Für das Spiel gegen den FC St. Pauli am Sonntag erhielten Fans von Dynamo keine Eintrittskarten. Das Sportgericht griff dennoch hart durch.

Hamburg. "Ob um Punkte oder im Pokal, wir Fans sind da in großer Zahl", heißt es in der ersten Zeile der Hymne des 1. FC Dynamo Dresden. Am Sonntag dürfte das Lied am Millerntor wohl nur von wenigen sangeslustigen Anhängern intoniert werden. Denn wenn der FC St. Pauli um 13.30 Uhr den Aufsteiger empfängt, werden offiziell keine Gästefans aus Sachsen im Stadion sein. Eine Konsequenz, die der Verein aus den Randalen der eigenen Anhänger beim DFB-Pokalspiel in Dortmund (0:2) im Oktober gezogen hat.

Damals hatten Dresdner Fans mit dem Abbrennen von Pyrotechnik für mehrere Spielunterbrechungen gesorgt, Polizisten angegriffen und für einen Sachschaden von rund 150.000 Euro gesorgt. Der Verein bestrafte sich und seine Anhänger mit der Rückgabe des Gästekontingents für das nächste Zweitligaspiel und kündigte an, für finanzielle Schäden der St. Paulianer aufkommen zu wollen. Nicht einmal die Dresdner Spieler erhielten Tickets für Familie oder Freunde. St. Pauli gab die zusätzlichen Karten nur an Vereinsmitglieder und Dauerkarteninhaber weiter.

Ein Leihstürmer kommt nicht zum Einsatz

Mit dem konsequenten Handeln wollte die Dresdner Vereinsführung ein Zeichen setzen und weiteren Sanktionen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) entgehen. Der DFB-Kontrollausschuss hatte dennoch beantragt, Dynamo für die kommende Spielzeit 2012/2013 aus dem Pokalwettbewerb auszuschließen. Das DFB-Sportgericht folgte am Donnerstagabend diesem Begehren. Es ist die bislang schwerste Strafe für einen deutschen Profiverein wegen Fanausschreitungen. Richter Hans Lorenz begründete das Urteil damit, dass man sich nicht vorwerfen lassen wolle, "durch allzu gefällige und konsensorientierte Urteile zu wenig getan zu haben". Der Dortmunder Polizeidirektor Peter Andres hatte zuvor bei der Anhörung in Frankfurt am Main deutliche Worte gefunden: "Es wäre ein Blutbad entstanden, wenn wir härtere Maßnahmen getroffen hätten."

Am Tag danach reagierten die Verantwortlichen geschockt. „Ich bin zutiefst enttäuscht. Wenn man das Urteil der beiden Vereine ansieht, dann ist es in höchstem Maße befremdlich, dass bei uns an der Höchststrafe festgehalten und die Strafe für Dortmund abgemildert wird. Es ist fast schon ein Affront gegenüber Dynamo Dresden“, sagte Dynamo-Präsident Andreas Ritter. Borussia Dortmund muss eine Strafe von 8.000 Euro bezahlen, weil die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichten. Der Kontrollausschuss hatte 10.000 Euro beantragt.

Ritter führte weiter aus: „Es wurde einfach mit der Höchststrafe operiert und kein gemeinsamer Lösungsweg gesucht. „Es ist nicht nur ein extremer finanzieller, sondern vor allem ideeller Schaden entstanden. Die wichtigste Botschaft, die ich rüberbringen möchte ist, dass es für unsere Fans darum geht, Besonnenheit walten zu lassen. Wir wollen zeigen, dass Gewalt im Stadion nicht dazu gehört.“ Die Dresdner hatten im diesjährigen Wettbewerb 1,5 Millionen Euro durch Prämien und TV-Einnahmen kassiert.

+++ Es gibt noch 500 Karten +++

Mit Dynamo Dresden und Hansa Rostock hatten zwei ehemalige DDR-Spitzenklubs sportlich mit dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga im Sommer reüssiert. Im Herbst 2011 aber stehen sie durch den schier unverbesserlichen Anhang im Abseits. Auch am vergangenen Wochenende kam es beim Spiel St. Paulis in Rostock (3:1) zu hässlichen Szenen, als Hansa-Hooligans unter dem Applaus des Publikums Leuchtraketen in den Gästeblock schossen und nach der Partie Polizisten mit Flaschen und Pflastersteinen angriffen.

Mit 4,1 Millionen (Hansa) und rund fünf Millionen Euro (Dynamo) haben die beiden Klubs ohnehin die kleinsten Spieleretats der Liga. Geldstrafen, Geisterspiele und Wettbewerbsausschlüsse treffen sie hart. Am Mittwoch kündigte Hansas Hauptsponsor Veolia, der rund 700.000 Euro jährlich zahlt, seinen Ausstieg aufgrund der Vorfälle an. Das Hamburger Umweltservice-Unternehmen ist gleichzeitig Sponsor der Dresdner und drohte auch dort mit dem Ende des Engagements. "Das ist für uns eine existenzbedrohende Situation", warnt Hansa-Vorstandschef Bernd Hoffmann.

Szenen wie in Rostock könnten am Sonntag rund ums Millerntor tatsächlich ausbleiben. "Wir gehen davon aus, dass keine Massen Dresdner Fans nach Hamburg reisen werden", sagte St. Paulis Sicherheitschef Sven Brux. Grund dafür ist die Ankündigung der Dynamo-Verantwortlichen, das Gästekontingent für die Partie in Rostock am 18. Dezember erst freizugeben, wenn es gegen St. Pauli keine Vorfälle gibt. Kurz vor Weihnachten steigt an der Ostsee ein weiterer Hochsicherheitsgipfel. Vor dem Hinspiel hatten Rostocker Chaoten Leuchtraketen in den Innenraum gefeuert, wo sich auch Einlaufkinder befanden. Dresdner Beobachter befürchten nun im Rückspiel eine "Revanche", weshalb die Krawallmacher auf die Reise nach Hamburg verzichten dürften. Das Sicherheitsaufgebot rund ums Millerntor wird dennoch nicht verkleinert, strengere Einlasskontrollen soll es nicht geben.

Die Dresdner Hymne "Wir sind der 12. Mann" wird der FC St. Pauli am Sonntag vor der Partie traditionell auch trotz fehlender Gästefans abspielen. "Als Zeichen an die Mannschaft und den Betreuerstab", so heißt es.