekratzt. „Ich trinke kein Bier, vielleicht nehme ich ein alkoholfreies“, sagte Yiyoung Park auf die Frage, wie er denn nun den gemeinsamen, teaminternen Jubelabend begehen wolle. Der Südkoreaner hatte in der 39. Minute seine Schlitzohrigkeit gezeigt, als er auf der linken Strafraumseite zunächst dem Bielefelder Innenverteidiger Henri Weigelt den Ball durch die Beine spielte und dann auch noch Bielefelds Torwart Stefan Ortega mit einem Schuss aus äußerst spitzem Winkel düpierte. Der Keeper hatte offenbar auf ein Abspiel Parks spekuliert und musste tatenlos mit ansehen, wie der Ball an ihm vorbei ins Netz rauschte.
„Ihm ist alles zuzutrauen. Er macht sich keinen Kopf und hat hier einen riesigen Sprung in seiner Entwicklung gemacht“, sagte Kauczinski über den 23-Jährigen, der zu Beginn der Saison seinen ersten Profivertrag erhalten hatte. „Es war der größte und schönste Moment meiner Karriere bisher. Es ist einfach geil, hier am Millerntor zu treffen. Das kann man nicht erklären“, sagte Park dann doch noch in einem Anflug von Euphorie.
Miyaichi, der Pechvogel
Stil hatte schon vor dem vor dem Spiel die offiziellen Verabschiedungen von Lasse Sobiech, Mats Möller Daehli, Joel Keller und Thibaud Verlinden gehabt. Alle vier erhielten wie üblich ein großes Bild. Dabei standen alle Spieler des FC St. Pauli im Halbkreis und trugen jeweils ein Trikot der Rückennummer 13. Sie gehört Ryo Miyaichi, der sich bereits zum dritten Mal einen Kreuzbandriss zugezogen hat. Bevor der Japaner in seinem Heimatland operiert wird, war er am Sonntag ebenfalls vor dem Spiel noch mit auf dem Rasen. Über der Zahl 13 standen auf dem Trikot die Buchstaben YNWA, die Abkürzung für „You’ll never walk alone“.
Gemeinsam ging es Stunden nach dem rettenden Abpfiff auch zum Feiern. „Ich bin zwar nicht der Trainer, aber ich war heute der Kapitän, und als Kapitän sage ich, dass heute richtig gefeiert wird. ,Alles kann, nichts muss‘. Das ist das Motto für heute Abend. Irgendwo wird die Mannschaft noch einkehren“, sagte er nach seinem letzten Heimspiel im Millerntor-Stadion.
Der Trainer hatte nichts einzuwenden. „Die Leinen sind los“, sagte er und gab der Mannschaft nicht nur für den Sonntagabend grünes Licht für die Klassenerhaltsfeier, sondern auch noch den Montag und Dienstag trainingsfrei. „Zwei, drei Tage Vorbereitung auf das letzte Spiel in Duisburg reichen.!“