Hamburg . Das Rennen um die Aufstiegsplätze scheint offen wie selten zuvor – mehrere Teams können es schaffen. Bochum mit vier Top-Stürmern.

Wenn die Mannschaften der Zweiten Fußball-Bundesliga in einigen Tagen ihre Sommerpause beenden und wieder ins Training einsteigen, werden sich mehr Spieler, Funktionäre und vor allem Fans realistische Hoffnungen auf einen Aufstieg machen, als dies vor einem Jahr der Fall war. Damals schien quasi unabwendbar, dass der VfB Stuttgart und Hannover 96 ihren Betriebsunfall des Bundesligaabstiegs korrigieren und sofort wieder aufsteigen würden. So kam es denn auch, und so blieb nur für einen „echten“ Zweitligisten der dritte Platz übrig. Dieser nützte bekanntlich Eintracht Braunschweig auch nur wenig, das Team scheiterte in den beiden Relegationsspielen am VfL Wolfsburg.

In der anstehenden Saison ist die Ausgangslage indes völlig anders. Die beiden Bundesliga-Absteiger FC Ingolstadt und insbesondere Darmstadt 98 können nicht zwangsläufig als ganz heiße Aufstiegsanwärter eingestuft werden. Eher sortieren sie sich nach dem Verlust an wichtigen Spielern in eine ganze Reihe von Teams ein, denen zuzutrauen ist, in der kommenden Saison an der Spitze mitzuspielen.

Zu diesen Mannschaften ist auch der FC St. Pauli zu zählen, selbst wenn dies nach einem langen Kampf um den Klassenerhalt in der abgelaufenen Saison auf den ersten Blick kurios erscheinen mag. Ein Team allerdings, das zuletzt 34 Punkte aus der Rückrunde holte, von den jüngsten 20 Spielen nur drei verlor und mit Ausnahme von Sören Gonther voraussichtlich alle Stammspieler behält, muss zur großen Gruppe der potenziellen Aufsteiger gerechnet werden.

St. Paulis Konkurrenz rüstet auf

„Wir greifen an“, sagte St. Paulis Präsident Oke Göttlich bereits während der Pressekonferenz am 24. Mai, auf der er Olaf Janßen als neuen Cheftrainer und Ewald Lienen als neuen Technischen Direktor präsentierte. Dieser kurze Satz mag vielfältig zu interpretieren sein, doch auch in sportlicher Hinsicht ist er zum aktuellen Zeitpunkt, da sich die Zweitligateams neu formieren, keineswegs abwegig. Die frühe Verpflichtung von Stürmer Sami Allagui von Hertha BSC war ein entsprechendes Signal.

Es ist keine verwegene Prognose, dass der Tunesier mehr Torgefahr ausstrahlen wird, als es zuletzt die Bremer Leihgabe Lennart Thy konnte. Mit Innenverteidiger Clemens Schoppenhauer aus Würzburg dürfte zudem in rein sportlicher Hinsicht der Abgang von Innenverteidiger Gonther nahezu kompensiert worden sein. In diesem Punkt ist der Verlust einer Führungspersönlichkeit, die Gonther jahrelang dargestellt hat, sicher schmerzlicher.

An den derzeitigen Aktivitäten auf dem Transfermarkt ist allerdings auch abzulesen, dass St. Paulis Konkurrenz ebenfalls aufrüstet, um im Wettbewerb um die Spitzenplätze eine gute Rolle zu spielen. So ließ am Wochenende der VfL Bochum mit der Verpflichtung des umworbenen griechischen Stürmers Dimi­tris Diamantakos aufhorchen, der ablösefrei vom Absteiger Karlsruher SC kommt. An den 24-Jährigen hat der FC St. Pauli unangenehme Erinnerungen, erzielte er doch in den beiden vergangenen Spielzeiten jeweils ein Tor gegen die Braun-Weißen, im Dezember 2015 zum 2:1-Auswärtssieg am Millerntor und im September 2016 zum 1:1-Endstand in Karlsruhe.

Clubs formieren sich frühzeitig

„Mit ihm sind wir im Angriff variabler aufgestellt und verfügen nun über größere Durchschlagskraft“, sagte Bochums Sportvorstand Christian Hochstätter über Diamantakos. Der VfL, einer von insgesamt 14 früheren Bundesligisten (inklusive DDR-Oberliga) in der Zweiten Liga 2017/18, hatte zuvor bereits in Lukas Hinterseer einen weiteren Stürmer vom Bundesliga-Absteiger FC Ingolstadt verpflichtet. Zudem stehen noch die Angreifer Peniel Mlapa und Johannes Wurtz bei den Bochumern unter Vertrag. Dies ist als Statement zu werten, sich nicht mehr mit einem Mittelfeldplatz wie in den vergangenen Jahren zufrieden zu geben.

Unterdessen hat sich der FC Ingolstadt am Sonntag mit Stefan Kutschke Ersatz im Angriff besorgt. Der 28-Jährige gehörte dem 1. FC Nürnberg und war zuletzt an Dynamo Dresden ausgeliehen. Zudem holten die Bayern Marcel Gaus vom 1. FC Kaiserslautern und Tobias Schröck von den Würzburger Kickers. Beim FC Ingolstadt wiegen andererseits die Abgänge von Außenstürmer Mathew Leckie (Hertha BSC) sowie der Mittelfeldspieler Pascal Groß (Brighton) und Roger (Atletico-MG) schwer.

Neben Außenbahnspieler Gaus verlor Kaiserslautern auch den vom SC Freiburg ausgeliehenen Offensivakteur Sebastian Kerk, der künftig für den früheren deutschen Rekordmeister 1. FC Nürnberg antreten wird. Die Franken holten zudem mit Außenverteidiger Enrico Valentini aus Karlsruhe einen erfahrenen und überdurchschnittlichen Zweitligaakteur.

Von erneut hohen Ambitionen zeugen auch die bisherigen Transfers des 1. FC Union Berlin, der zuletzt Vierter geworden war. Vom SC Freiburg kam Innenverteidiger Marc Torrejon, dazu holten die Köpenicker Grischa Prömel (Karlsruhe), Peter Kurzweg (Würzburg) und Marcel Hartel (1. FC Köln).

Auch wenn die Transferperiode noch bis Ende August läuft, wird schon jetzt deutlich, dass sich diverse Clubs frühzeitig formieren, um in dieser Saison um den Aufstieg zu spielen.