Sportchef Rettig verkündet einen Transferüberschuss des FC St. Pauli. Gleichzeitig sei der Verein auf einen Abstieg vorbereitet.

Hamburg. Bevor St. Paulis Trainer Ewald Lienen das Wort ergreifen durfte, wollte Andreas Rettig die Transferaktivitäten des Clubs im Winter erklären. "Wir standen vor der Frage, was wir tun können, um den Klassenerhalt zu schaffen", begann der Geschäftsführer und Interims-Sportchef seinen Monolog. "Die Analyse hat ergeben, dass wir in einigen Bereichen in der Hinrunde Probleme hatten. Vor allem fehlte es uns an Ballsicherheit im Mittelfeld." Außerdem sei es nicht möglich gewesen, die Außenbahnspieler richtig einzusetzen. "Immerhin spielen neun der 100 schnellsten Spieler der Zweiten Liga bei uns." Aus diesem Vorteil hätte St. Pauli viel zu wenig Profit geschlagen.

Für Neuzugänge im Winter habe der Verein ein klares Spielerprofil erstellt. Die Akteure sollten deutsch sprechen, bezahlbar und sofort verfügbar sein. "Wir haben bei keinem Spieler eine Gebühr bezahlt", unterstrich Rettig, der Johannes Flum ablösefrei von Eintracht Frankfurt verpflichtete und für Mats Möller Daehli (Freiburg) und Lennart Thy (Werder Bremen) keine Leihgebühr zahlte.

"Auf der Gegenseite konnten wir bei einem unserer drei Abgänge eine Ablöse generieren, wodurch wir einen Transferüberschuss erzielt haben", sagte Rettig, der in diese Bilanz bereits den bevorstehenden Wechsel des vom Training freigestellten Fafa Picault, der sich momentan in Philadelphia nach einem neuen Verein umsieht, mit einberechnet hat. Für den Dänen Jakob Rasmussen nahmen die Kiezkicker einen geringen Betrag ein. Insgesamt bewertet der 53-Jährige die Transferaktivitäten von St. Pauli positiv. "Wir glauben, gut aufgestellt zu sein."

Rettig: St. Pauli auf Abstieg vorbereitet

Man habe "alles Vertretbare getan, um die Chance auf den Klassenerhalt zu erhöhen". Da dabei die wirtschaftliche Vernunft im Vordergrund gestanden habe, sei der eine oder andere Transfer nicht realisierbar gewesen. "Wir sind ein überschaubares Risiko eingegangen, um auch einen möglichen Neustart in der Dritten Liga nicht zu gefährden", erklärte Rettig.

Im Anschluss durfte auch Lienen zum Mikrofon greifen. Der erfahrene Coach ließ durchblicken, dass alle drei Neuzugänge am Sonntag gegen Stuttgart (13.30 Uhr im Abendblatt-Liveticker) für die Startelf infrage kommen. "Sie stehen alle zur Verfügung. Wie lange jeder durchhält, werden wir sehen." Defensiv-Allrounder Jan-Philipp Kalla werde hingegen aufgrund einer Erkältung ausfallen. Auch für die angeschlagenen Philipp Ziereis, Ryo Miyaichi, Vegar Eggen Hedenstad und dem zum Afrika Cup abgestellten Aziz Bouhaddouz komme ein Einsatz zu früh.

Stuttgart verfüge über "sehr schnelle und quirlige Angriffsspieler", so Lienen. Ihre größte Stärke sei das Konterspiel über Carlos Mané und Simon Terodde. Darüber hinaus schleiche sich Kapitän Christian Gentner immer wieder vorne in die Spitze rein. So auch im Hinspiel, als er in der 87. Minute ein Schuss von Emiliano Insua zum 2:1 abstaubte.

Lienen: "Völlig unverdient"

Im Anschluss der Partie hatte Lienen über die "völlig unverdiente Niederlage" geschimpft. "Einen unverdienteren Sieg habe ich selten gesehen", meinte der Trainer, der sich aber vor allem über Stuttgarts Siegtreffer durch Gentner ärgerte. "Wir hatten vorher angesprochen, dass er gerne in den Strafraum geht und dann kommt er trotzdem unbedrängt zum Abschluss", fluchte Lienen.

Inzwischen hat der Coach die schmerzhafte Auftaktniederlage aber verdaut. Mittlerweile steht für St. Pauli der Klassenerhalt über allem. „Wir befinden uns in einem Überlebenskampf, der über 17 Spieltage geht“, stellte Lienen klar. Wann die Hamburger die Punkte einfahren, spiele dabei keine Rolle. „Hauptsache, wir sie holen.“ Dem pflichtete auch Rettig bei. "Entscheidend ist,dass wir genügend Mannschaften hinter uns lassen."