Hamburg. Hamburger verdienen durch Kauf des Fanartikel-Händlers bei Zweitligakonkurrenten mit. Vertrag mit Under Armour erhält neue Bedeutung.

Der FC St. Pauli ist vom 1. Januar 2016 an wieder alleiniger Besitzer und Inhaber seiner Merchandisingrechte. Ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Fußball-Zweitligisten und der Upsolut Merchandising GmbH und Co. KG hat damit ein überraschend schnelles, außergerichtliches Ende gefunden. Möglich wurde dies, indem der FC St. Pauli den Upsolut-Mehrheitseignern Lagadère (51 Prozent) und Miles (39 Prozent) deren Anteile abkaufte. Zehn Prozent hatte der Kiezclub bereits vorher besessen. Der Kaufvertrag wurde Anfang der Woche von Vertretern der beteiligten Parteien bei einem Notar unterzeichnet. Der FC St. Pauli zahlt einen Kaufpreis von 1,265 Millionen Euro. Diese Summe ist in zwei gleichgroßen Teilbeträgen zum 31. Dezember dieses Jahres sowie zum 31. August 2016 fällig. Die Raten können aus vorhandenen Rücklagen sowie aus laufenden Einnahmen gezahlt werden.

St. Paulis Präsident Oke Göttlich
St. Paulis Präsident Oke Göttlich © Witters

„Das ist ein Meilenstein für den FC St. Pauli. Unser Ziel ist es, die verschiedenen Geschäftsbereiche wieder in der eigenen Hand zu haben, damit wir in Zukunft unabhängig agieren können“, sagte St. Paulis Präsident Oke Göttlich. Er versicherte, dass die 80 bei Upsolut beschäftigten Mitarbeiter in den Fanshops, den Lagern und der Verwaltung übernommen werden. Offen ist die Zukunft der bisherigen Geschäftsführer Christian Toetzke und Bernd von Geldern. Michael Hinz, ebenfalls bisher Geschäftsführer bei Upsolut, hat sich mit dem Kaufabschluss aus dem Unternehmen verabschiedet.

Upsolut-Vertrag war aus der Not heraus geboren

Der FC St. Pauli hatte 2004 unter der Führung des damaligen Präsidenten Corny Littmann seine Rechte an allen Merchandising-Artikeln für eine Million Euro für 30 Jahre an Upsolut verkauft. Damals stand der Kiezclub vor der Insolvenz und konnte nur durch verschiedene Retteraktionen sowie eben diesen Deal mit seinen Rechten an den Fanartikeln vor dem finanziellen Aus bewahrt werden. Fünf Jahre später reichte der FC St. Pauli Klage ein mit dem Ziel, den Vertrag für sittenwidrig und damit unwirksam erklären zu lassen. Argument war, dass die extrem lange Laufzeit den FC St. Pauli stark benachteiligen würde und Upsolut seinerzeit die Notsituation übermäßig zu seinen eigenen Gunsten ausgenutzt habe. Nachdem zunächst 2010 und 2011 das Landgericht Hamburg zugunsten von Upsolut geurteilt hatte, kam nach einer Revision das Oberlandesgericht zu dem Urteil, dass der FC St. Pauli recht habe. Diesmal legte Upsolut Revision ein. Der Fall wurde an den Bundesgerichtshof verwiesen.

„Diese Verfahren dauern in der Regel zwei bis drei Jahre. Es war nicht sicher, ob der Fall dann nicht möglicherweise vom Bundesgerichtshof wieder an das Oberlandesgericht zurückverwiesen würde“, sagt St. Paulis Vizepräsident Joachim Pawlik. Auf eine weitere, jahrelang unsichere Situation wollte sich das seit gut einem Jahr amtierende Präsidium des FC St. Pauli nicht mehr einlassen und strebte seit Monaten eine außergerichtliche Lösung an. Diese kam jetzt auch deshalb relativ schnell zustande, weil der französische Mutterkonzern Lagadère bestrebt ist, sich von etlichen Engagements, wie etwa dem Hamburger Marathon-, Triathlon- und Cyclassics-Vermarkter Lagadère unlimited, zu trennen.

St. Pauli plant neue Produkte mit RTL-Tochter

Die Upsolut Merchandising GmbH und Co. KG verbucht im aktuellen Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von rund 8,5 Millionen Euro und macht einen Gewinn von rund 500.000 Euro nach Steuern. Davon erhielt St. Pauli bisher nur zehn Prozent. Verschiedene Studien kommen zum Ergebnis, dass der Markt mit Fanartikeln in den nächsten Jahren weiter stark wachsen wird. Eine McKinsey-Studie geht von einem Wachstum von 60 Prozent in den kommenden fünf Jahren aus.

Zusätzlich strebt der FC St. Pauli selbst eine deutliche Erweiterung seines Merchandising-Geschäftes an. Dafür schloss er kürzlich einen Vertrag mit der RTL-Tochterfirma RTL interactive mit dem Ziel, neuartige Fan-Produkte zu kreieren.

Geplant ist zudem eine Offensive auf den Märkten des europäischen Auslandes und Nordamerikas sowie später womöglich auch Asiens. Vor diesem Hintergrund bekommt der von der kommenden Saison an geltende Vertrag mit der US-amerikanischen Ausrüsterfirma Under Armour eine zusätzliche Bedeutung.

Union Berlin will aus Vertrag aussteigen

Die jetzt vom FC St. Pauli gekaufte Upsolut Merchandising GmbH und Co. KG besitzt im Übrigen auch die Fanartikel-Rechte für den Zweitliga-Konkurrenten Union Berlin. Der Anteil der Hauptstädter am Gesamtumsatz von 8,5 Millionen Euro beträgt rund 1,8 Millionen Euro. Konkret heißt dies, dass der FC St. Pauli künftig an jedem verkauften Union-Fanartikel mitverdient. Die Berliner können Ende 2017 aus dem Vertrag aussteigen. Das wollen sie schon früher tun. „Dass unser Merchandising-Geschäft künftig von einem direkten Mitbewerber betrieben wird, ist für uns weder vorstellbar, noch entspricht es unserer bisherigen Geschäftsgrundlage“, sagte Kommunikations-Geschäftsführer Christian Arbeit.

St. Paulis Präsidium will jetzt entscheiden, wie sich die Gesellschafterstruktur im Merchandising-Bereich darstellen soll. Dabei seien auch Modelle denkbar, bei denen Mitglieder, Fans oder andere Partner an der Firma beteiligt werden.