Hamburg. Nach fünf sieglosen Spielen in Folge knöpft sich der Trainer vor allem ein Offensiv-Trio vor. Dennoch Vorwurf der Schönrederei.

Der Arbeitstag begann für die Profis des FC St. Pauli am Montagmorgen vor dem TV-Gerät. Eine Stunde lange sezierte Olaf Janßen bei der Videoanalyse die wenig unterhaltsame Fußballversion des Hollywood-Klassikers „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Das 2:2 gegen Aufsteiger Jahn Regensburg war am Sonntag ein perfektes Sinnbild der vergangenen Wochen beim Kiezclub. Desolater Start, Rückstand, viel Aufwand betrieben, um zurückzukommen, und kläglich die Chancen auf den Sieg vergeben. Irgendwie hört man all das derzeit im Wochenrhythmus. „Es bringt mich zur Weißglut. Immer das gleiche Thema zu bearbeiten macht keine Freude und suggeriert, dass wir die Dinge nicht trainieren. Das ist nicht der Fall“, sagte der 51-Jährige, der sich trotz der Tatsache, seit fünf Spielen sieglos zu sein, lässig gibt und lieber die positiven Dinge hervorhebt, als die Defizite in den Vordergrund zu stellen.

Janßen tut sich mit Lösungen schwer

Löblich sagen die einen, schönreden die anderen. Fakt ist: Seit Wochen tut sich Janßen schwer, Lösungen für die Kernprobleme bei St. Pauli zu finden. Trotz detaillierter Videoanalysen, Einheiten auf dem Platz und regelmäßigen Geheimtrainings kassierte der Kiezclub gegen Regensburg zum fünften Mal in Folge ein Gegentor nach einer Standardsituation. Erneut zeigten sich die Spieler in der Anfangsphase ohne Überzeugung und Feuer. Erst als den Profis nach dem 0:2 das Wasser bis zum Hals stand, zeigten sie ihr zweifelsfrei vorhandenes Potenzial. Janßen selbst will das Thema „Anfangs-Müdigkeit“ nicht überbewerten. „Es gab auch Spiele, in denen das nicht der Fall war. Ich versuche, meine Mannschaft vor dem Spiel zu motivieren und wachzurütteln. Wir haben unsere Rituale. Torwarttrainer Mathias Hain sagt ein paar Dinge zur Mannschaft. Wenn man da dabei ist, kann man eigentlich nicht verstehen, dass die ersten zehn Minuten verschlafen werden“, erklärte Janßen.

Janßen wird gegenüber Trio deutlich

Nun ist die Schläfrigkeit zu Spielbeginn in der Tat nicht das einzige Defizit. Auch die Chancenverwertung ist einer Spitzenmannschaft unwürdig. Mit 14 Toren aus 14 Spielen stellt St. Pauli die drittschlechteste Offensive der Liga. Nur Kaiserslautern und Bochum sind noch harmloser. „Uns geht es ab, Spieler zu haben, die wirklich Torgefahr ausstrahlen. Waldemar Sobota macht zu wenig Tore, Mats Möller Daehli macht zu wenig Tore, Cenk Sahin macht zu wenig Tore. Deshalb tut es besonders weh, wenn ein Bouhaddouz ausfällt“, kritisierte Janßen ungewohnt deutlich.

Immerhin besteht die Hoffnung, dass der einzig vorhandene Stoßstürmer nicht erneut pausieren muss. Die Adduktorenverletzung, die sich der Marokkaner gegen Regensburg zugezogen hatte, entpuppte sich nach einer MRT-Untersuchung als nicht schwerwiegend. Ob und wie lange der 30-Jährige pausieren muss, ist aber noch unklar.

Janßen hält nichts von Aktionismus

Klar ist hingegen, dass Janßen in Sachen Trainingsinhalt und Ansprache ans Team nichts ändern wird. Von blindem Aktionismus hält der ehemalige Profi nichts. „Wenn ich allein die letzten fünf sieglosen Spiele sehe, wie wenige Torchancen wir unseren Gegnern gelassen haben, da muss ich sagen, das ist top“, sagte Janßen und ergänzte: „Wir haben uns auch eine nicht geringe Zahl an Torchancen erspielt, gute Zweikampfwerte, viele Ballbesitzphasen gehabt und unheimlich viel investiert.“

Schöne Statistiken, die aber nicht automatisch zu Siegen führen. Tabellarisch befindet sich der als Aufstiegskandidat gehandelte Club im Niemandsland. Platz sieben, fünf Punkte Rückstand auf Platz drei, zudem ein mit minus drei negatives Torverhältnis. „Der Blick auf die Tabelle ist relativ schmerzlich. Jetzt liegt es an uns, wie schmerzlich der Blick bis Weihnachten tatsächlich ausfällt. So viele Punkte, wie wir liegen gelassen haben“, sagte Olaf Janßen, für den die vier Partien bis zur Winterpause eine erste Bewährungsprobe in seiner Zeit als Chefcoach bei St. Pauli werden.