Hamburg. Nach dem Sieg in Karlsruhe ist beim FC St. Pauli eine positive Entwicklung erkennbar. Drobo-Ampem und Picault im Test.
Erst gegen sechs Uhr am Montagmorgen konnte Marcel Halstenberg endlich in den Schlaf finden. Der Siegtorschütze des FC St. Pauli zum 2:1-Erfolg in Karlsruhe war auch nach der rund achtstündigen Rückfahrt im Mannschaftsbus noch nicht im nötigen Ruhemodus. „Ich habe das immer nach einer besonders großen körperlichen Anstrengung“, erklärte Halstenberg nach der regenerativen Trainingseinheit am Montagmittag. An einer überbordenden Freude über seinen Kunstschuss in den Torwinkel habe das Schlafproblem jedenfalls nicht gelegen.
Die positive Wirkung des Sieges im Wildparkstadion auf die Grundstimmung im Team war dennoch bei allen Beteiligten zu spüren. „Es tut einfach gut, wenn man in der Tabelle nicht unten drinsteht, wie wir es in der vergangenen Saison praktisch durchgehend getan haben, sondern endlich mal im oberen Bereich“, sagte Innenverteidiger Lasse Sobiech, dem mit dem Führungstreffer zum 1:0 das erste Punktspieltor seines Clubs in dieser neuen Saison gelungen war.
St. Pauli siegt beim KSC
Es ist mittlerweile fünf Jahre her, dass der FC St. Pauli zuletzt gleich sein erstes Auswärtsspiel der Saison gewinnen konnte. Es war das 3:1 beim SC Freiburg unmittelbar nach dem bisher letzten Aufstieg in die Erste Bundesliga. Von den damals eingesetzten Spielern ist heute keiner mehr als Aktiver beim FC St. Pauli dabei, Mathias Hain ist Torwarttrainer, Carsten Rothenbach Praktikant auf der Geschäftsstelle und Fabian Boll Co-Trainer des U23-Teams.
„Der Sieg ist auch gut für den Kopf“, sagte St. Paulis Cheftrainer Ewald Lienen nach dem Spiel im Wildparkstadion. Er dürfte dies gleich in zweifacher Hinsicht gemeint haben. Zum einen gewannen seine Spieler die Erkenntnis, dass die von Lienen im Vorfeld gepredigten Vorgaben, Kompaktheit in der Defensive und viel gegenseitige Kommunikation, genau das richtige Mittel waren, um zum Erfolg zu kommen. „Wir hatten einen ganz klaren Plan. Den haben wir exakt umgesetzt“, sagte denn auch der offensiv-zentrale Mittelfeldspieler Sebastian Maier, der das in ihn gesetzte Vertrauen auch jetzt wieder mit einer selbstbewussten Vorstellung zurückzahlte. Zum anderen sorgt der Sieg in Karlsruhe nun für das Gefühl, gut ins Rennen der Liga gestartet zu sein, anstatt von vornherein den Eindruck zu haben, der Konkurrenz hinterherzuhecheln.
Anders als vor gut neun Monaten können die St. Paulianer nun unbelastet sowie voller Vorfreude und Entschlossenheit dem kommenden sportlichen Höhepunkt entgegenblicken, dem DFB-Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach am kommenden Montag. Im Oktober 2014 stand die Pokalpartie gegen Dortmund (0:3) schon vor dem Hintergrund, dass der Kiezclub in Abstiegsgefahr schwebte. „Natürlich ist Mönchengladbach allein aufgrund seiner Besetzung klarer Favorit, aber wenn wir taktisch so spielen wie in Karlsruhe, rechne ich mir etwas aus“, sagte Lasse Sobiech am Montag.
Saisonübergreifend hat der FC St. Pauli jetzt sieben der jüngsten 13 Spiele gewonnen und nur vier verloren. Und auch auswärts kann sich die Bilanz von drei Siegen aus den jüngsten sieben Matches sehen lassen. „Wir wollen den kleinen Vorteil nutzen, dass wir nicht viele neue Spieler integrieren müssen“, sagt Kapitän Sören Gonther. Tatsächlich wirkte in Karlsruhe vieles so, als sei es verinnerlicht und nicht dem Zufall entsprungen. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Gegner nach einer zu kurzen Vorbereitung längst nicht in Bestform war, lässt sich aus dem Auftritt des St.-Pauli-Teams schlussfolgern, dass der 2:1-Sieg kein Glücksmoment, sondern mehr das zählbare Ergebnis einer positiven Entwicklung war. Diese hatte ihren Anfang schon im letzten Drittel der vergangenen Saison.
Unterdessen nahmen am Montag am Training der Reservisten auch zwei Testspieler teil, die die vakanten Positionen im Kader besetzen könnten. Dabei ist Davidson Drobo-Ampem, 27, ein alter Bekannter. Der Ghanaer spielte von Sommer 2006 bis Januar 2011 beim Kiezclub und wechselte dann nach Esbjerg (Dänemark). Zuletzt war er für Wacker Innsbruck aktiv. Als Abwehrallrounder erfüllt er das Anforderungsprofil. Ein potenzieller Ersatz für den noch monatelang mit einem Kreuzbandriss ausfallenden Ryo Miyaichi könnte Fafa Picault, 24, sein. Der in New York geborene Nationalspieler Haitis zeigte sich im Training als flinker, technisch beschlagener Offensivspieler. Bei einem Zusammenprall verletzte er allerdings St. Paulis Talent Maurice Litka am linken Fuß. Wie lange Drobo-Ampem und Picault zur Probe mittrainieren werden, ist offen.