Nach dem Ausschluss aus dem DFB-Pokal prüft Zweitligist Dynamo Dresden rechtliche Schritte. Unterstützung erhielt der sächsische Zweitligist nicht nur von Ex-Nationalspieler Ulf Kirsten, sondern sogar von DFB-Vizepräsident Rainer Milkoreit.

Dresden/Frankfurt. Wut, Enttäuschung, Unverständnis: Dynamo Dresden prüft nach dem Ausschluss aus dem DFB-Pokal rechtliche Schritte und hat dabei prominente Unterstützung erhalten. „Ich halte die Entscheidung für überhart und überzogen. Der ökonomische Verlust könnte für Dynamo Dresden in die Millionen gehen“, sagte DFB-Vizepräsident Rainer Milkoreit dem Sport-Informations-Dienst (SID) und ermutigte den sächsischen Fußball-Zweitligisten zu einem Einspruch gegen das Urteil: „Ich gehe davon aus, dass der Verein dagegen vorgeht und bis zur letzten Patrone kämpft. Die Strafe ist nicht überschaubar und deswegen nicht angemessen.“

Der Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV) steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Vor allem der Fußball-Osten machte am Freitag mobil gegen den DFB. So kritisierten auch einige Dresdner Klub-Ikonen das historische Urteil scharf. „Ich bin der Überzeugung, dass man an Dynamo unbedingt ein Exempel statuieren wollte. Da wird mit zweierlei Maß gemessen: Auf die einen wird draufgeprügelt, die anderen kommen fast ungeschoren davon“, sagte der frühere Dynamo-Stürmer Ulf Kirsten dem SID und bezeichnete das Urteil als „Höchststrafe“.

Auch Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner sprang seinem Ex-Klub zur Seite. „Das ist sehr, sehr hart und bedeutet für den Klub einen weiteren Imageschaden. Aber auch für den gesamten deutschen Fußball ist es kein gutes Zeichen, wenn man eine Mannschaft aus dem eigenen Kreis ausschließt“, sagte der 100-malige DDR-Auswahlspieler.

Das DFB-Sportgericht hatte den achtmaligen DDR-Meister nach den Ausschreitungen im Pokalspiel bei Borussia Dortmund am 25. Oktober (0:2) von dem Wettbewerb in der kommenden Saison ausgeschlossen. Dresdner Rowdys hatten rund um das Spiel randaliert und zwei Polizisten verletzt. 15 Personen wurden festgenommen. Dynamo stand wegen zahlreicher Vorfälle in den vergangenen Jahren schon länger unter genauer Beobachtung durch den DFB.

Zu allem Überfluss bezeichnete Sören Klar, der Sicherheitsbeauftragte von Dynamo, die Dresdner Hooligans in der sechsstündigen Verhandlung in Frankfurt am Donnerstag als „erlebnisorientierte Fans“. Anton Nachreiner, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, konnte diese Sichtweise nicht nachvollziehen. „Die Strafen haben bisher in Fußball-Deutschland zu wenig geführt. Die Sanktionen, die wir bisher verhängt haben, waren augenscheinlich zu milde“, sagte Nachreiner.

Dynamo Dresden selbst hat derweil noch keine endgültige Entscheidung über eine mögliche Berufung gegen den Ausschluss aus dem DFB-Pokal gefällt. „Wir warten jetzt die schriftliche Urteilsbegründung ab und beraten uns dann intensiv und in aller Ruhe mit unserem Rechtsanwalt Christoph Schickhardt, wie wir darauf reagieren werden“, sagte Dynamo-Geschäftsführer Volker Oppitz: „Trotz des großen und berechtigten öffentlichen Interesses bitte ich diesbezüglich um Verständnis. Zum Pokalausschluss wird es von unserer Seite keine weitere Stellungnahme geben, solange wir keine Entscheidung über das weitere Vorgehen getroffen haben.“ Gegen das Urteil vom Donnerstag kann der Verein innerhalb von einer Woche Einspruch einlegen.

Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete derweil das DFB-Urteil als „ein Zeichen“ des Verbandes. „Die Fans müssen mal über den Tellerrand hinaus blicken. Der Klub muss jetzt für den Bärendienst bezahlen, den diese Fans ihm erwiesen haben“, sagte Rummenigge, der die Ost-Kritik am DFB als „polemisch“ bezeichnete, der Welt: „Es wurde nach Statuten entschieden und nicht danach, wo ein Klub geographisch liegt oder welchen sportlichen Stellenwert er besitzt.“

Reaktionen zum Pokal-Ausschluss von Dynamo Dresden

Andreas Ritter (Präsident Dynamo Dresden): „Ich bin zutiefst enttäuscht. Wenn man das Urteil der beiden Vereine ansieht, dann ist es in höchstem Maße befremdlich, dass bei uns an der Höchststrafe festgehalten wird und die Strafe für Dortmund abgemildert wird. Es ist fast schon ein Affront gegenüber Dynamo Dresden.“

Winfried Lehmann (Sport-Bürgermeister Dresden): „Die Vorfälle in Dortmund sind zwar in keiner Weise zu entschuldigen, dennoch ist es eine harte, unverhältnismäßige Entscheidung. Man hätte alles in den Kontext zu den anderen Szenarien anderer Vereine setzen müssen.“

Christoph Schickhardt (Anwalt Dynamo Dresden): „Das Problem sind in der Bundesliga die Auswärtsspiele. Das ist die Party der Randalierer.“

Hans-Jürgen Dörner (Ex-DDR-Nationalspieler von Dynamo Dresden): „Ich denke, dass eine Geldstrafe auch angemessen gewesen wäre, und ich hoffe, dass die Leute, die die Ausschreitungen verursacht und mitgemacht haben, nun sehen, welchen Schaden sie anrichten.“

Hans E. Lorenz (DFB-Sportrichter): „Tote gab es noch nie in unseren Stadien. Wenn es so weitergeht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es Tote gibt.“

Reinhard Rauball (Liga-Präsident): „Der Fußball bietet solchen Tätern leider eine perfekte Bühne, das können wir nicht ändern, da werden wir missbraucht.“ (in „Die Welt“, Samstagausgabe)

Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandsvorsitzender Bayern München): „Vielleicht ist das ein Zeichen des DFB. Die Fans müssen mal über den Tellerrand hinaus blicken. Der DFB wird sich diese Entscheidung gut überlegt haben.“ (in „Die Welt“, Samstagausgabe)

Jupp Heynckes (Trainer Bayern München): „Ich finde, Randale hat in Fußballstadien nichts zu suchen. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Letztendlich werden der Club und die Mannschaft bestraft. Es ist schwierig, ein probates Maß an Strafe auszusprechen.“

Klaus Allofs (Geschäftsführer Werder Bremen): „Ist es nicht immer so, dass es auch Falsche trifft? Man muss sagen, dass die Verantwortlichen es nicht voll im Griff hatten, aber dafür verantwortlich sind. Musste man nun ein Zeichen setzen? Ich glaube, dass es nötig ist.“