Hamburg. Am ersten Advent wird es beim FC St. Pauli nicht vorweihnachtlich. Sondern anstrengend: Janßen lässt um 8 Uhr morgens trainieren.
Verdammt frostig war die Atmosphäre beim Training des FC St. Pauli am Sonnabend. Und das lag nur zum geringeren Teil am trüben, winterlichen Wetter. Einen Tag nach dem 0:5-Debakel im Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld konnte die Krisenstimmung keinem Beobachter verborgen bleiben. Keine Scherze, kein Jubel bei einem Tor im Trainingsspiel, keine lockeren Sprüche – bei den Profifußballern des Millerntorclubs ist nach sieben sieglosen Spielen in Folge und 0:9 Toren aus den beiden jüngsten Auswärtsspielen nur noch bitterer Ernst angesagt.
Wie Cheftrainer Olaf Janßen die aktuelle Lage des Teams und wohl auch seine eigene bewertet, wird schon daran deutlich, dass er am Sonnabend kurzerhand den Trainingsplan für die kommende Woche komplett über den Haufen warf. „Wir sehen uns jetzt öfter sehen, als es üblicherweise der Fall ist“, sagte er nach dem Regenerationstraining und konkretisierte: „Das nächste Mal morgen früh um acht Uhr.“
Janßen will mit Straftraining zum Nachdenken anregen
Ursprünglich war der 1. Advent als freier Tag vorgesehen und das erste Training zur Vorbereitung auf das nächste Heimspiel am 10. Dezember (13.30 Uhr) gegen Aufsteiger MSV Duisburg für Montag um 14.30 Uhr angesetzt. Doch nun ist alles anders. Die Spieler wissen bisher nur, dass sie an diesem Sonntag um 8 Uhr auf der Anlage an der Kollaustraße zu sein haben. Alle weiteren Trainingstermine der gesamten Woche bleiben geheim. „Der einzige, der das weiß, bin bisher ich“, sagte Janßen. „Man muss auch spüren, dass man alles investiert, für die Mannschaft, für sich selbst und für den Verein.“ Vielleicht rege es ja zum Nachdenken an, so Janßen, wenn am 1. Advent um 6.30 Uhr der Wecker klingelt, was für einen tollen Beruf man doch eigentlich habe.
Das Straftraining am 1. Advent und die Geheimhaltung der weiteren Trainingsplanung sind zudem nicht die einzigen Maßnahmen, mit der Jansen auf die sportlich katastrophale Entwicklung des Teams seit dem bisher letzten Sieg am 1. Oktober (2:0 in Braunschweig) jetzt reagiert. „Wir haben ab sofort einen Ausscheidungskampf ausgerufen, um dann für das Spiel gegen Duisburg wirklich die elf Spieler zu finden, die körperlich und mental die nötige Stabilität mitbringen, die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen. Das Spiel in Bielefeld war ein Tiefschlag und hat sich auch so angefühlt“, sagte er.
Schoppenhauer verletzt sich im Training
Um so viele Akteure wie möglich in den „Kampf in die Plätze“ einzubeziehen, stellte Janßen außer Torwart Svend Brodersen keinen Spieler seines Kaders für die U-23-Mannschaft ab, die an diesem Sonntag (14 Uhr) in der Regionalliga Nord gegen Egestorf/Langreder antritt. „Die Karten werden neu gemischt“, stellte Janßen klar. „ Wir wollen diese Gier, die uns zuletzt gefehlt hat, befeuern. Jeder Spieler, der am Sonntag dabei sein will, weiß jetzt, dass er sich in dieser Woche bei jedem Training beweisen muss und nicht die beleidigte Leberwurst spielen kann.“ In den jetzt ausgerufenen Ausscheidungskampf ist laut Janßen auch die Position des Torwarts einbezogen. Somit kann sich also auch Philipp Heerwagen wieder Hoffnung machen, Robin Himmelmann wieder abzulösen.
Einen weiteren Rückschlag musste der FC St. Pauli zudem noch hinnehmen. Innenverteidiger Clemens Schoppenhauer zog ich am Sonnabend im Training eine schmerzhafte Schulterverletzung zu. Auch wenn der Neuzugang bisher kaum zum Einsatz kam, dürfte jetzt im Hinblick auf das Spiel gegen Duisburg eine Alternative für den zuletzt wieder unsicheren Christopher Avevor fehlen.