Auch bei St. Pauli hat sich durchgesetzt, was anderswo schon seit geraumer Zeit praktiziert wird: Der klassische Spielmacher wurde ersetzt.
Hamburg. Die Erleichterung war groß. Als Matthias Lehmann kurz vor der Halbzeit des Spiels gegen RW Oberhausen (5:3) vom Platz humpelte, befürchteten viele Beobachter eine lange Pause des Mittelfeldspielers. Doch die Verletzung entpuppte sich "nur" als Prellung auf dem Knie, Lehmann trainiert schon wieder und wird aller Voraussicht nach morgen in Cottbus mit von der Partie sein. Das ist gut so, denn Lehmann ist eine der wichtigsten Figuren im System des FC St. Pauli. Das liegt nicht nur an seinen Qualitäten, sondern auch an der Position, die er besetzt: Die Sechs, Abräumer vor der Abwehr, erste Anspielstation im Mittelfeld, Taktgeber - und der neue Spielmacher.
Noch zu Saisonbeginn war Charles Takyi diese Rolle zugedacht. Als klassischer Zehner, der hinter der oder den Spitze(n) immer anspielbereit ist, die Bälle verteilt und das Spiel ordnet. Doch bei St. Pauli hat sich im Laufe der Saison durchgesetzt, was anderswo schon seit geraumer Zeit praktiziert wird. In den beiden höchsten deutschen Spielklassen ist kaum noch ein klassischer Zehner zu finden. Der neue Spielmacher räumt das Feld von hinten auf, während die offensiveren Kreativspieler auf die Außen ausweichen.
Trainer Holger Stanislawski hat auf der Position vor der Abwehr eine große Auswahl an Spielern, kann Lehmann, Fabian Boll, Florian Bruns, Dennis Daube und Jonathan Bourgault einsetzen. In einem System ohne Zehner sind die Sechser aber auch in der Offensivbewegung stark gefordert. "Man muss ständig pendeln", sagt Lehmann. Florian Bruns schätzt die Position aus eben diesem Grund. "Man hat viel mehr Ballkontakte und kann das Spiel besser lenken." Die Sechser müssen vielseitiger sein als ein Zehner. Sie organisieren das Spiel nach vorne und sichern nach hinten ab - und sind so oft die wichtigsten Figuren im Spielsystem.