Hamburg. Kiezkicker feiern den höchsten Sieg seit fast fünf Jahren und schaffen so den Sprung von den Abstiegsrängen. Doch Rettig warnt.

Jubel, Trubel, Heiterkeit – der FC St. Pauli feierte am Rosenmontag einen begeisternden Fußballkarneval. Mit 5:0 (1:0) wurde der direkte Abstiegskontrahent Karlsruher SC aus dem Millerntorstadion geschossen. Die Kiezkicker verließen damit erstmals seit dem achten Spieltag wieder einen der drei letzten Tabellenplätze der Zweiten Bundesliga. „Das war in jeder Hinsicht eine großartige Leistung“, gratulierte St. Paulis Sportdirektor Andreas Rettig der Mannschaft. „Aber das sind auch nur drei, wenn auch wichtige Punkte. Wir befinden uns weiter im Abstiegskampf.“

Mats Möller Daehli (17.), Waldemar Sobota (50.) und Aziz Bouhaddouz (52, 58., 79.) warfen die „Kamelle“ ins Karlsruher Tor. Es war natürlich der höchste Saisonsieg der Hamburger, die damit den dritten Sieg aus den letzten vier Spielen feierten und nach dem Schlusspfiff von ihren Fans unter den 29.073 Zuschauern begeistert gefeiert wurden. 5:0 – dieses Resultat hatte es zuletzt am 34. Spieltag der Saison 2011/12 gegen den SC Paderborn gegeben.

Einzelkritik: Herwagen hält, Nehrig räumt auf

Doch zurück auf Start. „Es wird Härtefälle geben“, hatte Trainer Ewald Lienen vor der Partie mit Blick auf seinen vollständigen Kader angekündigt. So dürfte Johannes Flum schwer geschluckt haben, als Lienen ihm mitteilte, dass er leider draußen bleiben muss. Alle vier Partien seit seinem Winterwechsel von Eintracht Frankfurt hatte der Mittelfeldspieler auf dem Platz gestanden, diesmal aber gab Lienen auf der defensiven Position Christopher Buchtmann den Vorzug. Dessen Rolle als „Zehner“ übernahm der wieder genesene Möller Daehli.

Da hatte Lienen offenbar die richtige Idee. Der Norweger sprudelte vor Ideenreichtum, kurbelte immer wieder das St.-Pauli-Spiel an und kam deshalb auch nicht unverdient zum Führungstreffer. Cenk Sahin hatte mit einem unwiderstehlichen Tempolauf auf der rechten Seite den Treffer vorbereitet, traf aber nur den Innenpfosten. Möller Daehli staubte ab (12.).

Starke Anfangsphase der Kiezkicker

Es war der verdiente Lohn für eine starke Anfangsphase der Kiezkicker. Schon in der dritten Minute hatte Möller Daehli eine erste klare Einschusschance, schoss aber über das Tor. Dann probierte Marc Hornschuh bei zwei Eckbällen sein Glück mit Kopfbällen, verfehlte aber das Tor (5., 11.). Hornschuh spielte in der Innenverteidigung überraschend an der Seite von Sören Gonther. Der Kapitän saß in den letzten beiden Spielen nur auf der Bank und war davor verletzt, jetzt aber rückte er für Lasse Sobiech in die Stammformation, der unter der Woche erkältet war und sich nicht wohl fühlte.

Die Hamburger Innenverteidigung wirkte so auch nicht in jeder Szene absolut sattelfest, und es war Torwart Philipp Heerwagen zu verdanken, dass es mit der 1:0-Führung in die Kabine ging. Der Keeper parierte zunächst einen 18-Meter-Schuss von Stoppelkamp (17.), dann war er bei einem Kopfball von Thoelke als Erster zur Stelle (36.).

St. Pauli sorgte in dieser Phase zu selten für Entlastung, die Konter wurden nicht sauber ausgespielt, der letzte Pass kam nicht an. Erstmals in der 42. Minute schoss Aziz Bouhaddouz nach dem Führungstreffer wieder auf das Karlsruher Tor – KSC-Torwart Dirk Orlishausen konnte den zentral angesetzten Ball aber halten. Unmittelbar nach Wiederbeginn hatte Bouhaddouz dann noch Pech, als sein Kopfball nur an die Latte klatschte, Orlishausen hatte wohl noch die Finger am Ball. Der KSC-Keeper sah danach aber umso unglücklicher aus, als sein Abwehrversuch nach einer Eingabe des starken Sahin vor den Füßen von Sobota landete (50.). Nur zwei Minuten später erhöhte Bouhaddouz auf 3:0.

Beste Stimmung herrschte am Nachmittag schon auf der Geschäftsstelle des FC St. Pauli. Verkleidete Menschen, lustige Hüte, Berliner, Kölsch und viel zu lachen – Geschäftsführer Rettig, ein waschechter Rheinländer, hatte seine Mitarbeiter zur fröhlichen Rosenmontags-Karnevalsfeier geladen.

KSC völlig kopflos

Die gute Laune setzte sich dann nahtlos auf dem frischverlegten Stadionrasen fort. Die Badener, die seit Jahresbeginn vom ehemaligen HSV-Coach Mirko Slomka trainiert werden, verloren völlig den Faden. „Ich hätte nie geglaubt, dass wir hier so eine Leistung abliefern können. Wir haben eine katastrophale Leistung abgeliefert, waren in allen Belangen unterlegen. Unmöglich“, sagte KSC-Manager Oliver Kreuzer später bei Sky.

Und St. Pauli machte, was es bisher noch selten in dieser Saison geschafft hat: den Sack zu. Der Rest war überwiegend Jubel und Feiern. Bouhaddouz machte seinen Dreierpack perfekt (58., 79.), Und schließlich durfte der lange verletzte Jan Philipp Kalla erstmals seit dem 22. Oktober wieder mitspielen.

St. Pauli Alaaf.